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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Unionisten und ein Kaiserlicher beschwerten sich bitterlich, als der Tisch, an dem sie Karten spielten, so derb angerempelt wurde, dass die Flaschen klirrten. Drei Styrer hatten sich eine Spreupfeife geteilt und sich berauscht auf einer aufgeplatzten Matratze in einer Ecke ausgestreckt, irgendwo zwischen Schlafen und Wachen. Freundlich saß mit gekreuzten Beinen da und ließ seine Würfel zwischen ihnen über den Stoff rollen, wieder und wieder und wieder, die Stirn in wilder Konzentration gefurcht, als ob die Antworten auf alle Fragen schon bald auf den zwölf Flächen erscheinen würden.
    »Moment mal«, raunte Tempel, dessen benebeltes Hirn jetzt erst begriff, was er da gerade gehört hatte. »Mir?«
    »Wer wäre denn besser dazu geeignet? Sie haben von dem Besten gelernt, mein Junge! Sie sind in vielerlei Hinsicht ganz wie ich, Tempel, das war schon immer meine Meinung. Große Männer gehen oft in dieselbe Richtung, hat das nicht Stolicus gesagt?«
    »Wie Sie?«, flüsterte Tempel.
    Cosca tippte sich mit dem Zeigefinger in sein fettiges, graues Haar. »Verstand, mein Junge, Sie haben Verstand. Ihre Moralvorstellungen sind zeitweise vielleicht ein wenig eng, aber die werden sich schon weiten, wenn Sie erst einmal harte Entscheidungen fällen müssen. Sie können gut reden, wissen, wie man die Schwächen anderer erkennt, und vor allem kennen Sie sich mit Gesetzen aus. Die ganze Sache mit den starken Armen kommt langsam aus der Mode. Ich meine, natürlich wird man immer ein paar Leute brauchen, die zuschlagen können, aber irgendwann wird das Geld mit Rechtskunde verdient, Tempel.«
    »Was ist mit Brachio?«
    »Hat Familie in Puranti.«
    »Tatsächlich?« Tempel sah zu Brachio hinüber, der in einiger Entfernung hingebungsvoll eine dicke Kanteserin umarmte. »Hat er nie erwähnt.«
    »Eine Frau und zwei Töchter. Wer spricht schon mit Abschaum wie uns über seine Familie?«
    »Was ist mit Dimbik?«
    »Pah! Der hat doch überhaupt keinen Humor.«
    »Jubair?«
    »Verrückt wie Pflaumengelee.«
    »Aber ich bin kein Soldat. Ich bin ein verdammter Feigling!«
    »Das ist eine bewundernswerte Eigenschaft bei einem Söldner.« Cosca reckte das Kinn vor und kratzte sich den Ausschlag am Hals mit der Rückseite seiner gelblichen Nägel. »Ich bin mit einem gesunden Respekt vor Gefahren stets weitaus besser gefahren. Es ist ja nicht so, dass Sie selbst die Klinge führen müssen. Die wichtigste Aufgabe ist das Reden. Bla bla bla und große Hüte. Ach ja, und man sollte wissen, wann man besser nicht sein Wort hält.« Er wackelte mit seinem knorrigen Zeigefinger. »Ich war immer zu beschissen gefühlsduselig. Zu beschissen loyal. Aber Sie? Sie sind ein verräterischer Dreckskerl, Tempel.«
    »Bin ich das?«
    »Sie haben mich sitzen lassen, als es Ihnen passte und Sie neue Freunde gefunden hatten, und dann, als es Ihnen wieder gelegen kam, haben Sie die im Stich gelassen und sind schön zu mir zurück, ohne auch nur ansatzweise so was wie › Wenn Sie gestatten ‹ zu flüstern!«
    Tempel musste erst einmal schlucken. »Ich hatte vielmehr das Gefühl, Sie hätten mich andernfalls umgebracht.«
    Cosca winkte ab. »Kleinigkeiten! Ich hatte Sie schon seit einiger Zeit als meinen Nachfolger im Auge.«
    »Aber … mir bringt doch niemand Respekt entgegen.«
    »Weil Sie sich selbst nicht respektieren. Zweifel, Tempel. Unentschlossenheit. Sie machen sich einfach zu viele Gedanken. Früher oder später werden Sie etwas tun müssen, sonst kommen Sie nie zu was. Wenn Sie sich einmal überwunden haben, werden Sie ein wunderbarer Generalhauptmann sein. Einer der Großen. Besser als ich. Besser als Sazine. Sogar besser als Murcatto. Sie sollten dann aber vielleicht ein bisschen weniger saufen.« Cosca warf seine leere Flasche weg, zog mit den Zähnen den Korken aus der nächsten und spuckte ihn quer durchs Zimmer. »Ist ’ne schlechte Angewohnheit.«
    »Ich will das hier nicht mehr tun«, flüsterte Tempel.
    Cosca winkte auch diesen Einwand beiseite. »Das sagen Sie doch dauernd. Und dennoch sind Sie hier.«
    Tempel erhob sich mit einem schwankenden Ruck. »Ich muss mal pissen.«
    Die kalte Luft schlug ihm so heftig ins Gesicht, dass er beinahe gegen einen der Wachleute fiel, der aufgrund seiner erzwungenen Nüchternheit ein recht grimmiges Gesicht machte. Er stolperte an der Holzverkleidung von Superior Pikes gigantischem Wagen entlang und dachte kurz darüber nach, wie nahe seine Handfläche gerade einem riesigen Vermögen war, kam an den

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