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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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unruhigen Pferden vorbei, deren dampfender Atem aus den Futterbeuteln drang, machte ein paar knirschende Schritte bis unter die Bäume. Der Lärm der Feier hinter ihm wurde allmählich leiser. Er steckte die Flasche in den gefrorenen Schnee und knöpfte sich mit trunkenen Fingern die Hose auf. Verdammte Scheiße, es herrschte eine eisige Stille. Er legte den Kopf in den Nacken, die hellen Sterne drehten sich und tanzten hinter den schwarzen Ästen.
    Generalhauptmann Tempel. Er fragte sich, was Haddisch Kahdia wohl dazu gesagt hätte. Er fragte sich auch, was Gott wohl davon hielt. Wie war es dazu gekommen? Er hatte immer gute Absichten gehabt, oder nicht? Er hatte immer versucht, sein Bestes zu tun.
    Bloß war sein Bestes leider immer Scheiße gewesen.
    »Gott?«, grölte er zum Himmel hinauf. »Bist du da oben, du Arsch?« Vielleicht war der Allmächtige tatsächlich der gemeine, harte Kerl, als den Jubair ihn immer darstellte. »Gib mir … gib mir einfach ein Zeichen, ja? Bloß ein kleines. Schieb mich einfach in die richtige Richtung. Gib mir … gib mir einfach bloß’n Schubs.«
    »Ich geb dir einen Schubs.«
    Er erstarrte kurz, noch immer tropfend. »Gott? Bist du das?«
    »Quatsch, du Blödmann.« Mit einem Knirschen zog jemand seine Flasche aus dem Schnee.
    Er wandte sich um. »Ich dachte, du wärst davongeritten.«
    »Bin wieder zurückgekommen.« Scheu setzte die Flasche an den Mund und trank einen Schluck, die eine Seite ihres Gesichts lag im Dunkeln, die andere war vom flackernden Feuerstoß im Lager erhellt. »Dachte schon, du kämst nie da raus«, sagte sie und wischte sich den Mund.
    »Hast du gewartet?«
    »’n bisschen. Bist du betrunken?«
    »’n bisschen.«
    »Das kommt uns gelegen.«
    »Mir auch.«
    »Das seh ich«, sagte sie und ließ ihren Blick abwärts wandern.
    Ihm wurde klar, dass er sich noch nicht wieder zugeknöpft hatte, und er fummelte an seinem Hosenstall herum. »Wenn du so dringend meinen Schwanz hättest sehen wollen, hättest du mich einfach fragen können.«
    »Ist zwar ohne Zweifel ein Ding von betörender Schönheit, aber ich bin aus einem anderen Grund hier.«
    »Hast du ein Fenster, aus dem jemand rausspringen muss?«
    »Nein. Aber ich könnte deine Hilfe brauchen.«
    »Könntest?«
    »Wenn alles glattläuft, kannst du einfach zurückschleichen und weiter dein Elend ersäufen.«
    »Wie oft läuft denn bei dir alles glatt?«
    »Nicht so oft.«
    »Könnte es gefährlich werden?«
    »Ein kleines bisschen vielleicht.«
    »Wirklich nur ein kleines bisschen?«
    Sie nahm noch einen Schluck. »Nein. Richtig heftig.«
    »Geht’s um Savian?«
    »Bisschen.«
    »O Gott«, murmelte er, rieb sich die Nasenwurzel und zwang die dunkle Welt dazu, mit dem Schwanken aufzuhören. Zweifel, das war sein Problem. Unentschlossenheit. Zu viel Nachdenken. Er wünschte, er wäre weniger betrunken. Dann wünschte er sich vielmehr, noch viel betrunkener zu sein. Er hatte um ein Zeichen gebeten, oder nicht? Wieso hatte er um ein Zeichen gebeten? Er hatte nie erwartet, eins zu bekommen.
    »Was brauchst du denn?«, fragte er mit leiser Stimme.

UNGÜNSTIGE VORZEICHEN
    P raktikal Wile schob einen Finger unter seine Maske und rieb sich die kleinen, wunden Stellen. Das war zwar nicht das Allerschlimmste an seiner Arbeit, aber doch ziemlich unangenehm.
    »Aber so ist es nun mal«, sagte er und sortierte seine Karten neu, als ob sein schlechtes Blatt dadurch besser würde. »Ich nehme mal an, dass sie inzwischen jemand anderen gefunden hat.«
    »Wenn sie ein bisschen Verstand hat, bestimmt«, brummte Pauth.
    Wile hätte beinahe mit der Faust auf den Tisch gehauen, bremste sich aber gerade noch rechtzeitig, weil ihm einfiel, dass er sich dabei vielleicht die Hand verletzen würde. »Das meine ich mit untergraben! Wir sollen doch aufeinander achten, und du machst mich immer nur runter!«
    »In den Eiden, die ich geschworen habe, war keine Rede davon, dass ich dich nicht runtermachen soll«, sagte Pauth, der ein paar Karten auf den Tisch warf und sich neue vom Stapel zog.
    »Ergebenheit gegenüber Seiner Majestät«, verkündete Bolder, »und Gehorsam gegenüber Seiner Eminenz und das rücksichtslose Ausmerzen von Verrat, aber von Aufeinander-Acht-geben habe ich nichts gehört.«
    »Heißt aber ja nicht, dass das keine schlechte Idee wäre«, murmelte Wile, der sein schlechtes Blatt noch einmal neu sortierte.
    »Du verwechselst die Welt, wie sie ist, mit der Welt, die du gern hättest«, sagte Bolder. »Das

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