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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Gebeten bleiben sollen«, sagte er zu Tempel. »Die sind hier draußen eher gefragt als Gesetze.« Damit warf er die Münze in die Luft, sodass sie sich schimmernd in der Morgensonne drehte.
    Tempel grinste und griff danach.
    Scheu schnappte sie ihm weg.
    »Einhundertzwölf«, sagte sie.

PRAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN
    D u schuldest mir …«
    »Einhundertundzwei Mark«, sagte Tempel und drehte sich um. Er war bereits wach. In letzter Zeit wachte er meist vor Morgengrauen auf und war munter, sobald sich seine Augen öffneten.
    »Ganz genau. Dein Typ wird verlangt.«
    »Das geht mir bei Frauen immer so. Ist wohl ein Fluch.«
    »Für die Frauen garantiert.«
    Tempel rollte seufzend seine Decke zusammen. Er war ein bisschen steif, aber das würde schnell vergehen. Die Arbeit machte ihn allmählich hart. Und zwar an Stellen, die lange Zeit weich gewesen waren. Inzwischen hatte er seinen Gürtel um einige Löcher enger schnallen müssen, oder vielmehr hatte er den gebogenen Nagel schon zweimal versetzt, der als Schnalle in dem alten Sattelgurt diente, den er als Gürtel trug.
    »Sag’s mir nicht«, brummte er. »Ich reite als Treiber ganz hinten.«
    »Nein. Sobald du den Trupp mit einem Gebet eingestimmt hast, leiht Lamm dir sein Pferd. Du gehst heute mit mir und Süß auf die Jagd.«
    »Musst du mich jeden Morgen so zum Besten halten?«, fragte er, während er sich einen Stiefel anzog. »Was ist nur passiert, dass du so geworden bist?«
    Sie sah ihn an, die Hände in die Hüften gestemmt. »Süß hat da hinten ein Wäldchen entdeckt und vermutet, dass es dort Wild gibt. Wenn du lieber als Treiber reiten willst, kannst du das natürlich auch. Ich dachte nur, du hättest vielleicht gern ein bisschen Abwechslung, aber mach, wie du willst.« Damit wandte sie sich zum Gehen.
    »Warte, meinst du es ernst?« Im Hinterherlaufen versuchte er, sich den zweiten Stiefel anzuziehen.
    »Würde ich mit deinen Gefühlen spielen?«
    »Ich darf jagen?« Sufeen hatte ihn hundertmal gefragt, ob er mit ihm auf die Jagd gehen wolle, und er hatte regelmäßig mit dem Hinweis abgelehnt, er könne sich nichts Langweiligeres vorstellen. Nach ein paar Wochen Staub und Dreck wäre er nun sogar als Beute lachend durch das weite Land gestürmt.
    »Beruhige dich«, sagte Scheu. »Niemand wäre so blöd, dir einen Bogen in die Hand zu drücken. Süß und ich werden schießen, und Weinender Fels stöbert die Beute für uns auf. Du kommst mit Lief hinter uns her, ihr zieht das Wild ab, zerlegt und transportiert es. Wäre auch keine schlechte Idee, ein bisschen Holz für ein oder zwei kuhscheißefreie Feuer zu sammeln.«
    »Abziehen, zerlegen und kuhscheißefreie Feuer! Aber ja, meine Königin!« Er erinnerte sich an die wenigen Monate, die er im Metzgerviertel von Dagoska mit dem Schlachten von Vieh zugebracht hatte, an den Gestank und die Fliegen, die Knochenarbeit und den schrecklichen Lärm. Ihm war es wie die Hölle erschienen. Jetzt sank er auf die Knie, ergriff Scheus Hand und küsste sie, so dankbar war er für diese Gelegenheit.
    Sie riss sich los. »Hör auf, dich lächerlich zu machen.« Es war noch zu dunkel, um ihr Gesicht zu sehen, aber er glaubte, dass ein Lächeln in ihrer Stimme lag. Sie nahm ihr Messer aus dem Gürtel. »Das hier wirst du brauchen.«
    »Ein eigenes Messer! Und so ein großes!« Er verharrte auf Knien und stieß die Faust in die Luft. »Ich gehe jagen!«
    Einer von Gentilis altehrwürdigen Vettern, der gerade an ihnen vorbeischlich, um sich zu erleichtern, knurrte: »Das interessiert ja wohl keine Sau!«
    Während der erste Schimmer des Morgengrauens den Himmel färbte und sich die Räder des Trupps in Bewegung setzten, ritten die fünf über das struppige Gras. Lief hockte auf einem leeren Karren, den sie zum Transport der Beute mit sich führten, und Tempel versuchte Lamms Pferd davon zu überzeugen, dass sie auf derselben Seite standen. Sie kamen über den Rand einer Senke, die hier vermutlich als Tal durchging, anderswo aber höchstens als Graben bezeichnet worden wäre. Einige Krüppelkiefern, braun und geborsten, drängten sich an ihrem Grund zusammen. Süß saß zusammengesunken im Sattel und ließ den Blick über dieses nicht gerade vielversprechende Wäldchen gleiten. Gott allein mochte wissen, was er zu entdecken hoffte.
    »Sieht das einigermaßen gut aus?«, brummte er, an Weinender Fels gewandt.
    »Einigermaßen.« Die Geisterfrau trieb ihren alten Schimmel mit einem kurzen Tritt an, und sie galoppierten den

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