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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Kopf, ein Bauch, der an den Hinterbeinen eine Kurve nach oben beschrieb, kein Gramm Körperfett. Etwa zwei Meter von mir entfernt blieb er stehen. Die Dunkelheit verbarg sein Gesicht. Ich ging vor dem Hund in die Hocke und streckte die Hand aus.
    »Hallo, alter Junge«, sagte ich leise. »Warst du es, der sich hier herumgetrieben hat?«

    Wieder grollte der Donner. Ich spähte durch das Blätterdach, das sich über die Lichtung spannte. In der Ferne schienen sich die Wolken zusammenzuballen und den Himmel zu verdunkeln.
    Der Hund leckte mir die Hand.
    Ich schaute zu ihm hinunter.
    »Verdammte Scheiße.«
    Ich sprang auf und taumelte rückwärts. Dabei starrte ich weiter den Windhund an. Als er noch ein paar Schritte auf mich zuging, zog er das rechte Hinterbein nach.
    Und dann war mehr als nur sein Umriss zu sehen.
    Auf der einen Seite seines Gesichts fehlte das Fell. Rohes Fleisch schimmerte im trüben Licht, und trotz des geschlossenen Mauls konnte ich einen Teil seiner Zähne erkennen. Außerdem war da noch etwas in dem rohen Fleisch: ein rosafarbenes Viereck, das sich von dem Rot der Muskelfasern abhob. Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich begriff, worum es sich handelte.
    Haut.
    Der Hund hinkte noch ein Stück vorwärts.
    »Wer hat dir das angetan?«
    Er stöhnte leise. Inzwischen nahm ich auch andere Geräusche wahr: den Wind, der durch die Bäume strich, das Fallen des Regens, das Rauschen des Grases. Ich starrte den Pfad entlang und hinein in die zunehmende Dunkelheit. Dooley hat, was diesen Wald angeht, vielleicht doch recht gehabt .
    Der Hund winselte.
    Ich drehte mich wieder zu ihm um, kauerte mich hin und streckte langsam die Hand nach ihm aus, um ihm zu zeigen, dass ich keine Bedrohung darstellte. Doch er zuckte nicht einmal zusammen. Er machte eher einen lethargischen und abwesenden Eindruck und schaute benommen zwischen meinem Gesicht und meiner Hand hin und her.

    »Wer hat dir das angetan?«, fragte ich noch einmal.
    Der Hund drehte ein Stück den Kopf. Dunkelgraues, vom Regenwasser verklebtes Fell. Im nächsten Moment stellte ich fest, dass er auf etwas hinter mir auf dem Weg starrte, den ich gekommen war. Ich drehte mich um. Leise Geräusche waren zu hören.
    »Was siehst du?«
    Als ich aufstand, hatte ich in alle Richtungen etwa zehn Meter Sichtweite. Am Himmel rumpelte der Donner. Fünf Sekunden später blitzte es, sodass die Wolken wie in einer Momentaufnahme erstarrten. Der Hund näherte sich winselnd und rieb sich an meinem Bein. Ich berührte seinen Kopf und betastete mit den Fingern das getrocknete rohe Fleisch an seinem Kopf. Er schmiegte die Schnauze in meine Handfläche.
    »Komm mit«, sagte ich leise.
    Zunächst zögerte er, doch als ich ihn zu mir winkte, folgte er mir. Das Bein zog er steif im Gras nach. Ich machte mich auf den Rückzug. Inzwischen konnte ich nur noch ein stetes Prasseln hören, als der Regen auf die Blätter traf. Es klang wie Hunderte winziger Schritte aus allen Richtungen. Ein Stück weiter erkannte ich das Tor. Ich ging schneller, spürte jedoch, dass der Hund zögerte. Ich wandte mich um. Der Hund stand reglos da und hatte sich zum Weg umgedreht, der in den Wald führte.
    »Was ist los?«
    Als er sich nicht rührte, kehrte ich zu ihm zurück.
    »Was siehst du?«, fragte ich.
    Er schnupperte, als hätte er einen Geruch aufgefangen. Ich kauerte mich hin und legte ihm sanft die Hand auf den Rücken. Er rührte sich nicht. Regen traf auf meine Hand und perlte von seinem Fell ab.
    »Was siehst du?«, wiederholte ich.
    Er winselte erneut, diesmal ein wenig länger. Und dann lief
er, sein Bein hinter sich herziehend, den Pfad entlang zurück. Ich pfiff leise, um ihn zu rufen, aber entweder achtete er nicht auf mich, oder er konnte mich nicht hören.
    Dreißig Sekunden später war er fort.
    Kurz hielt ich inne und versuchte, trotz der Dunkelheit herauszufinden, wohin der Hund verschwunden war. Ich hatte mir nicht überlegt, was ich mit ihm anfangen sollte, wenn wir am Auto waren. Jedenfalls musste er dringend behandelt werden. Er musste zum Tierarzt. Also pfiff ich lauter. Doch Regen, Wind und das Rauschen des Waldes trugen das Geräusch in die Nacht hinein. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, den Hund zu suchen, doch dann wurde ich von einem merkwürdigen Gefühl ergriffen.
    So, als würde ich beobachtet.
    Ich blickte den Pfad entlang. Meine Augen wanderten von einer Seite des Waldes zur anderen. Nichts rührte sich. Kein Geräusch. Doch das Gefühl, beobachtet zu

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