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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Fotos, die meisten zu klein, um etwas darauf zu erkennen. Ein Stadtplan, mit Reißzwecken gespickt und über und über mit Markierstift bekritzelt. Dazu angeheftete Notizzettel und seitlich davon eine schmale, senkrechte Reihe
aus Post-it-Etiketten, von denen jedes eine Nummer trug: 2119, 8110, 44, 127, 410, 3111, 34. Gleich daneben hing etwas, das meine Aufmerksamkeit erregte: ein kleines Schwarz-Weiß-Foto von Megan. Es war dasselbe, das ich in ihrer Digitalkamera entdeckt hatte. Das, auf dem sie vor dem Wohnblock stand.
    Ich sah Phillips und Hart an und holte dann mein Mobiltelefon heraus. Der größte Vorteil an der freiwilligen Anwesenheit war, dass man seine Sachen nicht abgeben musste. Ich hielt das Handy so, dass es wirkte, als schriebe ich eine SMS, schaltete rasch die Kamerafunktion ein, stellte scharf und knipste ein möglichst deutliches Foto von der Wand. Es war zwar verschwommen und unterbelichtet, musste aber genügen.
    Im nächsten Moment kamen Phillips und Hart auf mich zu.
    »David«, wandte sich Phillips an mich, »das ist DCI Hart.«
    Wir schüttelten einander die Hand. Dann legte ich absichtlich eine kleine Pause ein, als müsse ich die SMS noch abschicken, und musterte Hart verstohlen. Dabei fiel mir etwas ein: Hart und Phillips waren beide DCIs und arbeiteten im selben Revier, ja, sogar im selben Büro. Für gewöhnlich waren in einem Revier ein hochrangiger Polizist und mehrere Sergeants und Constables tätig. Hier war das Gleichgewicht gestört. Höchstens zehn Polizisten, von denen zwei DCIs waren. So eine Kopflastigkeit war mir noch nie begegnet.
    »Ich habe gehört, dass Sie an meinem Fall arbeiten.« Hart riss mich aus meinen Gedanken. Er lächelte. Ich kannte ihn nicht gut genug, um sagen zu können, ob dieses Lächeln echt war — allerdings bezweifelte ich das.
    »Ja, sieht ganz danach aus.«
    »Glauben Sie, der junge Bryant wurde ermordet, weil er Megan kannte?« Er kam ohne Umschweife auf den Punkt.
    »Das bezweifle ich«, log ich.

    »Wie schätzen Sie die Sache dann ein?«
    »Das letzte Jahr von Charlie Bryant war ziemlich turbulent. Soweit ich informiert bin, hat er häufig in der Schule gefehlt. Irgendwo muss er seine Zeit ja verbracht haben.«
    »Und?«
    »Vielleicht ist er an die falschen Leute geraten.«
    »Sein Vater auch?«
    Ich lächelte Hart an. Er versuchte, mich in Widersprüche zu verwickeln. Da ich mich nicht unnötig in die Ecke drängen lassen wollte, zuckte ich nur wortlos die Schultern.
    »Bagatelldiebstähle«, mischte sich Phillips ein, »ein bisschen Vandalismus, Alkoholkonsum, obwohl er noch minderjährig war … das sind die falschen Kreise, in denen Charlie Bryant verkehrt hat. Aber eine vierundzwanzig Zentimeter lange Klinge in der Brust fängt man sich dabei nicht ein.«
    Wieder zuckte ich theatralisch die Schultern. Doch Phillips hatte recht. Charlie Bryant kam nicht aus einem schlechten Stadtviertel. Der Teil von London, in dem er gewohnt hatte, wies eine niedrige Kriminalitätsrate auf, die Leute waren wohlhabend. Kraftausdrücke in Gegenwart alter Damen waren vermutlich das schwerste Verbrechen, das in seiner Straße vorkam. Dennoch blieb ich bei meiner These. »Die Sitten sind seit unserer Jugend rauer geworden, DCI Phillips. Die guten alten Zeiten sind vorbei. Wenn man heute die Hintertür offen lässt, ist schon bald das ganze Haus weg.«
    Phillips musterte mich. Während er mich mit Blicken fixierte, arbeitete sein Verstand auf Hochtouren. Er wirkte nicht sehr überzeugt, und ich nahm mir vor, ihn im Auge zu behalten. Er war nicht auf den Kopf gefallen. Das machte ihn gefährlich.
    »Also«, sagte ich, »falls wir jetzt fertig sind, gehe ich mal.«
    »Meinetwegen«, erwiderte er und streckte mir die Hand hin. Ich schüttelte sie. »Vergessen Sie nicht, dass der Mordfall
Bryant Sache der Polizei ist, David. Das heißt, dass die Polizei sich darum kümmert und dass wir Einmischung nicht gebrauchen können. Und wir werden ganz sicher keine Informationen herausgeben, ehe wir nicht dazu bereit sind.«
    Ich nickte. »Klingt wie ein Plan.«
    »Ganz recht«, erwiderte er und wies mit dem Daumen über seine Schulter ins Büro. Davidson saß an einem Schreibtisch und beobachtete uns mit der Miene eines Pitbulls. »Und denken Sie über unser Gespräch nach. Schließlich sind wir alle hinter derselben Sache her. Wir wollen wissen, warum Charles Bryant auf diese Weise umgebracht wurde — und wir wollen Megan finden.«
    Plötzlich bemerkte ich Healy im Büro.

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