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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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langen Abhang hinunter.
    Die sehnigen Hirsche, die nun zwischen den Bäumen hervorsprangen und direkt in die Schussbahn von Süß’ Bolzen und Scheus Pfeilen liefen, waren ganz anders als die großen, fetten Ochsen, die in den stinkenden Lagerhäusern von Dagoska von den Haken baumelten, aber die Grundlagen des Handwerks fielen Tempel schnell genug wieder ein. Schon bald genügten ein paar schnelle Schnitte mit dem Messer, und dann konnte er das Fell im Ganzen abziehen, wenn Lief das Tier an den Vorderhufen festhielt. Er war beinahe ein wenig stolz darauf, dass es ihm gelang, die Eingeweide in einem einzigen dicken Knäuel herauszuholen, das dann in der kühlen Morgenluft dampfte. Er zeigte Lief, mit welchem Trick das zu bewerkstelligen war, und bald schon waren sie bis an die Ellenbogen blutig, lachten und bewarfen sich wie kleine Jungen mit Stückchen von Innereien.
    Es dauerte nicht lange, und sie hatten fünf zähe, kleine Tierkörper ausgestreckt und schimmernd hinten auf den Karren gelegt, den letzten gehäutet und geköpft. Die Eingeweide lagen auf einem von Fliegen übersäten Haufen, die Häute in einem rotbraunen Gewirr daneben, wie Kleider, die Schwimmer vor einem Bad hastig abgestreift hatten.
    Tempel wischte Scheus Messer an einem Fell ab und deutete mit dem Kopf zur Anhöhe hinauf. »Ich schau mal nach, wo die beiden bleiben.«
    »Ich mache den letzten hier fertig.« Lief grinste zu ihm hoch, als er sich auf Lamms Pferd zog. »Danke, dass du mir gezeigt hast, wie es geht.«
    »Das Lehren ist die edelste Berufung, hat mir Haddisch Kahdia immer gesagt.«
    »Wer ist das denn?«
    Tempel dachte über die Frage nach. »Ein guter, toter Mann, der sein Leben für meins geopfert hat.«
    »Hört sich nach einem beschissen schlechten Geschäft an«, sagte Lief.
    Tempel schnaubte. »Das sehe ich sogar genauso. Ich bin schneller zurück, als du gucken kannst.« Er trabte den Hang hinauf, folgte dem Waldsaum, genoss die Schnelligkeit, die er mit Lamms Pferd erreichte, und gratulierte sich dazu, dass er mit dem Tier endlich zurecht kam. Etwa hundert Schritt weiter vorn sah er Süß und Scheu vom Sattel aus den Wald beobachten.
    »Könnt ihr Schlafmützen nicht ein bisschen schneller schießen?«, rief er.
    »Seid ihr mit den Viechern schon fertig?«, konterte Scheu.
    »Abgezogen, ausgenommen und bereit für den Topf.«
    »Verdammt noch eins«, schnaufte Süß, den elfenbeinbelegten Flachbogen auf den Schenkel gestützt. »Vielleicht sollte mal jemand, der sich damit auskennt, die Arbeit unseres Rechtsverdrehers unter die Lupe nehmen. Nicht dass er aus Versehen Lief das Fell abgezogen hat.«
    Scheu wandte ihr Pferd, und sie ritten zum Wagen zurück. »Nicht schlecht«, sagte sie und nickte ihm anerkennend zu. Es war vielleicht das erste Mal, dass sie das tat, und er stellte fest, dass es ihm gut gefiel. »Wir werden noch einen richtigen Pionier aus dir machen.«
    »Entweder das, oder ich mache hochnäsige Stadtmenschen aus euch allen.«
    »Damit dir das gelingt, müsstest du schon aus härterem Holz geschnitzt sein.«
    »Ich bin aus ziemlich weichem Holz, insgesamt gesehen.«
    »Ich weiß nicht.« Sie sah ihn von der Seite an und hatte eine Augenbraue anerkennend hochgezogen. »Allmählich glaube ich beinahe, dass unter dem ganzen Papier doch ein bisschen Stahl versteckt ist.«
    Er schlug sich mit der Faust an die Brust. »Zink vielleicht.«
    »Na ja, ich würde vielleicht kein Schwert daraus schmieden, aber aus Zink kann man ganz anständige Eimer machen.«
    »Oder Zinkwannen.«
    Sie schloss die Augen. »Bei den Toten. Eine Badewanne.«
    »Oder ein Dach.«
    »Bei den Toten, ein Dach«, sagte sie, als sie über die Hügelkuppe ritten und zu den Bäumen hinuntersahen, »kannst du dich daran erinnern, was ein Dach …«
    Der Wagen kam in Sicht, der Stapel Häute und daneben Lief, der auf dem Boden lag. Tempel erkannte ihn an seinen Stiefeln. Den Rest konnte er nicht sehen, weil zwei Gestalten neben ihm knieten. Zuerst dachte er, der Junge sei gestürzt, und die beiden wollten ihm aufhelfen.
    Dann wandte sich einer der Männer zu ihnen um. Seine Kleidung war aus einem Dutzend verschiedener Häute zusammengeheftet worden, und er trug ein rotes Messer. Er stieß ein höllisches Kreischen aus, die Zunge steif in seinem gähnenden Mund, und es klang hoch und rücksichtslos wie ein Wolf, der den Mond anheult. Und schon rannte er den Hang herauf, ihnen entgegen.
    Tempel konnte nur dasitzen und glotzen, während der Geist auf

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