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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Trillion Einträge.«
    »Etwas, das nie an die Öffentlichkeit gekommen ist?«
    »Auch wenn ich vielleicht so aussehe«, erwiderte Dooley, »aber so alt bin ich nun auch wieder nicht. Woher, zum Teufel, soll ich das wissen? Als Sykes sein Unwesen getrieben hat, hat man sich noch mit Rauchzeichen verständigt.«
    »Komm schon, Dools. Ich weiß doch, wie es funktioniert. Die Infos werden bei euch Polizisten von Generation zu Generation weitergegeben wie Familiengeheimnisse. Ihr alten Hasen redet gern darüber, was ihr anders gemacht hättet.«
    Er hielt inne und pustete Luft in die Leitung. »Was willst du wissen?«
    »Gab es je Trittbrettfahrer?«
    Er schwieg einen Moment. »Hast du mit jemandem zu tun, der herumläuft und so tut, als ob er Sykes wäre?«
    »Nein, ich frage nur.«
    »Nein.«
    »Keine Trittbrettfahrer?«
    »Nein. Das ist inzwischen zu lange her. Die meisten Leute unter vierzig haben wahrscheinlich keine Ahnung mehr, wer er war. Sykes gehörte zur Generation ihrer Großeltern. Und wenn die ausgestorben ist, werden seine Verbrechen in Vergessenheit geraten.«
    »Also erzähl mir von ihm.«
    »Was genau?«
    »Alles.«
    Ich hörte, wie sich am anderen Ende der Leitung etwas bewegte. Offenbar zog er sich an einen Ort zurück, wo niemand ihn belauschen konnte. Ich stellte die Lautstärke der Freisprechanlage
auf Maximum. »Nur die Zusammenfassung«, sagte ich.
    »Die Zusammenfassung ist genauso lang wie die ausführliche Version: Er hat vom Tag seiner Geburt an nur Pech gehabt. Sein Vater hat sich verpisst, sobald er den Hosenstall zugemacht hatte, und seine Mutter hat zwei Monate nach der Geburt des kleinen Milton wegen Tuberkulose den Löffel abgegeben. Sykes ist dann bei seiner psychopathischen Tante und seinem Onkel in derselben Straße aufgewachsen. Die Alte war das absolute Miststück und er ein gewalttätiges Arschloch. Ergebnis: sechzehn Jahre Prügel ohne Ende und Einsperren im Keller. Wie du dir sicher denken kannst, war die Schule ein Fiasko, obwohl er eine Eins dafür verdient gehabt hätte, dass er Tiere umbrachte und ein Einzelgänger war, den niemand mochte und mit dem keiner reden wollte.«
    »Und was passierte, nachdem er von zu Hause ausgezogen war?«
    »Er fand eine Stelle in einer Färberei an den East India Docks. Dann verschwanden die ersten Frauen. Wenn du findest, dass wir in unserem Job Flaschen sind, hättest du erst mal die damalige Polizei erleben müssen. Die haben sechs Jahre lang nichts gemerkt.«
    »Wie das?«
    »Die Frauen waren alle Einwanderinnen aus Indien, die in den Textilfabriken arbeiteten. Ihre Familien haben sie zwar als vermisst gemeldet, aber sie konnten kaum oder gar kein Englisch. Die Ausrede der Polizei nach Sykes’ Verhaftung war, sie hätten die Aussagen nicht richtig verstanden. Aber in Wahrheit war es ihnen wahrscheinlich scheißegal.«
    »Wie ist er erwischt worden?«
    »Er hat sich nicht mehr auf Inderinnen beschränkt.«
    »Und sich stattdessen ein weißes Mädchen geschnappt.«
    »Richtig. Ein Mädchen namens Jenny Truman. Neunzehn.
Blond, blauäugig. Ist eines Morgens zur Arbeit in die Fabrik und nicht mehr nach Hause gekommen.«
    »Warum der Wechsel?«
    »Er war schlau und wusste, dass die Polizei in Sachen Inderinnen nicht zu gründlich nachforschen würde. Und so ist er auf Nummer sicher gegangen. Doch eines Tages hat er sich die Truman gegriffen. Da hat die Polizei beschlossen, sich endlich ernsthaft der Angelegenheit anzunehmen. Einige Zeugen sagten aus, sie hätten gesehen, wie sie mit jemandem, auf den Sykes’ Beschreibung passte, weg sei. Also sind sie zu Sykes’ Haus in der Fordham Avenue. Weißt du, wo das ist?«
    »Nein.«
    »Das liegt daran, dass man das Haus abgerissen und dort, wo früher die Straße war, ein Gewerbegebiet gebaut hat. Sie lag genau am Rand von Hark’s Hill Woods, einem großen, zugewucherten Gebiet im Osten von London, wo es von verfallenen Fabriken nur so wimmelt. Als die Polizei eintraf, entschuldigte sich Sykes, er müsse zur Toilette, die am anderen Ende des Gartens stand — und dann ist er abgehauen. Im Wald verschwunden.«
    »Haben sie ihn gekriegt?«
    »Nein, sie haben ihn aus den Augen verloren. Doch bei der Durchsuchung seines Hauses wurde ein Kleid sichergestellt, das Jenny Truman gehört hatte. Es war voller Blut. Und eine Schaufel, alles versteckt in einer Wandnische in seiner Küche. Drei Tage später hat er sich in einem Polizeirevier in Camberwell gestellt.«
    »Warum?«
    »Er sagte, er habe das

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