Blutiges Gold
von Ihrem eigenen Geld wert ist?«
»Ja.«
»So schnell, eh? Sie müssen nicht mal Ihre Geldgeber anrufen?«
»Aber die warten doch bloß drauf, hier jedes Jahr achthundert Millionen pro Jahr zu waschen. Dafür behalten wir zehn Prozent davon ein. Sie sind gut mit Zahlen. Rechnen Sie es aus.«
»Okay, eine halbe Million sind für die also Peanuts. Aber für mich nicht. Ich brauche das Geld noch heute Abend.«
»Früh oder spät?«
»Das hat sie nicht gesagt. Sie ruft nachher zurück, dann machen wir die Details aus.«
»Ich schicke jemand zu Ihnen, sobald das Geld da ist. Nur gebrauchte Banknoten, nehme ich an?«
»Das ist Voraussetzung.«
Er lächelte. »Sie haben das Geld in zwei Stunden. Höchstens. Noch etwas?«
Sie warf ihm einen Seitenblick durch schwere Wimpern zu. »Was hätten Sie denn zu bieten?«
»Mehr, als Sie Zeit haben, um es zu genießen.« Dann lächelte er gequält. »Zum Teufel, Silver. Es ist zu spät für uns beide.«
»Noch nichts davon gehört? Nimm einfach eine Tablette und verwandle dich in einen Teenager.«
»Neue Ehefrauen sind nicht so leicht zu finden.«
»Vor allem solche mit den richtigen politischen Beziehungen, die Sie unbedingt brauchen.«
»Vor allem solche«, stimmte er zu.
»Werden Sie unser nächster Gouverneur sein?«
»Ich bevorzuge eine Position mit mehr Macht.«
»Senator?«
Er schüttelte den Kopf.
»Kommen Sie schon, Rich. Sie werden doch nicht etwa für die Präsidentschaft kandidieren?«
»Dafür gefällt es mir in Nevada zu gut. Ich denke, ich wäre ein ganz guter Präsident des Gaming Control Board, oder?«
Sie stieß einen Pfiff aus. »Bestehen Sie die Überprüfungen?«
»Selbstverständlich.«
»So wird der Bock zum Gärtner gemacht …« Gail kicherte, dann lachte sie laut auf.
Sie gluckste immer noch, als sie die Tür des Büros längst hinter sich geschlossen hatte.
60
Las Vegas
5. November
Am Nachmittag
Mitten auf dem Tisch, auf unbenutzten Halloween-Servietten ausgebreitet, lagen sechs goldene Artefakte als funkelnder Niederschlag vergangener Zeiten und menschlicher Träume. Shane spürte ihre Anwesenheit wie einen leisen Seufzer, gerade außerhalb der Wahrnehmung, ein Atem, der zart über seine Haut strich.
Ohne Handschellen saß er wartend in einem anonymen Zimmer eines anonymen Regierungsgebäudes bloß zwei Meilen und doch Welten vom Golden Fleece entfernt. Die Möblierung entsprach einem Wartezimmer um die Jahrhundertwende: Stahlrahmen, abgenutzte dunkelgraue Sitzkissen, metallener Besprechungstisch, ein Wasserspender in der Ecke, ein Plastikpapierkorb, halb voll mit benutzten Pappbechern. Kein Teppich, kein Telefon, kein Computer und keine Fenster.
Zwei Männer, die es ablehnten, ihm ihre Namen oder Dienstnummern zu sagen, hatten abwechselnd versucht, ihn dazu zu bewegen, ihnen die vier Goldartefakte auszuhändigen, die er bereits in seinem Besitz hatte. Die Begründung lautete, dass diese ebenfalls eindeutig gestohlen waren wie die sechs Teile, bei deren Kauf er am Morgen verhaftet worden war.
Shane wurde klar, dass die Suche von Rarities nach der Quelle der Artefakte alle möglichen Haifische auf den Plan rief. Die Fragen – und die Fragesteller – ignorierte er jedoch gänzlich, bis sie endlich aufgaben und das Zimmer verließen. Sie waren unwichtig – bloße Platzhalter, bis die wirklich Wichtigen eintrafen.
Shane wusste das, auch wenn die beiden es nicht wissen mochten.
Endlich, zu spät, hatte Shane das Muster erkannt. Nun ging es nur noch darum, zu berechnen, wie hoch seine Verluste waren, und sie abzuschreiben – aber unter keinen Umständen auf das Gold zu verzichten.
Seine Anwälte waren irgendwo im Gebäude und machten jedem die Hölle heiß, der die Befugnis haben könnte, Shane freizulassen. Andere Anwälte wiederum machten Anwälten in Washington D.C. die Hölle heiß, und diese wiederum jedweden Regierungsvertretern, die das bewirken könnten.
Weil keine Anklage erhoben worden war, war es für Shanes Anwälte schwierig, etwas in Gang zu setzen. Die einzige greifbare Aktennotiz besagte, dass Shane »freiwillig« in das Gebäude gekommen war. Wenn das bedeutete, dass er eingewilligt hatte, das Gebäude zu betreten und mit den Beamten dort zu reden, statt sich offiziell arretieren und in eine Zelle stecken zu lassen, um dort durch eine Glasscheibe mit seinen Anwälten zu reden, dann war Shane tatsächlich freiwillig ein zeitweiliger Gast von Uncle Sam.
Die Tür öffnete sich. Eine zierliche Frau mit
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