Blutklingen
Moment, dann zuckte sie die Achseln. »Ich hoffe immer noch zu bleiben.« Und sie schenkte noch eine Runde ein.
PLÄNE
E s ist ein Grundstück«, sagte Tempel.
Majud nickte langsam. »Zweifelsohne.«
»Weiter«, fuhr Tempel fort, »würde ich nichts dazu sagen wollen.«
Majud schüttelte langsam den Kopf. »Nein, ich auch nicht. Noch nicht einmal als Eigentümer.«
Das Ausmaß der Goldfunde in Knick war offenkundig stark übertrieben worden, aber niemand konnte bestreiten, dass es hier enorme Schlammvorkommen zu entdecken gab. Da gab es zum einen den trügerischen Matsch, der die Hauptstraße darstellte, und mit dem sich jeder watend und fluchend und schlurfend auseinandersetzen musste. Dann gab es die Dreckspritzer, die bei Regen von jedem Wagenrad in unvorstellbare Höhen geschleudert wurden und die jedes Haus, jede Säule, jedes Tier und jeden Menschen besudelten. Dann gab es den heimtückischen, dünnflüssigen Schlamm, der sich vom Boden hocharbeitete, in Holz und Segeltuch drang und dort Moos und Schimmel aufblühen ließ und schwarze Gezeitenmarkierungen an jedem Gewandsaum im Ort hinterließ. Vor allem gab es endlosen Nachschub an Dung, Scheiße, Kacke und Nachttopfinhalten, den man in jeder Farbe und Form und oft an den unwahrscheinlichsten Orten fand. Und dann gab es natürlich auch noch den allgegenwärtigen moralischen Unrat.
Majuds Grundstück hatte von all dem mehr als reichlich zu bieten.
Ein unbeschreiblich hageres Individuum stolperte aus einem der erbärmlichen Zelte, die man dort wie Kraut und Rüben aufgestellt hatte, brachte ausgedehnt und laut eine große Ladung Rotz hervor und spuckte in den mülldurchsetzten Schlamm. Dann wandte er sich mit einem fürchterlich kriegerischen Gesichtsausdruck Majud und Tempel zu, kratzte sich den schrundigen Bart, zog kurz das ausgefranste, lange Unterhemd hoch, das sofort wieder in die alte Position zurückrutschte, und verschwand wieder in der unaussprechlichen Dunkelheit, aus der er gekommen war.
»Die Lage ist gut«, sagte Majud.
»Hervorragend«, bestätigte Tempel.
»Direkt an der Hauptstraße.« Allerdings war Knick auch so schmal, dass es im Grunde nur diesen einen Weg gab. Das Tageslicht zeigte die Verkehrsschlagader von einer anderen Seite: nicht unbedingt sauberer, im Gegenteil vielleicht sogar, aber zumindest hatte man nicht mehr das Gefühl, inmitten eines Aufruhrs in einer Irrenanstalt zu stehen. Die Flut angetrunkener Verbrecher zwischen den zerfallenen Säulen hatte sich in ein respektableres Rinnsal verwandelt. Die Hurenhäuser, Spielbuden, Spreuhöhlen und Trinkhallen bedienten wahrscheinlich trotzdem ihre Kundschaft, aber sie warben nicht mehr so offensiv für ihre Dienste, als würde morgen die Welt untergehen. Nun traten Unternehmen mit weniger spektakulären Angeboten an die vorbeibummelnden Schnäppchenjäger heran: Gasthäuser, Wechselstuben, Pfandleihen, Schmieden, Stallungen, Metzgereien, Stallungen, die gleichzeitig Metzgereien waren, Rattenfänger und Hutmacher, Leder- und Pelzhändler, Landverkäufer und Gesteinsgutachter, Händler, die Schürfwerkzeuge von ausgesprochen minderwertiger Qualität feilboten, sowie ein Postdienst, dessen Angestellten Tempel schon dabei gesehen hatte, wie er kaum einen Schritt vor den Toren der Stadt Briefe in einen Bach entsorgte. Grüppchen verschlafener Goldsucher schlurften schlecht gelaunt zurück zu ihren Schürfplätzen und hofften vermutlich, genug Goldstaub aus den eiskalten Bachbetten zu kratzen, um sich noch eine Nacht voll Wahnsinn leisten zu können. Hin und wieder kam ein neuer ausgefranster Trupp von Abenteurern an, die in der Stadt ihren jeweiligen Träumen nachjagen wollten und die das Bild, das sich ihm bot, mit derselben Mischung aus Staunen und Entsetzen betrachteten, die auch Majud und Tempel nach ihrer Ankunft gepackt hatte.
So war das eben in Knick. Ein Ort, der von Durchreisenden bevölkert war.
»Ich habe ein Schild«, sagte Majud und klopfte liebevoll mit der Hand dagegen. Es war sauber weiß gestrichen und verkündete in goldenen Lettern: Metallverarbeitung Majud & Curnsbick: Türangeln, Nägel, Werkzeuge, Wagenreparaturen, Hochwertige Schmiedearbeiten aller Art . Darunter stand Metallverarbeitung in fünf weiteren Sprachen – eine kluge Idee in Knick, wo man gelegentlich den Eindruck bekam, dass nicht einmal zwei Menschen hier dieselbe Sprache sprachen, geschweige denn lesen konnten. Auf Nordisch war ein Schreibfehler darin, aber es sah trotzdem viel großartiger
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