Blutiges Gold
Weltuntergang entdecken.«
Gails Sicherheitschef lachte laut auf und ließ Shanes Hand los. Dann wandte er sich an seine Chefin: »Ein Anruf für Sie, Mrs Gail.« Er checkte kurz den Monitor des kleinen Computers, der ihn mit allen nötigen Informationen über das Wildest Dream versorgte. »Berlin.«
Das war zwar das Zeichen, auf das Gail gewartet hatte, doch jetzt zögerte sie. Auch wenn sie denselben Weg nie noch einmal ging, hasste sie es, alle Brücken hinter sich abzubrechen.
Andererseits war sie das bereits gewöhnt. Sie hatte auf ihrem Weg zur mächtigen Multimillionärin schon allzu viele Brücken hinter sich in die Luft gejagt.
»Danke, Carl.« Sie wandte sich an Shane. »Immer noch keine Aussichten, Geschäftspartner zu werden?«
Shane ergriff eine ihrer perfekt manikürten Hände. Er mochte Gail und hatte großen Respekt vor ihrem knallharten Geschäftssinn. Doch sein Instinkt sagte ihm, dass es kein guter Deal für ihn wäre. Und aus Fehlschlägen hatte er gelernt, niemals etwas gegen den Rat dieser Stimme in ihm zu tun.
Er hauchte einen Kuss auf ihre Schläfe und roch dabei ihr schweres Parfüm. »Du weißt, dass wir als Freunde und Konkurrenten besser miteinander auskommen, als wenn wir Partner wären.«
Ihre haselnussbraunen Augen verengten sich für einen Moment, was Widerspruch oder Bedauern bedeuten konnte. Doch was auch immer sie empfand, an den Tatsachen änderte es nichts. »Na ja, vielleicht hast du recht. Es ist nur … Ach, was soll’s. Gegen das Schicksal kann man eben nicht ankämpfen.«
Er drückte ihre Hand und lockerte seinen Griff wieder. »Wie wär’s, wenn du mir deine Goldsammlung verkaufen würdest?«, fragte er. »Sie passt ja eigentlich gar nicht zum Fantasy-Thema von Wildest Dream .«
»Kommt nicht infrage.« Gail wusste, dass ihr Gold das Einzige an ihr war, wofür Shane sich wirklich interessierte. Doch sie mochte sich nicht eingestehen, dass sie genau deshalb mit ihm in Konkurrenz trat, wann immer ein Goldobjekt in den Handel kam. Sie wollte unbedingt seine Aufmerksamkeit – so schlicht und einfach und so bitter war das.
Sie gab ihm einen festen Kuss auf den Mund. »Wir sehen uns später, Darling«, sagte sie. »Ich muss mich noch für eine Videokonferenz zurechtmachen.«
Das war noch nicht mal – oder jedenfalls nicht ganz – gelogen. Sie musste tatsächlich ihr Make-up überprüfen, ehe sie sich wieder dem Geschäft zuwenden konnte.
Mit leichtem Bedauern blickte Shane ihr nach, bis sie in der bunten und lauten Menge verschwunden war. Sie war ein Teufelsweib, aber er wollte mehr von einer Frau, als Gail zu geben hatte; mehr jedenfalls als Sex und Big Business, und nur das konnte sie ihm bieten. Ganz genau wusste er zwar nicht, was er wollte, aber dass ihm etwas fehlen würde, wenn er mit ihr zusammen wäre, das war ihm klar.
Als er sich seiner Gedanken plötzlich bewusst wurde, verzog sich sein Mund zu einem ironischen, selbstkritischen Lächeln. Eigentlich wusste er, was fehlte. Es war etwas in ihm selbst – und auch in ihr, vermutete er.
Vielleicht passten sie doch ganz gut zusammen. Die Stimme in ihm flüsterte ihm zu, dass er es besser wusste. Doch er wollte jetzt nicht länger darüber nachdenken.
Er angelte sich einen Garnelensnack vom Tablett eines vorbeikommenden Kellners und machte sich kauend auf den Weg zum eigentlichen Casino, das kreisförmig um die Lobby herum angelegt war. Wenn ihn jemand grüßte, tat er dasselbe, egal, ob er die Person kannte oder nicht.
Aber er mochte diese öffentliche Rolle nicht: Für die Leute hier war er das Wunderkind von Las Vegas, der »König Midas«, der »Mann mit dem Vierundzwanzig-Karat-Glück«, der »Golden Boy« oder was immer die Hochglanzmagazine über ihn schrieben, wenn sie irgendwelche Sensationsnachrichten brauchten als unterhaltsame Abwechslung zwischen all ihren Werbeanzeigen.
Auch war ihm der endlose Tratsch und Klatsch über sein Liebesleben zuwider, demzufolge er schon mit sämtlichen Schönheiten zwischen Ost- und Westküste geschlafen haben sollte. Doch er wusste, dass dieses aufdringliche Interesse auf seinen Status als unverheirateter Besitzer des größten und erfolgreichsten Casinos in Las Vegas zurückzuführen war.
Immerhin verhalfen die anhaltenden Spekulationen über sein Privatleben dem Golden Fleece zu kostenloser Reklame .
Er spürte den diskreten Vibrationsalarm des digitalen Funkmeldeempfängers an seinem Gürtel, der ihn mit seinen engsten Mitarbeitern verband. Seine übliche
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