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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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rechts, drei vor ihr.
    Als sie sich aufsetzte, zog etwas an ihrer Brust. Unter dem Nachthemd lugten Kabel hervor, die zu dem EKG führten, und sie spürte die Elektroden über beiden Brüsten. In ihrem linken Handrücken steckte ein Katheter, der mit einem Infusionsbeutel verbunden war. Er hing an einem Metallständer. Kurz wurde ihr schwindelig, so als sei sie zu rasch aus der Bewusstlosigkeit erwacht. Im nächsten Moment wurde ihr der Ernst der Lage klar. Furcht vibrierte in ihrer Brust, und ein kalter Schauder kroch ihr den Rücken hinauf. Diese Vorgehensweise passte nicht zu ihm. Sicher wusste er, wann sie aufwachen würde. Schließlich beobachtete und belauschte er sie.
    Warum also war er noch nicht hier?
    Weil ich eigentlich noch nicht wach sein sollte .
    Er hatte sie betäubt und allein gelassen, in dem Glauben, die Dosis sei hoch genug, um sie außer Gefecht zu setzen.
    Aber er hatte sich verkalkuliert.

    Und jetzt muss ich hier raus .
    Sie zupfte das Klebeband von ihren Augenlidern, entfernte den Katheter und löste die Elektroden von ihrer Brust. Sofort zeigte das EKG nur noch eine gerade Linie an, und das stete Piepsen wurde von einem lang gezogenen Signalton abgelöst. Sona stand in der Mitte des Raums und sah zwischen den Türen hin und her. Jetzt musste er doch kommen. Doch eine Minute später wartete sie immer noch.
    Sie warf einen Blick auf den Instrumentenwagen. Da lag eine etwa zwanzig Zentimeter lange Schere, deren Spitzen in einem Winkel von fünfundvierzig Grad nach außen zeigten. Eine OP-Schere. Daneben befand sich eine Reihe von Skalpellen von unterschiedlicher Länge und Dicke. Auch die Beschaffenheit und Form der Klingen war verschieden. Außerdem gab es noch weitere Utensilien: einen Gegenstand, der wie ein Hammer aussah, eine Spritze, einen Bohrer und zu guter Letzt eine Flasche mit einer klaren blauen Flüssigkeit.
    Dieselbe, mit der sie ihr Gesicht hatte einreiben müssen.
    Sie berührte ihre Wange und konnte die wachsartige Oberfläche ihrer Haut unter den Fingerspitzen spüren  – aber ihr Gesicht war taub. Absolut empfindungslos. Alles war abgestorben: Die Nervenenden reagierten nicht, und sie nahm auch keine Bewegung wahr, als sie den Mund öffnete und schloss. Nichts. Völlig taub. Sie berührte auch die andere Seite, um festzustellen, ob es dort genauso war, spürte ebenfalls nichts und betrachtete ihre Finger  – Todesangst ergriff sie. Ihre Finger waren voller Blut.
    Plötzlich schwappte eine grausige Erkenntnis in ihr hoch wie ein Ölteppich: Mit der Flüssigkeit hat er meine Haut für eine Operation vorbereitet. Er schneidet mir ins Gesicht .
    Sona griff nach einem Skalpell . Los, dann komm schon, du Schwein . Sie hatte den Raum erst zur Hälfte durchquert, als sie Geräusche hörte.

    Rasche Schritte hallten in einem Flur hinter der Tür, die ihr am nächsten war.
    Dann das statische Knistern.
    Wie erstarrt blieb sie stehen. Keine Schritte mehr. Nur noch das Knistern. Sie nahm das Skalpell in die andere Hand und hielt es, auf die Tür gerichtet, vor sich. Dann wartete sie. Und wartete. Im nächsten Moment bemerkte sie, dass das statische Knistern im Raum selbst war. Sie blickte nach oben in die linke Zimmerecke über dem Waschbecken. In der Dunkelheit kaum auszumachen, war ein Lautsprecher in die Wand eingelassen. Zur Tarnung war er ebenfalls weiß gestrichen.
    »Sssssssssona.«
    Eine Stimme aus dem Lautsprecher.
    Der Knauf an der Tür vor ihr drehte sich.
    Das Herz klopfte wie wild in ihrer Brust, als sie einen Schritt zur Seite und nach vorn machte, sodass sie hinter der Tür stand, als diese sich nach innen öffnete. Sie schluckte einmal. Zweimal. Beim dritten Mal hätte sie beinahe gehustet. Inzwischen hatte sie solche Angst, dass es sich anfühlte, als schlössen sich seine Finger bereits um ihre Kehle. Sie presste die Hand auf den Mund, um jegliches Geräusch, ein Wimmern, einen Atemzug, der hörbar in ihr aufsteigen könnte, zu unterdrücken. Neben ihr öffnete die Tür sich weiter. Keinen Mucks . Die Tür kam langsam näher. Keinen  …
    Die Tür blieb stehen.
    Sona schaute nach unten. Die Spitze eines schwarzen Schuhs war zu sehen. Sonst nichts.
    Das EKG pfiff. Das statische Knistern erfüllte den Raum. Doch sie hörte nur den eigenen Herzschlag in den Ohren und an ihren Rippen, so laut, dass er alles andere übertönte. Dennoch gelang es ihr, das Skalpell zu heben. Sie umklammerte es so fest, dass sich ihre Finger weiß verfärbten, und streckte die Waffe aus,

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