Blutjägerin (German Edition)
ergaben. Die Gefahr konnte sich ebenso gut hinter einem Postboten verbergen, der bemerkte, dass der Briefkasten geleert war oder ein Nachbar, der sie belauschte.
Gott, sie drehte allmählich wirklich durch.
Bisher hatte sie Glück gehabt, ihre Gegnern unterschätzten sie. Das durfte sie nicht vergessen. In Zukunft würden ihre Feinde vorsichtiger sein, nachdem sie einen ermordet hatte. Körperlich war sie einem Vampir trotz ihres regelmäßigen Kampftrainings und der präparierten Waffe in jeder Hinsicht unterlegen.
Dessen ungeachtet wollte sie sich nicht aus ihrer Wohnung vertreiben lassen, und wenn sie hier wirklich nicht mehr sicher war, dann hatte sie neben Doras Wohnung die Möglichkeit, vorübergehend ins Hauptquartier des Ordens zu ziehen. Wie Dominik bereits gesagt hatte, gehörten die Räumlichkeiten nun ihr.
Egal, wo sie wohnen würde, sie brauchte einen gepackten Koffer, eilte durch die Wohnung und sammelte ihre Lieblingssachen ein. Danach setzte sie sich an den Computer und checkte ihre E-Mails. Sie seufzte in Anbetracht der vielen Nachrichten ihrer Kunden.
Sophie nutzte die nächsten Stunden zum Arbeiten, entwarf einige Designs für eine Firma in England, aber entspannen konnte sie sich nicht. Immer wieder wandte sie den Kopf, als lauere der Feind hinter ihren Schultern.
Gegen vier bereitete sie sich eine leichte Mahlzeit und aß am Schreibtisch. Dabei betrachtete sie die Grafik, die sie entworfen hatte, und gab schließlich auf. Ihre Konzentration reichte nicht, eine gute Arbeit abzuliefern. Ihre Gefühle spiegelten sich in dem Mist, den sie soeben produziert hatte. Die Kunden würden ihr einen Vogel zeigen.
Als sie den Computer ausschaltete, klingelte das Handy. Unbekannte Nummer. Mit einem mulmigen Gefühl nahm sie ab. Vielleicht war es Vermont.
Es meldete sich Kommissar Brom. Sie erinnerte sich an den untersetzten Mann, der ihrer Unterhaltung mit Gerald Vermont stumm beigewohnt hatte.
„Hallo, Frau Lacoste. Ich habe den Obduktionsbericht vorliegen.“
„Ja, ich höre.“ Ihre Knie gaben nach, der Raum begann, sich zu drehen. Jetzt nur nicht schwach werden. Sie atmete tief durch.
„Ihr Vater ist an Herzversagen gestorben.“ Seine Stimme klang emotionslos, als überbringe er eine simple Nachricht nach dem Motto: Das von Ihnen bestellte Buch ist eingetroffen, Sie können es abholen.
„Das ist alles?“, bohrte sie, nachdem er kein Wort über den vermeintlichen Vampir verlor oder dass ihr Vater vielleicht einen Mord begangen hatte.
„Im Augenblick ja.“ Er räusperte sich. „Ihr Vater wird noch heute auf den Zentralfriedhof überstellt.“
„Was ist mit dem anderen Mann?“
„Es tut mir leid. Darüber kann ich keine Auskunft gegeben.“
Okay, er würde ihr nichts weiter sagen, also bedankte sie sich für die Nachricht. Sein Anruf weckte die Erinnerung. Sie hatte sie in den vergangenen Stunden erfolgreich verdrängt, doch nun kam die Trauer zurück, legte sich wie Blei über ihr Inneres. Sie spürte, wie ihr Blut erneut in die Beine sackte und ihr schwindelte. Dabei dachte sie wieder an Vermont und die Ruhe, die sie in seiner Nähe empfunden hatte. Unter die Trauer mischte sich Enttäuschung. Warum hatte er sie nicht selbst angerufen? Wenn Brom ihr die Ergebnisse der Obduktion überbrachte, bedeutete das, dass sich Gerald vielleicht gar nicht mehr bei ihr melden würde.
„Eine Frage hätte ich noch. Ermittelt Kommissar Vermont noch in dem Fall?“
„Weshalb?“ Seine Stimme nahm einen scharfen Ton an.
„Ich wollte ihm nur danken.“
„Ich werde es ihm ausrichten.“
„Vielen Dank, Herr Brom.“ Während des Telefonats war sie zum Fenster geschlendert. Ein verbeulter Polizeiwagen rollte auf der Straße im Schritttempo vorbei.
„Verdammt, sie kommen“, fluchte sie und vergaß, dass sie immer noch Brom am Ohr hatte.
„Wer kommt?“
Der Wagen hielt an, jemand stieg aus und blickte zu ihr hoch. Sie erkannte die Person nicht genau, doch ein Gefühl sagte ihr, dass sie einander bereits kannten.
„Sie haben nicht zufällig einen Polizeiwagen zu mir geschickt?“
„Nicht, dass ich wüsste.“
„Dann möchte ich Sie nicht länger aufhalten.“ Sophie legte auf. Ein zweiter Wagen hielt und weitere Personen stiegen aus, unterhielten sich mit dem Fahrer des Polizeiwagens und blickten anschließend in ihre Richtung. Ihr Herz sprang ihr vor Schreck beinahe aus dem Hals. Verdammt, sie musste raus hier, und zwar sofort.
Sie schlüpfte in Schuhe und Jacke und lief nach
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