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Blutkirsche

Blutkirsche

Titel: Blutkirsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudrun Weitbrecht
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jahrhundertelang gehalten hatten.
    Dabei fiel ihr auf, dass sie die Mumien schon einmal gesehen hatte, im Filmvorspann von ‚Nosferatu‘.
    „Also, was haben wir?“, fragte Anne. Während der Mediziner das weiße Laken abzog, sah sie sich das Gesicht des Mannes genauer an.
    Doktor Rasch betrachtete den Aufgebahrten und sprach den Obduktionsbefund in ein kleines Mikrofon, das von der Decke hing. „Fünfundfünzigjähriger, jünger wirkender Mann, athletischer Körperbau, hundertzweiundachtzig Zentimeter groß. Guter Ernährungszustand. Gebräunte Haut. Keine Hinweise auf Würgemale, Kratzspuren oder Hämatome am Hals. Bindehaut und Mundhöhle ohne Befund. Bereits weitgehend gelöste Leichenstarre.“
    |88| Der Rechtsmediziner drehte den Toten um. „Leichenflecken auf dem Rücken bis in die hintere Achsellinie. Lassen sich nicht mehr wegdrücken. Der Eintritt des Todes liegt somit vor über sechsunddreißig Stunden.“ Er schob auf dem Rücken mit der Pinzette blaue Male zurück. „Das hier sind keine Leichenflecken, sondern Blutergüsse, sehr wahrscheinlich vom Sturz.
    Am Schädel sind zwei Läsionen, die eine links hoch frontal, schräg nach oben außen verlaufend, zehn Zentimeter glatt berandet und eingeblutet, mit Infraktion der Schädelkalotte. Daneben links occipitial, unmittelbar hinter der Ohrmuschel gelegen, stark eingeblutet und von Haaren bedeckt, eine trianguläre Läsion zwei mal zwei mal ein Zentimeter messend, mit aufgeworfenen Wundrändern, nicht bis zum Periost reichend.“
    „Sind die Verletzungen die Todesursache?“, fragte Anne.
    „Die kleinere von beiden nicht, es ist nur eine oberflächliche Läsion, das Opfer war vielleicht bewusstlos, sicher aber kurzfristig ohne zeitliche und örtliche Orientierung. Aber die zweite tiefe Gewalteinwirkung hat die Kalotte gespalten und ist bis ins Gehirn eingedrungen.“
    „Können Sie anhand der Verletzung die Tatwaffe bestimmen?“, erkundigte sich der Staatsanwalt.
    Anne hätte diese Frage auch gestellt.
    „Nun, ich würde sagen, dass es bei der tiefen Wunde wegen des Verlaufs der Wundränder und der Größe des Einschnitts, ein scharfer Gegenstand gewesen sein muss, etwa eine Axt oder ein Beil. Sauberer Schnitt. Der Schlag wurde von vorne ausgeführt und das mit extremer Heftigkeit.
    Für die zweite oberflächige Verletzung kommt, von den Wundrändern her, eher eine Hacke oder ein ähnliches Werkzeug infrage. Und das ist merkwürdig – ich bin mir sicher, dass bei diesem Verlauf der Kerbe die Waffe von hinten geführt wurde.“
    „Also, zwei Tatwerkzeuge, die von zwei Richtungen aus benutzt worden sind, also vermutlich auch zwei Täter“, sagte Anne überrascht.
    „Ist anzunehmen“, meinte der Rechtsmediziner. „Beide Verletzungen sind nicht post mortem entstanden, es zeigt sich die Blutgerinnung im gleichen Stadium. Sie wurden aber mit unterschiedlichem Kraftaufwand verursacht. Daher ist nicht wahrscheinlich, dass es nur ein Täter ist und dass er zwischen den beiden Attacken die Tötungswerkzeuge gewechselt hat. Die Leiche weist keine Abwehrverletzungen auf, es gibt keine Faserreste oder Hautpartikel unter den Fingernägeln.“
    |89| „Geben die Läsionen Aufschluss darauf, wie groß die Täter gewesen sind?“, fragte der Staatsanwalt.
    Doktor Rasch sah sich noch einmal den Kopf des Getöteten an. „Der Eintrittswinkel liegt so, dass es kleinere Personen gewesen sein könnten, ich bin mir da noch nicht sicher. Allerdings muss man berücksichtigen, wo Täter und Opfer standen – ob es dort Höhenunterschiede gibt.“
    „Aha“, sagte Anne. „Lassen Sie mich es noch einmal festhalten: Zwei Täter, die vielleicht kleiner als der Geschädigte sind. Erinnere mich daran Marco, dass wir daraufhin den Tatort nochmals überprüfen müssen. Aber wahrscheinlich hat die Spurensicherung schon alles gemessen und berücksichtigt.“
    „Geht klar Chefin, notiert“, sagte Marco.
    Anne fuhr fort: „Lassen Sie mich nachdenken: Der Mann wurde vom ersten Schlag überrascht, dreht sich um und gleich darauf erfolgte die zweite heftige Attacke, und er fiel auf den Rücken. Wenn jemand mit solcher Wut zuschlägt, kann es nur etwas Persönliches, eine Beziehungstat gewesen sein. Also müssen wir im nächsten Umfeld suchen. Hacke und Axt sind Werkzeuge, die hauptsächlich im ländlichen Bereich oder von Gärtnern – Schrebergärtnern − benutzt werden.“
    Marco wandte ein: „Könnten auch Hobby-Handwerker sein.“
    Worauf der Staatsanwalt zweifelnd

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