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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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Boden darunter standen Slipper. Anne zog aus der hinteren Hosentasche ein wulstiges Portemonnaie, in dem sich ein Ausweis, der Führerschein, eine EC- und Kreditkarte sowie zehn Fünfzig-Euro-Scheine, dreißig Zwanzig-Euro-Scheine und mehrere Zehn-Euro-Scheine befanden. Also, anscheinend kein Raubmord. Aber |40| eine Menge Geld. Der Tote hatte auch noch seine Armbanduhr an, eine teure Marke, für die so mancher Hollywoodschauspieler warb.
    Sie bemerkte auf dem Tisch in einem randvoll mit Asche gefüllten Teller eine papierne Banderole sowie Zigarrenstummel. Sie roch daran. „Eine Cohiba. Die hier kostet mindesten fünfzehn Euro“, stellte Anne laut fest, während sie die Banderole und den Zigarrenrest in eine kleine Plastiktüte hineinlegte und sie beschriftete.
     
    „Ziemlich exklusiver Geschmack für einen Schrebergärtner, findest du nicht auch? Hallo, Anne.“ Staatsanwalt Jochen Sommer stand in der Türöffnung und beobachtete Anne.
    „Hallo, Jochen.“ Anne lächelte, als sie den Staatsanwalt bemerkte. Mein Gott, ich habe fast vergessen, was das für ein gut aussehender Mann ist, fuhr es ihr durch den Kopf. Sieht aus wie ein junger Harrison Ford. Und wie immer perfekt gekleidet – dunkelgrauer Anzug, sicher von einem exklusiven Herrenausstatter. Sogar ein hellblaues Einstecktuch, passend zur Krawatte, blitzte aus der Brusttasche hervor.
    Im letzten Jahr war sie mit Jochen ein paar Mal ausgegangen. Es folgte eine sechsmonatige leidenschaftliche Affäre, die Anne beendet hatte. Seitdem ging sie, falls beruflich es sich vermeiden ließ, dem Staatsanwalt aus dem Weg. Nicht nur wegen des Tratsches im Präsidium. Auch wegen ihrer Erfahrung, dass Beziehungen zu Kollegen meistens tragisch endeten und einer dann immer der Dumme blieb und sich versetzen ließ. Was schwerer für Anne wog, war der Umstand, dass Jochen Sommer zwölf Jahre weniger als sie zählte.
    Es kam nicht so häufig vor, dass ein Staatsanwalt sich am Tatort informierte, nur die eifrigsten oder die einen besonderen Grund hatten, ließen sich blicken.
    Hatte Jochen einen besonderen Grund, hier aufzutauchen? Kam er etwa wegen ihr? Sicher nicht, da sie während der Ermittlungen in diesem Fall sowieso zusammenarbeiteten.
    „Gut siehst du aus Anne, so richtig sommerlich angezogen, wie für eine Gartenparty.“ Jochens Stimme klang belustigt. In seinen dunkelbraunen Augen blitzte der Schalk.
    Anne schaute an sich herunter. Stimmt, ihr Kleid wirkte wie für einen Ausflug ins Grüne gemacht. Aber dies hier ist kein Picknick, sondern harte Arbeit, das wusste sie.
    „Hm, na ja, im Radio hatten sie schönes Wetter vorhergesagt. Wie du vielleicht noch weißt, ziehe ich lieber Kleider als Hosen an“, antwortete |41| Anne verlegen. „Aber du bist doch bestimmt nicht hier, um mir ein Kompliment zu machen? Darf ich dich über die Sache kurz informieren?“
    Jochen hörte aufmerksam zu. Während Anne ihn über das Wesentliche aufklärte, konnte sie schwach sein herbes Aftershave riechen. Über ihren Körper lief ein wohliger Schauer.
     
    „Chefin, die Gaststätte ist zu. Laut Aussagen des Zeugen Rösler liegen die Unterlagen über die Schrebergärten im Vereinszimmer und das ist im ersten Stock. Dazu hat aber niemand einen Schlüssel, außer dem Vorsitzenden und dem Kassierer.“
    Marco schaute zwischen seiner Chefin und dem Staatsanwalt hin und her. Gab es da etwas, was ihm entgangen war? Aber wenn ja, ging ihn das nichts an.
     
    „Sie haben den Toten gefunden?“, fragte Anne den älteren Mann, der sich ihr als Albert Rösler, Pensionär und Gartenwart, vorstellte.
    „Ja, und ich habe nichts verändert, genauso wie es im Fernsehen immer wieder gezeigt wird.“
    Anne schmunzelte. Krimis als Hilfe in allen Lebenslagen.
    Sie notierte die Uhrzeit der Ankunft von Rösler am Tatort und fragte: „Was wissen Sie denn über Harry Kohl, hatte er mit irgendjemand Streit, Feinde? Gab es Probleme?“
    Albert zögerte. „Probleme? Ich weiß nicht so richtig, Probleme gibt es doch überall. Feinde? Nun ja, wie man’s nimmt.“
    „Wie meinen Sie das?“, fragte Anne.
    „Als Vorsitzender eines Vereins muss man manchmal unpopuläre Maßnahmen ergreifen“, entgegnete Albert. Die gewählten Worte hatte er einmal in der Zeitung gelesen, sie schienen der Situation angemessen.
    „Aha, Maßnahmen gegen Vereinsmitglieder. Gegen wen?“ Anne schrieb die Information über die renitenten Mitglieder auf.
    „Wann haben Sie Herrn Kohl das letzte Mal lebend

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