Blutjägerin (German Edition)
der seine Ausbildung abgebrochen hatte.
Wenige Sekunden stand sie hinter der Glaswand, da beruhigte der Vampir sich, hob den Kopf und schaute in ihre Richtung.
„Ich sehe dich nicht, aber ich weiß, dass du da bist, ich fühle es, ich rieche es …“ Er brach ab, sog die Luft tief ein und starrte ihr aus weit aufgerissenen Augen entgegen.
Sein Blick ließ sie erzittern, lief ihr eiskalt den Rücken hinunter.
Sophie hielt es nicht länger aus, sich zu verstecken. Es hatte ohnehin keinen Zweck. Die verspiegelte Glaswand schien keine Wirkung auf die Sinne eines Vampirs zu haben. Hoffentlich funktionierten die anderen Sicherheitsvorkehrungen besser. Sie öffnete die Schlösser der gläsernen Verbindungstür, die der Schließmechanik der Metalltür in nichts nachstand. Mit bleiernen Schritten betrat sie die Kammer. Er folgte ihr mit seinen Augen, ohne ein Wort zu sagen. Selbst als sie stehen blieb, blieb erstumm, musterte sie und sie erkannte an seiner versteinerten Miene nicht, ob er verwirrt war oder sie auf der Stelle töten wollte.
„Überrascht?“, fragte sie ihn. Sophie versuchte, an das Video und die Stelle zu denken, als er aufgetaucht und ihr Vater zusammengebrochen war. Es machte es einfacher, schürte den Schmerz und die Wut, die sich wie ein schützender Mantel um sie legten und alle anderen Gefühle abblockten.
Der Glatzkopf antwortete nicht, sondern atmete tief durch und entspannte seinen Zorn. Sein Gesicht verwandelte sich in das eines Menschen und seine Reißzähne schoben sich zurück in den Kiefer. Okay, er schien sich erst mal zu beruhigen. Oder war das eine Falle?
„Du fragst dich bestimmt, warum du hier bist.“
„Eine Art Dank, dass ich dich aus der Bar gerettet habe?“ Der Sarkasmus war nicht zu überhören. Er stemmte sich gegen die Fesseln. Sein Bizeps unter der Jacke spannte sich auf die Größe eines mittleren Baumstamms. „Beeindruckende Fesseln“, knurrte er.
„Mein Vater hat die Zelle gebaut. Du kennst ihn bestimmt.“
Sophie hatte mit Wut und Aggression gerechnet, aber seine ruhige Art, sie anzusehen, brachte sie aus dem Konzept.
„Vielleicht erinnerst du dich, wenn ich sage, dass du dabei warst, als er starb.“ Jedes einzelne Wort kostete sie Überwindung, erinnerte an die letzten Szenen der Aufzeichnung.
„War ich das?“
Er starrte sie aus dunklen Augen an und sie glaubte, zu spüren, wie er versuchte, in ihre Gedanken einzudringen. Ein auf akustischen Wellen gestütztes System sollte diese Fähigkeit in dem Raum blocken und es funktionierte allem Anschein nach, denn sonst wäre sie längst auf dem Boden.
„Du warst auch der Einzige, der sah, wie er starb. Mit Ausnahme einer Kamera, die den Augenblick mitgefilmt hat.“ Sophie setzte sich auf einen Hocker, beobachtete, wie ein Schatten über sein Gesicht huschte, ehe er sich wieder in der Gewalt hatte.
„Was denkst du, ist passiert?“, fragte er.
„Das wollte ich dich fragen. Deshalb bin ich dir in die Bar gefolgt.“
Ihre Antwort brachte ihn ein weiteres Mal aus der Fassung, wandelte seine steinerne Miene in eine nachdenkliche. „Du glaubst, ich hätte ihn getötet.“
„Ich weiß nur, was ich gesehen habe.“
„Und das wäre?“
„Einen Mann, der aussah wie du. Er hat die Hand gehoben und mein Vater ist tot umgefallen.“ Das auszusprechen gab ihr einen Stich und sie hielt einen Moment die Luft an, bis das Ziehen in ihrer Brust nachließ. Sie durfte jetzt nicht ihren Gefühlen nachgeben, sie musste stark sein.
„Das passt natürlich wunderbar zusammen.“ Der Vampir nickte, verzog nachdenklich die Lippen. „Was passiert nun? Wirst du mich töten oder hier verhungern lassen? Sag schon, welchen grausamen Tod habt ihr Jäger euch für mich ausgedacht, damit mein Schädel bald eine Wand zieren kann?“
Dabei musste sie an das Zimmer ihres Vaters denken und die fürchterlichen Trophäen an der Wand. Ihr Magen krampfte sich zusammen. „Ich stehe nicht auf so etwas. Ich möchte nur wissen, was an diesem Abend passiert ist und warum du ihn getötet hast.“
„Und danach lässt du mich einfach so gehen? Durch diese Tür da in die Freiheit? Was werden deine Jägerfreunde dazu sagen?“
Seine ruhige, sarkastische Art machte sie wütend. Wenn er ihren Vater nicht ermordet hatte, steckte sie in einer Zwickmühle. Sie konnte ihn nicht einfach freilassen. Zweifellos würde er sich rächen und wenn nicht, konnte sie ihn nicht vor Dominiks Augen zur Tür hinausspazieren lassen. Verdammt, er war ein
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