Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
Vom Netzwerk:
riesigen Platane und prasselte wie ein gedämpfter Trommelwirbel in den Schlamm. Ein Stück weiter bemerkte ich etwas auf dem Weg: Eisenbahngleise, verrostet vom Alter und mit Unkraut zwischen den Schwellen. Sie kamen links von mir aus dem Gras, kreuzten den Weg und verschwanden auf der anderen Seite zwischen den Stämmen zweier gewaltiger Eichen. Das war ein Teil der Bahntrasse, die Dooley erwähnt hatte; gelegt, aber niemals fertiggestellt. Ich marschierte weiter. Kurz entstand im Blätterdach über mir eine Lücke.
    Knack .
    Ich blieb stehen und schaute den Pfad entlang.
    Was, zum Teufel, war das?
    Plötzlich schoss ein Windstoß links von mir zwischen den Bäumen hervor und pfiff über den Pfad  – die Temperaturen schienen schlagartig in den Keller zu fallen. Ich bekam eine Gänsehaut an Armen und Rücken und spürte, wie mich ein wellenförmiger Schauder durchlief. Doch im nächsten Moment legte sich der Wind so schnell, wie er aufgekommen war.
    Ich drehte mich um und blickte hinter mich.
    »Hallo?«
    Der Weg, den ich gekommen war, war dunkler geworden, so als wären hinter mir nacheinander die Lichter ausgegangen. Doch nichts rührte sich, und es war auch kein Geräusch zu hören. Nach einer Weile kam ich mir albern vor. Jetzt stehst du mitten im Wald und redest mit den verdammten Bäumen. Reiß dich zusammen .
    Also wandte ich mich um und setzte meinen Weg fort. Nach einer Weile lichtete sich das Blätterdach, und links von mir war eine Lichtung zu sehen. Sie war etwa zehn Meter lang und beschrieb einen an den Pfad angrenzenden Halbkreis. Hier wuchsen zwar keine Bäume, allerdings Unmengen von kniehohem Gras. Im ersten Moment wirkte sie, verglichen
mit dem Weg hierher, idyllisch und schien offenbar der Platz für das Picknick zu sein, das die Webseite Megan versprochen hatte.
    Und dann nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr.
    Ein Huschen, wo der Pfad jenseits der Lichtung wieder begann. Ich trat zurück auf den Weg und spähte in den Wald hinein. Alles war dunkel: der Pfad selbst und die Bäume, die ihn säumten.
    Hinter mir zerbrach ein Zweig.
    Noch einmal drehte ich mich um. Im Wald seitlich des Pfades, in etwa zehn Metern Entfernung, bewegte sich etwas zwischen den Bäumen. Wieder pfiff ein eisiger Wind über die Lichtung. Mein Blick blieb auf die Stelle zwischen den Bäumen gerichtet. Doch es rührte sich nichts mehr. Kein Geräusch. Nur das Tropf-tropf-tropf des Regens. In einer kurzen Regenpause entstand ein unheilverkündendes Schweigen, als verberge sich etwas dahinter und warte darauf, zu schreien.
    Ich beobachtete noch eine Weile den Wald, trat dann in die Lichtung und sah mich um. Ich war nicht sicher, womit ich rechnete, doch wenn jemand verschwand, war er nicht einfach verschwunden. Und dennoch hatte ich auch zehn Minuten später noch nichts entdeckt. Inzwischen war es noch dämmriger geworden. In der Ferne konnte ich Donner hören, und stahlgraue Wolken zogen über den Himmel.
    Knack .
    Ich wirbelte auf dem Absatz herum. Genau dasselbe Geräusch wie zuvor. Und nun schwang noch etwas anderes mit, das ihm dicht folgte. Ist das ein Wimmern? In der Richtung, aus der ich gekommen war, wiegten sich die Bäume. Blätter raschelten und schwankten. Regen fiel auf den Pfad.
    Und dann spürte ich etwas hinter mir.

    Eine Gestalt huschte etwa sieben Meter entfernt von mir über die Lichtung. Das Gras wogte. Erst von links nach rechts, dann zurück. Offenbar war derjenige in die Knie gegangen. Die Gestalt legte noch ein paar Meter zurück und hielt wieder inne.
    Das Gras auf der Lichtung war reglos.
    Stille.
    »Ich kann Sie sehen«, sagte ich.
    Das stimmte zwar nicht, aber ich machte einen Schritt vorwärts. Das Herz zuckte in meiner Brust, als müsse es sich auf eine Überraschung einstimmen. Noch ein Schritt. Ein Stück Lichtung, etwa zwei Meter vor mir, regte sich. Gras rauschte. Wippte erneut von links nach rechts.
    »Ich kann Sie sehen .«
    Schweigen.
    Dann ein Scharren. Ich trat noch ein Stück vor und schaute den Pfad entlang. Der Wald um mich herum erschien mir plötzlich größer und dunkler, als habe der herannahende Abend ihn erweckt. Wieder ein Scharren. Und eindeutig ein Wimmern.
    Im nächsten Moment tauchte ein Hund auf.
    Er hinkte leicht, als er sich durch das taillenhohe Gras schob, und war auf der blassgrünen Lichtung nur schemenhaft auszumachen.
    Der Hund kam zögernd auf mich zu.
    Obwohl ich nur seine Umrisse erkennen konnte, vermutete ich einen Windhund: kleiner, schmaler

Weitere Kostenlose Bücher