Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
machen. Es sei denn, Ihre Nichte ist eine so gute Heilerin, dass sie Sangieds Kopf wieder annähen könnte?«
    Savian, den er dabei ansah, antwortete nicht darauf.
    »Hätte ich auch nicht angenommen.« Süß stieg auf Majuds Wagen und hockte sich auf seinen Platz hinter die von Pfeilen gespickte Kiste, sah hinaus auf die schwarze Ebene und war vor dem schwarzen Himmel nur daran zu erkennen, dass seine Silhouette die Sterne verdeckte.
    Tempel hatte in seinem Leben schon einige lange und schlaflose Nächte hinter sich gebracht. Wie die Nacht, in der die Gurkhisen die Mauern einrissen und die Verzehrer kamen, um Kahdia zu holen. Wie die Nacht, in der die Inquisition in den Elendsvierteln von Dagoska nach Verrätern gefahndet hatte. Wie die Nacht, in der seine Tochter starb, und die andere Nacht wenig später, in der seine Frau ihr folgte. Aber eine längere als diese hatte er noch nie erlebt.
    Die Leute starrten angestrengt in das tintenschwarze Nichts und rissen gelegentlich atemlos die Arme in die Höhe, wenn sie eine Bewegung gesehen haben wollten, untermalt von den blubbernden Schreien eines der Goldsucher, der einen Pfeil in den Bauch bekommen hatte und der es laut Corlin nicht bis zum nächsten Morgen schaffen würde. Auf Befehl Savians, der inzwischen nicht nur Vorschläge machte, sondern ungefragt das Kommando übernommen hatte, wurden Fackeln angezündet und ins Gras vor den Wagen geworfen. Ihr flackerndes Licht war beinahe schlimmer als die Dunkelheit, weil dort, wo das Licht nicht hinkam, stets der Tod zu lauern schien.
    Tempel und Scheu saßen schweigend beisammen, und dort, wo Liefs Platz gewesen war, gähnte eine spürbare Leere. Lamms zufriedenes Schnarchen zog die endlose Zeit weiter in die Länge. Schließlich nickte Scheu ein, sackte seitlich ein wenig gegen Tempel und schlief. Er spielte mit der Idee, sie mit der Schulter ins Feuer zu schubsen, entschied sich aber dagegen. Konnte schließlich gut sein, dass er zum letzten Mal die Berührung eines anderen Menschen fühlte. Wenn er die Geister nicht mitrechnete, die ihn morgen töten würden.
    Kaum, dass der graue Morgen genug Licht bot, um einigermaßen sehen zu können, bestiegen Süß, Weinender Fels und Savian ihre Pferde und ritten zu dem Wäldchen, während die übrigen Mitglieder des Trupps atemlos auf den Wagen zusammenrückten und sie beobachteten, die Augen leer vor Furcht und Schlafmangel, und sich an irgendwelchen Waffen oder an einander festhielten. Es dauerte nicht lange, da kamen die drei Reiter wieder in Sicht und riefen, dass auf der windabgewandten Seite des kleinen Wäldchens noch die Feuer rauchten, auf denen die Geister ihre Toten verbrannt hatten.
    Aber sie waren weg. Wie sich herausstellte, waren sie doch sehr praktisch veranlagt.
    Nun war die Begeisterung für Lamms Mut und seine zupackende Art ungebrochen. Luline Buckhorm und ihr Mann dankten ihm unter Tränen im Namen ihrer toten Söhne. Gentili hätte in seiner Jugend offenbar ganz genauso gehandelt, und Häcke hätte es auch getan, wenn da nicht das schlimme Bein gewesen wäre, das ihm zu schaffen machte, seit er sich bei der Erfüllung seiner Vaterlandspflicht in der Schlacht von Osrung verletzt hatte. Zwei der Huren boten Lamm eine Belohnung in ihrer eigenen Währung an, und er zog das durchaus in Betracht, bevor Scheu in seinem Namen ablehnte. Dann kletterte Lestek auf einen Wagen und schlug mit schwankender Stimme vor, dass Lamm vierhundert Mark von dem Geld bekommen sollte, das sie alle dank ihm gespart hatten, was für Lamm überhaupt nicht infrage zu kommen schien, bevor Scheu dieses Angebot in seinem Namen annahm.
    Lord Ingelstad klopfte Lamm auf die Schulter und bot ihm einen Schluck aus seiner besten Flasche Branntwein an, der, wie er sagte, zweihundert Jahre lang in den Kellern seiner Familie in Keln gereift war, die sich nun leider im Besitz eines seiner Gläubiger befanden.
    »Mein Freund«, erklärte der Adlige, »Sie sind ein verdammter Held!«
    Lamm warf ihm von der Seite einen Blick zu, während er die Flasche nahm. »Ich bin verdammt, das stimmt wohl.«

EIN FAIRER PREIS
    E s war höllisch kalt in diesen Bergen hier oben. Die Kinder froren alle, sie hatten Angst, kuschelten sich nachts möglichst nahe an den Feuern zusammen, die Wangen eingefallen und gerötet, der Atem rauchig weiß vor ihren Gesichtern. Ro nahm Pits Hände und rieb sie, blies sie mit warmem Atem an und versuchte, die kahlen Pelze enger um sich zu ziehen, damit sie weniger Kälte

Weitere Kostenlose Bücher