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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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betrachtete Phillips. »Die Sache gefällt mir nicht.«
    Er erwiderte nichts. Doch ich erkannte an seinem Blick, was in ihm vorging: Mir gefällt das auch nicht . Kurz herrschte Einigkeit zwischen uns. Es war eine Sekunde, in der wir beide mit dem Gedanken spielten, einen Rückzieher zu machen. Doch dann erinnerte sich Phillips offenbar an die auf dem Revier durchgeführte Risikoanalyse, die Planung und die hierherzitierten Kollegen und kam vermutlich zu dem Schluss, dass man nicht besser vorbereitet sein konnte. Vielleicht hatte er ja recht. Ich hoffte das von ganzem Herzen. Allerdings trug das nicht dazu bei, meine Nerven zu beruhigen. Denn inzwischen kannte ich Crane. Er würde uns nicht zu Jill führen, wenn er sich keine Chance ausrechnete, dadurch das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden.
    »Lassen Sie sich nur auf ein Gespräch mit ihm ein, wenn es absolut unumgänglich ist«, sagte Phillips. »Das hier ist ein Spiel für ihn. Und wir werden ihm den Gefallen nicht tun. Wir wollen nur Jill finden.«

    Ich nickte. Letztlich war Jill alles, was zählte.
    »Wenn das erledigt ist, holen wir die Kriminaltechnik und verschwinden, so schnell wir können.«
    Hart erschien neben mir. »Mr Raker.«
    »DCI Hart.«
    »Sind wir bereit?«, fragte er Phillips.
    »Ja, sind wir.«
    »Okay, dann also los.«
    Er bedeutete einem der uniformierten Kollegen, die Hecktüren des Transporters zu öffnen. Die beiden Scharfschützen gingen zu beiden Seiten in Stellung. Ihre H&Ks hielten sie quer vor der Brust. Die Mündungen zeigten zu Boden.
    Stille senkte sich über die Szene.
    Scheppernd öffneten sich die Türen des Mercedes.
    Aron Crane saß im Transporter. Er trug Handschellen. Von unserer Position aus war sein Gesicht kaum zu erkennen, denn es war in das Dunkel des Wageninneren getaucht. Dann hob er den Kopf, sodass das Blaulicht der Streifenwagen auf seiner Haut reflektierte. Kurz erstarrte er in einer Farbexplosion. Seine Augen glitzerten. Er musterte die Menschenmenge und hielt offenbar Ausschau nach jemandem. Als sein Blick an einem Punkt verharrte, wusste ich, wer es war.
    Der Scheißkerl sucht mich.
    Während man ihm beim Aussteigen half, trafen sich unsere Blicke. Er nickte und wandte sich dann ab. Die Mannschaft, die ihn durch die Gasse begleiten würde, scharte sich um ihn, und alle setzten sich in Bewegung. Phillips und Hart eskortierten mich zu der Kolonne und reihten sich hinter Crane ein. Die Hundestaffel bildete die Nachhut. Crane schaute sich um und bemerkte mich sofort. Diesmal huschte ein Lächeln über sein Gesicht.
    Und dann brachen wir auf in den Todeswald.

73
    Jenseits der Fundamente der Fabriken blieben alle stehen. Wir hatten das Tor erreicht. Auf dem Weg war kein Wort gesprochen worden. Schweigend waren wir zwischen Ruinen und den Müllbergen hindurchmarschiert. Polizeitaschenlampen schwangen hin und her, sodass sich ihr Schein kurz in den letzten Fenstern der Fabrikruinen und den Scherben zu unseren Füßen spiegelte. Doch sobald wir die betonierten Flächen hinter uns gelassen hatten und tiefer in den Wald kamen, verdichtete sich die Dunkelheit und schluckte die in die Nacht gerichteten Lichtkegel.
    Im Gänsemarsch gingen wir durch das Tor. Crane drehte sich um und nickte mir im vorbeigleitenden Strahl einer Taschenlampe noch einmal zu. Phillips, der das bemerkt hatte, sah mich an, als hätten wir eine geheime Botschaft ausgetauscht. Für Crane klappte alles wie am Schnürchen. Er stiftete Unfrieden zwischen Menschen, die eigentlich auf derselben Seite standen, und das, ohne dabei ein Wort von sich geben zu müssen.
    Als an der Spitze der Kolonne ein Hund bellte, blieben alle stehen.
    Phillips gesellte sich zu dem Hundeführer, und die beiden Männer sprachen miteinander, während der Spaniel am Ende der Leine auf ein dunkles Gebüsch rechts von uns zusteuerte. Hinter mir blickte ein anderer Vierbeiner, ein Deutscher Schäferhund, in dieselbe Richtung wie sein Artgenosse und reckte die Schnauze vor. Phillips drehte sich um und wies einen der uniformierten Kollegen an, seine Taschenlampe auf das Unterholz zu richten. Im nächsten Moment wurde ein Busch zwischen zwei dicken Eichenstämmen angestrahlt. Es war nichts zu sehen. Nur hohes Gras, das sich sanft im Wind
wiegte, und der Nieselregen, der im Lichtkegel sichtbar wurde.
    Wir setzten unseren Weg fort.
    Es war unbeschreiblich finster im Wald. Inzwischen schloss sich das Blätterdach über dem Pfad, sodass uns auch ein kurzer Ausblick auf den Mond oder das

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