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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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drehte die erste Aufnahme um. Ein Tatortfoto. Es zeigte die Puppe, die ich im Jugendclub gefunden hatte. Sie saß auf meinem Wohnzimmertisch, wo ich sie zurückgelassen hatte. Dann zeigte er mir das nächste. Das Foto, das ich in der Puppe gefunden hatte  – die Schultern und der Hals einer Frau  – in einer Klarsichthülle.
    »Das wurde für mich hinterlegt.«
    »Wo?«
    »In meinem Vorgarten«, log ich.
    »Von wem?«
    Ich betrachtete ihn. »Keine Ahnung.«
    »Wann?«
    »Auch keine Ahnung.«
    »Sie wissen also nicht, woher die Puppe stammt?«
    »Nein.«
    »Wissen Sie, wer die Frau auf dem Foto ist?«
    »Nein.«
    Er lehnte sich zurück. »Sie wissen aber ziemlich wenig.«
    »Soll ich Antworten erfinden?«
    Phillips schüttelte den Kopf. »Nein, nein, das sollen Sie nicht, David. Allerdings möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie in Schwierigkeiten stecken.«
    »Weil mir irgendein Spinner eine Puppe auf den Rasen geworfen hat?«
    Er musterte mich eine Weile und blickte dann auf die restlichen
Fotos. Zwei Finger klopften auf die Tischplatte. Er spielte an seinem Ehering herum. Drehte ihn. Und drehte. »Wissen Sie, was die Zahl Zwei auf dem Foto bedeutet?«, erkundigte sich Phillips und deutete auf die hingekritzelte Zwei in der Ecke des Fotos, das die Frau zeigte.
    »Nein.«
    »Ich denke, das tun Sie sehr wohl.«
    Er schob einen Finger unter das dritte Bild und wendete es. Es war wieder ein Foto von einem Foto, diesmal eines, das als Beweisstück eingetütet worden war und auf meinem Küchentresen lag. Es war am selben Ort aufgenommen worden wie das Bild vom Hals der Frau. Dasselbe gedämpfte Licht. Entstanden war es wenige Sekunden davor oder danach. In der Ecke stand, in identischer Handschrift, die Nummer Eins. Die Frau darauf erkannte ich nicht. Blondes, zurückgebundenes Haar. Die blauen Augen offen, aber leicht glasig. Sie war nicht tot, sondern schien eher unter Drogeneinfluss zu stehen. Eine hübsche Frau, doch ihre Haut war schmutzig, und neben dem rechten Auge hatte sie einen Bluterguss.
    »Wer ist das?«
    »Das wissen Sie nicht?«
    »Nein.«
    »Sie haben dieses Foto also nicht gemacht?«
    »Nein.«
    Phillips drehte das vierte Foto um. Es stellte Derryns Aufbewahrungsbox dar  – die, die ich in der Hand des Kriminaltechnikers gesehen hatte. Es war von oben aufgenommen und in den Schein eines Blitzlichts getaucht. Die Box war mit Derryns Sachen gefüllt: Fotos von uns beiden und von ihr, Schmuck, ein Notizbuch. Obenauf und genau in der Mitte der Box lag das Foto von der Frau, das Phillips mir gerade gezeigt hatte: ein schmutziges Gesicht mit benommenem Ausdruck. Blondes Haar. Bluterguss.

    Sie hatten es in einer Aufbewahrungsbox entdeckt.
    »Dort ist es nie gewesen«, protestierte ich.
    »Wir haben es aber dort gefunden.«
    »Ich habe es noch nie gesehen …«
    »Wir haben dieses Foto in der Box in Ihrem Schrank und in Ihrem Haus gefunden«, beharrte Phillips. »Diese Frau …« Er schaute von mir zu Davidson. »Wir glauben, dass Sie sie entführt und misshandelt haben.«
    »Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen.«
    »Nein, David«, erwiderte er. »Es ist mein voller Ernst.«
    »Ich habe sie noch nie gesehen. Dieser Frau bin ich niemals im Leben begegnet, verdammt. Ich weiß nicht, wer sie ist und wie ihr Foto in diese Box gekommen sein soll. Aber es …«
    Im nächsten Moment fiel es mir wieder ein. Die Nacht, in der ich vom Besuch bei Jill um vier Uhr morgens nach Hause gekommen war. Ich hatte es ganz vergessen, doch jetzt erinnerte ich mich wieder. Der Mülleimer vor dem Haus war umgefallen, sodass sich die Müllsäcke auf dem Gartenweg verteilt hatten. Und die Verandatür hatte einen Spalt weit offen gestanden.
    »Jemand muss bei mir eingebrochen sein«, sagte ich leise, fast wie zu mir selbst.
    »David …«
    »Jemand ist bei mir eingebrochen.«
    »Wer?«
    »Keine Ahnung. Ich war bei einer Freundin. Als ich nach Hause kam, war es früher Morgen. Auf dem Gartenweg waren Müllsäcke verstreut, und die Verandatür stand offen. Ich hatte sie in dieser Nacht nicht offen gelassen.«
    »Haben Sie Anzeige erstattet?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe nicht daran gedacht.«

    »Oder Sie haben uns gerade wieder mal angelogen«, wandte Davidson ein.
    »Warum sollte ich lügen?«
    »Ich weiß nicht«, entgegnete er. »Warum wohl?«
    »Ich lüge nicht.«
    »Sie lügen«, erwiderte Phillips.
    Ich zuckte zusammen und starrte ihn an. Aus Phillips’ Mund klang es eher wie eine Feststellung, als

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