Blutjägerin (German Edition)
ist kein Grund, dem Rat den Rücken zu kehren. Denkst du, ich wusste das nicht? Du hast so viel für unsere Sache geopfert. Vielmehr quält mich die Sorge um Clement. Erzähl mir, was passiert ist.“
Gerald erzählte alles und schloss mit der Beichte über seine Gefühle für Sophie. Er verschwieg auch nicht, dass es nicht das erste Mal war, dass er ihr begegnet war und sein Herz an sie verloren hatte. „Nun weiß ich, wie du dich letztes Jahr gefühlt hast, André.“
„Richters Tochter?“ André strich über sein Gesicht. „Weiß sie, was du bist?“
„Nein, natürlich nicht, dann würde ich wahrscheinlich nicht mehr leben.“
„Ich sagte beobachten, Gerald, nicht verlieben.“ Andrés Blick war zunächst todernst, dann entspannte es sich und er lachte. Er klopfte Gerald auf die Schulter und schenkte ihm einen weiteren Whiskey ein. „Kompliment, du hast meine Komplikationen in Sachen Liebe soeben getoppt. Eine Jägerin, Gerald? Eine Jägerin!“ Er legte den Kopf zurück und lachte schallend.
Gerald war erleichtert, dass André die Komik darin sah, aber der Ernst der Sache blieb. „Wenn du willst, dass ich von meiner Position zurücktrete, steht es dir frei, so zu entscheiden. Ich verstoße gegen die Gesetze, die ich vertreten soll und die Bezeichnung Clan mag wohl auch nicht mehr auf mich zutreffen.“
André lächelte milde. „Wenn ich eins durch Natalie gelernt habe, dann, dass man die Liebe nicht in Schranken weisen oder durch Gesetze verbieten kann. Als wir den Rat gründeten, haben wir Fehler gemacht, aus guter Absicht wohlgemerkt. Aber es wird Zeit, einige Gesetze zu überarbeiten.“
„Du denkst also, ich soll meinen Gefühlen für die Jägerin freien Lauf lassen?“ Das wäre himmlisch, aber auch verrückt.
„Ich kann dir nicht sagen, was du tun sollst. Bedenke, sie hasst Vampire von ganzem Herzen. Vorausgesetzt, wir finden sie, wirst du einen Weg finden müssen, mit ihr fertig zu werden.“ Er lachte wieder leise und schüttelte amüsiert den Kopf.
Gerald konnte nicht anders als mitzulachen. Das Ganze war das Peinlichste, das er je erlebt hatte, aber er war froh, in André einen Leidensgenossen gefunden zu haben und sich dessen Unterstützung sicher zu sein. Mit dem Whiskey in seinem Blut und André im Rücken kam eine tiefe Erleichterung über ihn. Die Sache war vielleicht nicht so aussichtslos, wie er gedacht hatte.
Wieder in Venedig verglich Jonathan seine Übersetzung mit der des Originaltextes aus Rom. Er fragte sich, wie Arthur von Haineck in der Lage gewesen war, dieses Serum ohne die Hilfsmittel, die heute zu Verfügung standen, herzustellen. Es war kein einfaches Rezept, das man in einem Glaskolben zusammenmischte, wie er bisher geglaubt hatte. Alles deutete darauf hin, dass dieser Alchemist seiner Zeit um Jahre voraus gewesen war. Wahrscheinlich endete das Leben des Alchemisten deshalb auf dem Scheiterhaufen. Und seine Unterlagen in den Archiven Roms. Es musste sich um die Texte eines Inquisitors handeln, der das dämonische Handeln des Alchemisten aufgezeichnet hatte.
Neben dem Genetiker, der sich um die Zusammenführung der Bestandteile kümmern musste, fehlten Jonathan noch immer zwei Zutaten, um es zu vollenden. Das Blut eines reinblütigen Vampirs. Es gab in den Aufzeichnungen nur zwei Clans, die im Zwanzigsten Jahrhundert dafür infrage kamen, den der Barovs und der Vermonts. Keine andere Linie war über mehr als fünf Generationen nachweislich unverfälscht. Es war immer ein menschliches Dienstmädchen oder ein halbblütiger Knecht im Spiel gewesen.
Die andere Zutat stellte ihn vor ein Rätsel. Das Blut eines unverwandelten Mischlings, lautete die Zeile. Anfangs hatte er den Text mehrfach überprüft und den Fehler in seiner Übersetzung gesucht. Er wusste über die verschiedenen Erscheinungen Bescheid, die durch Vermischung unterschiedlicher humaner und tierischer Gene entstanden. Von einem unverwandelten Mischling hatte er allerdings noch nie gehört.
„Dann schau in den Spiegel“, sagte eine Stimme in seinem Kopf.
Jonathan wandte sich um, sah den Assassinen hinter sich, der wie üblich aus dem Nichts auftauchte.
„Was meinst du damit?“
Jede Begegnung mit dem Assassinen war ein Kampf mit seinem Verstand. Sein Vater kam und verschwand, wie es ihm passte, tauchte für Tage unter, um dann plötzlich hinter ihm zu stehen. Eigentlich war er froh darüber, denn die Anwesenheit eines Assassinen, auch wenn es sein Vater war, beunruhigte ihn. Er zweifelte
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