Blutinsel
«
» Du hast Malcom gehört, wir werden nicht warten, bis er uns alle geholt hat, wir werden uns verteidigen. «
» Ihr habt Waffen « , mahnte Logan. » Wäre ein Kreuz und recht viel Knoblauch nicht wirksamer? Schließlich ist Malcom höchstpersönlich der Geist von Kapitän Belfour erschienen. «
Aiden winkte ab und stellte die leere Kiste unter den Tresen, bevor er ohne Erwiderung im Nebenraum verschwand.
» Noch ein Bier? « , fragte Mia.
» Nein danke, ich hoffe nur, sie machen keinen Blödsinn. «
Mia lehnte sich verschwörerisch über den Tresen. » Malcom hat einen Geisterjäger an der Hand. Er will ihn auf die Insel holen. «
» Einen Geisterjäger, wer soll das sein? «
» Ich glaube, Henry hat ihn im Internet gefunden. Der Geisterjäger hat dort eine Homepage, wo er seine Dienste anbietet. Ist natürlich Blödsinn, aber selbst Aiden lässt sich das nicht ausreden. Sollen sie doch die tausend Dollar investieren. Ich habe Aiden gesagt, dass er sich unterstehen soll. Ich gebe keinen Cent für so einen Humbug aus. «
Logan lächelte und winkte ab. » Weißt du was, schenk mir doch noch eins ein. Kann nicht schaden, wenn noch etwas Geld in die Kasse kommt. Vielleicht wird er ja teurer. «
» Keinen Cent, habe ich gesagt « , scherzte Mia und schob ein Glas unter den Zapfhahn.
Anglewood, Hell’s Kitchen Island, Maine,
17 . März 2007 , 23 . 00 Uhr (Samstag)
Duval fror, wie er noch nie in seinem Leben zuvor gefroren hatte. Seine Kleider waren klamm, und selbst die Decke, die er in einem Rucksack mit sich führte, war feucht geworden. Der Regen hatte nachgelassen, und die Dunkelheit umgab alles, was sich um ihn herum befand. Er saß mit dem Rücken an einen Baum gelehnt und rieb sich seine Glieder, um den Blutfluss zu fördern. Das Rauschen des Wassers und des Windes wurde nur ab und zu vom Schrei eines Nachtvogels durchbrochen, und er wünschte sich, Tyler wäre bei ihm. Das würde alles ein klein wenig leichter machen. Er zog die Decke höher und blickte in die Dunkelheit über ihm. Er hatte gehofft, dass der Himmel aufreißen und ihm zumindest der Mond ein Gefährte für die anbrechende Nacht werden würde, doch er hoffte vergeblich. Das Schicksal hatte es wieder mal nicht gut mit ihm gemeint. Überhaupt war bislang sehr viel in seinem Leben schiefgegangen, und das einzige Glück, an das er sich erninnern konnte, war ein betrunkener Autofahrer, der stockvoll den Gefängnisbus rammte, in dem er gesessen hatte. Und noch ein kleines Stück Glück hatte das Schicksal für ihn übrig gehabt. Er hatte die Zelle in Cedar Junction mit Wesley Tyler teilen dürfen. Und Tyler war zu seinem großen Bruder geworden und vielleicht zum Schlüssel für ein sorgenfreies und glückliches Leben.
Frank Duval schloss die Augen. Er hatte das Gefühl, dass es immer frostiger wurde. Dennoch blieb sein Überlebenswille ungebrochen. Wo sollte er auch hin, er sah nicht einmal die Hand vor seinen Augen. Er brauchte dringend einen Unterschlupf. Morgen, morgen würde er sich auf die Suche machen, morgen, falls er diese Nacht überhaupt überlebte.
18
Landsman’s Chapel, Hell’s Kitchen Island, Maine,
18 . März 2007 , 01 . 50 Uhr (Sonntag)
Der Nachtfrost hielt die Insel im festen Griff umklammert. Die Temperaturen waren bis auf den Gefrierpunkt gefallen. Selbst der Wind hatte der Insel den Rücken gekehrt, und über dem Wasser stiegen Nebelschwaden auf und verhüllten den Hafen. Aber selbst der Nebel wagte es nicht, in dieser mondlosen Nacht über das Ufer an Land zu kriechen. Die Menschen im Village hatten sich in ihre Häuser zurückgezogen und die Türen verriegelt. Die Angst ging um auf dem Eiland. Niemand wusste, wer das nächste Opfer des unheimlichen Mörders werden sollte, der die Leichen grausam verstümmelte und zur Schau stellte. Belfour, der Geist des Piratenkapitäns, davon waren nicht wenige Insulaner überzeugt, steckte hinter den grausamen Taten. Aberglaube war bei den Menschen auf den Inseln im Golf von Maine weit verbreitet. Im Grunde genommen hielten sie sich für Seemänner, nur dass ihr Schiff nicht über den Ozean fuhr und Steine und Erde das Holz der Planken und das Metall des Schiffskörpers ersetzten.
Nur wenige Straßenlaternen brannten im Hafen und entlang der Hauptstraße. Dennoch wollten einige nicht einfach tatenlos abwarten, bis der Geist von Kapitän Belfour erneut zuschlug.
» Es ist viel zu kalt für die Jahreszeit « , sagte Malcom Hurst und schnäuzte in sein Taschentuch.
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