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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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vor. »Wenn ich getötet werde, dann sag ich dir eins: Ich werde deinen knochigen Arsch dein Leben lang als Gespenst heimsuchen.«
    »Wenn du getötet wirst, dann glaube ich nicht, dass mein Leben noch so sehr lang sein wird.« Scheu ließ sich aus dem Sattel gleiten, ging mit steifen Beinen über den knirschenden Schnee zum Wagen und sah hinein zu ihren Geschwistern. »Ihr fahrt mit Majud weiter. Er ist ein bisschen knickrig, aber er ist trotzdem einer von den Guten.«
    »Wo gehst du hin?«, fragte Pit.
    »Ich hab noch was vergessen.«
    »Wirst du lange weg sein?«
    Sie brachte ein Lächeln zustande. »Nicht lange. Es tut mir so leid, Ro. Alles, was passiert ist.«
    »Mir auch«, sagte Ro. Das war vielleicht schon etwas. Vor allem war es erst einmal alles, was sie bekommen würde.
    Sie strich Pit über die Wange. Nur ganz leicht, mit den Fingerspitzen. »Wir treffen uns in Knick wieder. Ihr werdet kaum merken, dass ich noch einmal unterwegs war.«
    Ro schniefte, verschlafen und schmollend, und wollte ihr nicht in die Augen gucken, und Pit starrte sie an, die Wangen voller Tränenspuren. Sie fragte sich, ob sie sich wirklich in Knick wiedertreffen würden. Es war Irrsinn, wie Süß gesagt hatte, bis hierher gekommen zu sein, um sie jetzt wieder gehen zu lassen. Aber es hatte keinen Zweck, den Abschied in die Länge zu ziehen. Manchmal ist es besser, man geht eine Sache gleich an, als sich lange davor zu fürchten. Das hatte Lamm immer gesagt.
    »Los!«, rief sie Majud zu, bevor sie die Gelegenheit hatte, ihren Entschluss noch einmal zu überdenken. Er nickte ihr zu, schnalzte mit den Zügeln, und der Wagen ratterte davon.
    »Besser, man geht es gleich an«, flüsterte sie zum Nachthimmel gewandt, kletterte wieder in den Sattel, wandte ihr Pferd und stieß dem Tier die Hacken in die Seiten.

ERHÖRTE GEBETE
    T empel trank. Er trank wie damals, nachdem seine Frau gestorben war. Als ob es auf dem Grund der Flasche etwas gab, das er unbedingt haben musste. Als ob es ein Rennen war, auf das er sein Leben verwettet hatte. Als ob Trinken eine Profession darstellte, in der er es unbedingt zur Meisterschaft bringen wollte. Mit den meisten anderen Berufen hatte er es ja schon versucht.
    »Sie sollten aufhören«, sagte Sworbreck mit besorgtem Gesicht.
    »Sie sollten anfangen«, sagte Tempel und lachte, auch wenn ihm niemals weniger nach Lachen zumute gewesen war. Dann rülpste er und stieß ein wenig Erbrochenes auf. Den Geschmack spülte er mit dem nächsten Schluck hinunter.
    »Sie müssen mal ein bisschen langsamer machen«, sagte Cosca, der diesen Rat selbst auch nicht beherzigte. »Saufen ist eine Kunst, keine Wissenschaft. Man liebkost die Flasche. Man neckt sie. Man umwirbt sie. Ein Schnaps … ein Schnaps … ein Schnaps …« Bei jeder Wiederholung des Wortes formte er die Lippen zum Kuss, und seine Augenlider flatterten. »Saufen, das ist wie … Liebe .«
    »Was zur Hölle wissen Sie denn von der Liebe?«
    »Mehr, als mir lieb ist«, antwortete der Alte, und seine gelblichen Augen schienen in weite Ferne zu blicken. Dann lachte er bitter auf. »Auch verabscheuungswürdige Menschen empfinden Liebe, Tempel. Oder Schmerz. Sie tragen Wunden in sich. Die verabscheuungswürdigen vielleicht sogar ganz besonders.« Er gab Tempel einen Klaps auf den Rücken, was prompt einen Schluck in den falschen Hals schickte und einen schmerzhaften Hustenanfall hervorrief. »Aber wir wollen doch nicht trübsinnig sein! Wir sind reich, mein Junge. Stinkreich. Und reiche Männer müssen sich für nichts entschuldigen. Für mich geht’s jetzt wieder zurück nach Visserine. Ich werde mir zurückholen, was ich verloren habe. Was mir gestohlen wurde.«
    »Was Sie weggeworfen haben«, brummte Tempel, leise genug, dass man ihn über den Lärm nicht hörte.
    »Ja«, überlegte Cosca laut, »bald wird Platz für einen neuen Generalhauptmann sein.« Er machte eine weit ausholende Armbewegung, die das lärmende Gedränge in dem backofenheißen Raum einfing. »All das wird Ihnen gehören.«
    Es war eine Sammlung erstaunlicher Ausschweifungen, die sich hier in der aus einem Raum bestehenden Hütte entfaltete, von einer einzigen, blakenden Lampe erhellt und verhangen mit Tschagga-Rauch, durch den Gelächter und Gerede in verschiedenen Sprachen schallte. Zwei große Nordmänner rangen miteinander, möglicherweise aus Spaß, vielleicht aber auch, weil sie sich umbringen wollten, und die Umstehenden machten ihnen, wenn nötig, dafür Platz. Zwei

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