Blutiges Gold
hatten, dass sie einen oder zwei gar nicht vermissten.
Außerdem war Cherelle daran schuld. Wenn sie ihn nicht so knapp halten würde, wäre er nicht auf die Nacht-und-Nebel-Aktionen mit Socks angewiesen. Aber sie hatte es sich in ihren Kopf gesetzt, so viel Geld zu sparen, dass sie sich irgendwo ein Häuschen kaufen konnten, wo sie niemand kannte und wo sie nicht dauernd auf der Hut sein mussten. So verschwand das sauer verdiente Geld und er konnte froh sein, wenn er einmal die Woche einen Fünfziger sah für ein paar Bier mit Socks …
»Timothy Seton, heb deinen Arsch aus dem Bett!«
»Du Aas«, murmelte er so leise, dass sie ihn nicht verstehen konnte. »Bin ja schon auf, bin schon auf!« Dann blickte er an sich hinunter und lachte. »Und wie ich auf bin. Na, Liebste, wie sieht’s aus mit uns beiden?«
Sie warf ihm einen Blick zu, der ihn auf der Stelle abtörnte.
Ziemlich wehmütig blickte er auf seine rasch entschwindende Herrlichkeit. Na ja, halb so wild. Für Nachschub war jederzeit gesorgt. Und wenn Cherelle dann dafür keinen Bedarf hatte, würden sich andere Mädchen finden.
Pfeifend lief er ins Badezimmer und stellte sich unter die Dusche, die Cherelle letzte Woche endlich mal wieder geputzt hatte. War höchste Zeit, die Dreckschicht war ihm unter den Füßen schon richtig unangenehm geworden.
5
Las Vegas
In der Nacht von Halloween
Die Lobby der Wildest-Dream -Anlage – gleichzeitig Hotel, Shoppingcenter, Theater und Casino – war herausgeputzt wie eine Halloween-Torte: ganz in schwarzem Samt und Neon-Orange. Die Schönsten der Las-Vegas-Casinoprominenz scharten sich um die Sektfontäne und hielten ihre schwarzen Kristallgläser unter das sprudelnde orangefarbene Getränk. Gail Silverado, Alleininhaberin von Wildest Dream Inc ., war berühmt für ihre jährlichen Halloween-Feiern. Sie begannen laut und fröhlich und wurden im Lauf der Nacht immer lustiger und wilder. Etwa um drei Uhr nachts hatte das schrille Spektakel einen vorläufigen Höhepunkt erreicht, um in den Stunden bis zur Morgendämmerung in wüste Orgien überzugehen, bis die sprudelnde Quelle endlich versiegte.
Doch bis dahin war noch einige Stunden Zeit. Gail strahlte mit ihrem schimmernden Kleid, das alle reizvollen Details ihres Körpers durch Perlglitterschnüre hervorhob, um die Wette. Das zehnte Glas Sekt in Händen – sie nahm immer nur ein Schlückchen aus jedem, nie mehr – ergötzte sie sich insgeheim an dem allgemeinen Aufsehen, das sie erregte. Noch ein paar Minuten blieben ihr, ehe sie sich wieder ihren Geschäften zuwenden musste.
Länger würde sie hier sowieso nicht bleiben wollen, auch wenn sie jetzt keinen Termin hätte. Ihre hochhackigen, sexy Sandaletten waren eindeutig für jüngere Frauen gemacht – nicht für eine Fünfzigerin, die ihren tipptopp erhaltenen Körper viel zu lange in teure Kleider und Schuhe gequetscht hatte, nur um gut betuchten Männern zu gefallen. Ihre Füße schmerzten höllisch.
Ihr strahlendes Lächeln allerdings klebte unverändert zwischen den exotischen, perlmuttglänzenden Federn, die ihr Gesicht umrahmten wie die Finger einer liebenden Hand. Für eine Frau über dreißig gab es in Las Vegas zu viel junge Konkurrenz, um es sich erlauben zu können, sich je auch nur ein wenig gehen zu lassen. Doch auch wenn sie gegen ein Rudel Hunde antreten müsste, würde Gail nie in ihren sorgfältigen kosmetischen und chirurgischen Bemühungen um ihren kostbaren Körper nachlassen. Sie war darauf angewiesen, fünfzehn Jahre jünger auszusehen, als sie war. Zwanzig wäre noch besser.
»Shane!«, rief sie nun. Ihr Lächeln erreichte Flutlichtstärke. »Ich hatte schon befürchtet, dass du nicht kommen würdest.«
Shane winkte ihr zu und bahnte sich einen Weg durch einen Pulk kostümierter Teufel und an einigen teuflischen Engeln vorbei, von denen man allerdings nicht genau wusste, ob sie nun kostümiert waren oder nicht – sie würden den Revuegirls im Pariser Lido die Show gestohlen haben –, um schließlich inmitten reptilienhafter Aliens zu landen, die Köpfe besaßen, vor denen Medusa selbst sich mit Grausen abgewandt hätte.
»Ich hätte Carl rufen sollen, um dich rauszuwerfen«, sagte Gail zu Shane, als er sie endlich erreicht hatte, doch ihr anerkennender Blick strafte ihre Worte Lügen.
»Wieso willst du deinen Sicherheitschef auf mich hetzen?« Shane musste beinahe schreien, um sich verständlich zu machen. Der Partylärm hatte bereits einen ziemlich hohen Pegel erreicht. Viele
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