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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Hauptraum. Dort hielt ich wieder inne und schloss die Tür vorsichtig hinter mir. Ohne das Licht meines Telefons wirkte der Raum riesig und tiefschwarz. In der Hocke und ein Knie auf dem Boden, wartete ich ab und spähte angestrengt in die Dunkelheit: Formen, Türen, Anzeichen von Bewegung.
    Doch ich bemerkte nichts.
    Langsam pirschte ich mich durch die Halle. Ich blickte in den Vorraum mit den Rollstühlen. Dann auf die Küchentür. Danach auf die Durchreiche.
    Nun sah ich etwas.
    Ich näherte mich. Holte wieder mein Telefon heraus.
    Leuchtete das Ding an.
    Im ersten Moment war ich nicht sicher, was ich da vor mir hatte. Es war rosafarben und missgebildet und wandte mir die Rückseite zu. Als ich noch einen Schritt darauf zu machte, erkannte ich, was es war.

    Eine Plastikpuppe.
    Ein weiterer Schritt, und sie starrte aus glasigen blauen Augen zu mir auf. Der zu einem starren Lächeln verzogene Mund war mit Lippenstift verschmiert. Ein Bein war abgeschnitten, sodass ein dunkles Loch entstanden war. Der Körper zeigte in eine andere Richtung als der Kopf. Doch selbst aus der Entfernung konnte ich eine Reihe von Punkten erkennen, die eine Linie von der Mitte des Rückens bis zum Bauch bildeten.
    Ich leuchtete mit dem Telefon erst die Vorhalle und dann den Flur bis zu den Hintertüren ab. Nichts war verändert worden. Die Türen waren noch geschlossen.
    So, als wäre nie jemand im Haus gewesen.
     
    Draußen vor dem Jugendclub war es kalt. Die Fotos steckten in meiner Tasche. In der Hand hatte ich die Puppe. Als ich sie noch einmal betrachtete, glitzerten ihre blauen Glasaugen kurz in der Nacht und rollten dann unter den Lidern zurück.
    Der Eingang zum Parkplatz führte auf eine enge Seitenstraße. Ich ging nach rechts in Richtung der Straße, wo ich mein Auto abgestellt hatte, und hielt mich in dem Schatten der Häuser. Irgendwo hinter mir gellte eine Hupe. Kurz darauf noch eine. Unwillkürlich schaute ich mich um. Und da bewegte sich etwas in der Dunkelheit.
    Ich blieb stehen. Drehte mich um.
    Im Schatten eines Gebäudes mit Balkonen bemerkte ich in der Dunkelheit eine Gestalt. Eine Schuhspitze. Ein Stück Bein. Darüber die Krümmung eines Ellbogens. Ich kehrte um, anfangs langsam, dann immer schneller, um die Gestalt zu erreichen. Doch sie verharrte reglos und mir zugewandt, bis ich mich auf etwa sieben Meter genähert hatte.
    Und dann rannte sie los.
    Der Mann brach aus der Dunkelheit, als hätte man ihn der
Nacht entrissen. Er hatte etwa drei Meter Vorsprung, als ich zum Sprint ansetzte. Er lief unter einer Straßenlaterne hindurch, und ich erkannte, dass er ungefähr eins achtzig groß war und einen langen dunklen Mantel, eine dunkle Hose, schwarze Stiefel und eine dunkle Mütze trug. Da er mir die ganze Zeit den Rücken zukehrte und den Kopf wegdrehte, konnte ich sein Gesicht selbst dann nicht erkennen, als er mit Höchstgeschwindigkeit um die Ecke stürmte.
    Als die Straße, auf der wir uns befanden, immer schmaler und dunkler wurde und plötzlich eine Kurve nach rechts beschrieb, verschwand er. Und als ich die von Verkehrslärm und Menschengewühl erfüllte Euston Road erreichte, war er fort.

31
    Sonntagmorgen, zwanzig vor acht. Auf dem Boden unter dem Briefschlitz erwartete mich die Akte, die Ewan Tasker mir versprochen hatte: alles, was die Polizei über die Nacht von Frank Whites Tod wusste. Doch damit konnte ich mich jetzt nicht beschäftigen.
    Ich setzte Kaffee auf. Nebenan verließ Liz gerade das Haus und ging zu ihrem Auto. Ich musste an Freitagabend denken, als ich sie zurückgewiesen und gesehen hatte, wie ihre Hoffnung schlagartig erlosch. In der Sekunde, die ich gebraucht hatte, um diese Entscheidung zu fällen, war sie mir richtig erschienen. Es war zu früh, zu viel, und die Schuld wog zu schwer. Doch inzwischen war nur noch Bedauern zurückgeblieben. Es brodelte in meinem Bauch, ein dumpfer Schmerz, den ich nicht unterdrücken konnte.
    Ich blickte Liz nach. Dann brachte ich meine Kaffeetasse ins Wohnzimmer, stellte sie ab und breitete die Fotos aus dem Jugendclub auf dem Tisch aus. Adrian Carlisle und Daniel
Markham legte ich ganz nach vorn. Ich konsultierte die am Vorabend in mein Telefon eingetippten Daten und notierte mir Adressen und Telefonnummern der beiden. Carlisle wohnte in der Nähe der Staubecken in Seven Sisters, Markham in Mile End, unweit der U-Bahn-Station. Carlisle hatte einen Festnetzanschluss und ein Mobiltelefon. Für Markham war nur eine Mobilfunknummer angegeben.
    Am

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