Blutjägerin (German Edition)
hast dein Leben für unseren Clan riskiert. Dafür stehe ich auf ewig in deinerSchuld.“
Eine heftige Explosion riss das Schlosstor aus den Angeln.
„Wir müssen los“, rief Romain. „Uns bleibt kaum noch Zeit.“ Schüsse surrten von draußen herein.
Gemeinsam liefen sie zur Kellertreppe und hinab in den Weinkeller. Der Zugang zum Tunnel lag in einem leeren Weinfass. Clement und Romain hoben den locker sitzenden Deckel beiseite. Dahinter offenbarte sich ihnen ein grob in Fels und Erdreich geschlagener Tunnel, der knietief mit Wasser geflutet war. Sie stiegen in das Weinfass, als eine weitere heftige Erschütterung das Schloss erfasste. Es bildeten sich bereits Risse in der Kellerdecke und ein Teil stürzte zusammen. Der Weg nach oben war verschüttet.
Das Schloss war verloren.
Gerald riss die Augen auf. Für den Moment gelang es ihm, sich von den Fesseln dieser grausamen Erinnerung zu befreien. Immer wenn er erschöpft war, überkamen ihn die Bilder jener Nacht. Wenn Clement etwas zugestoßen war, dann gab es nur noch ihn, den letzten Ast des Stammbaumes der Vermonts. Welche Berechtigung hatte er dann noch, sich Clan zu nennen, welches Recht, im inneren Rat zu sitzen und über die Agentur zu bestimmen?
Aber das war jetzt Nebensache. Noch hatte er keine Gewissheit über Clements Tod, ebenso wenig wusste er, was mit Sophie geschehen war. Der Gedanke, nur eine geliebte Seele von beiden zu verlieren, war unerträglich. Er würde den Mörder bis ans Ende der Welt jagen.
Es war an der Zeit, mit André über seinen Clan zu sprechen und vielleicht konnte ihm sein Freund auch einen Ratschlag geben, wie er mit seinen Gefühlen für Sophie umgehen sollte. André hatte im letzten Sommer Ähnliches durchgemacht, als Natalie Adam in sein Leben getreten war und er hatte sich trotz aller Gesetze für Natalie entschieden. Was Sophie betraf, war die Sache wesentlich komplexer. Sie war keine Unwissende wie Natalie, sie wusste über sein Volk Bescheid und nicht nur das, sie hasste es.
Der Schrei des Vampirs hallte durch den Saal und ging ihr unter die Haut. Es war ein Schrei voller Zorn. Sophie schaute zu Dominik, der mit den Schultern zuckte.
„Unser Gast ist erwacht“, sagte er gelassen. „Nun wird sich zeigen, ob dein Vater sich mit dieser Zelle ein Denkmal gesetzt hat.“
„Dann werde ich mal nach ihm sehen.“ Sie stand auf, trat vor die Tür der Zelle.
„Soll ich mitkommen?“
„Ich gehe erst mal allein rein“, entgegnete sie, denn sie musste das jetzt durchziehen. Sie hatte Angst, aber es ging hier um mehr als ihre Gefühle.
„Die Zelle wurde noch nie getestet.“
„Er wird mir nichts tun.“ Diese Schlussfolgerung entsprang mehr einem Wunschdenken als der Wahrheit. Sophie wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn er sie zu Gesicht bekam, jetzt, da sie ihn eingesperrt hatten.
Dominik griff vorsorglich nach seiner Waffe und stand auf. „Ich warte hier, schrei, wenn es Probleme gibt.“
„Das werde ich.“
Vorausgesetzt, sie kam noch dazu. Das mulmige Gefühl in ihrem Bauch nahm zu, als sie den Code eintippte. Die Hydraulikzylinder öffneten sich der Reihe nach, dann setzte ein Elektromotor die schwere Tür in Gang, die in den schmalen Vorraum der Zelle führte, der mit einer einseitig durchlässigen Spiegelwand von der eigentlichen Zelle getrennt war.
Mit hochrotem Kopf, zornverzerrter Miene und fingerlangen Reißzähnen, die wie tödliche Klingen wirkten, versuchte der Vampir, sich gegen die Fesseln zu stemmen, ohne dass sich diese auch nur einen Millimeter dehnten.
„Ich schließe jetzt die Tür“, sagte sie zu Dominik.
Die Metalltür rastete ein und die Hydraulikzylinder schoben ihre Kolbenstangen in die Vertiefungen des Türrahmens. Nun war sie hier gefangen. Sollte er sich losreißen, würde sie der Zelle nicht schnell genug entkommen können. Sie atmete tief durch und versuchte, die aufkommende Unruhe zu unterdrücken. Die Anspannung und die warme, stickige Luft in diesem Raum trieben ihr Schweiß auf die Stirn.
An der Wand aus dickem Spiegelglas sträubte sich alles in ihr, die Zelle zu betreten. Nicht nur, weil sie Angst vor dem Vampir hatte, sondern ihm unter die Augen zu treten, nachdem er ihr geholfen hatte. Ohne ihn würde sie nun blutleer wie vergewaltigt in einer Gasse liegen, nur weil sie ohne nachzudenken in diese Bar gegangen war. Nach ihrem Erlebnis in der Pathologie hätte sie es besser wissen sollen, was Alleingänge betraf. Sie war keine Jägerin, nur ein Lehrling,
Weitere Kostenlose Bücher