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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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kannst du kämpfen.«
    Tempel schluckte. Dann nahm er die Zügel. »Ich kutschiere.« Es gab eben doch einen Gott. Einen gemeinen, kleinen Gauner, der sich vor Lachen gerade göttlich über Tempel bepisste. Und das bestimmt nicht zum ersten Mal.
    Scheu fragte sich, wie oft sie schon in ihrem Leben ihre jeweils letzte Entscheidung bereut hatte. Zu oft, das stand mal fest. Und so, wie es aussah, würde es heute wieder ganz so weitergehen.
    Sie zog sich über die hölzerne Brüstung auf das geteerte Dach des Wagens, und das Gefährt bockte unter ihren Füßen wie ein schlecht gelaunter Stier, der versuchte, seinen Reiter abzuwerfen. Sie sprang bis nach hinten, ließ ihren Bogen von der Schulter in ihre Hand gleiten, schob sich das Haar beiseite, das ihr ständig in die Augen peitschte, und sah mit zusammengekniffenen Augen über das Plateau.
    »Ach du Scheiße«, murmelte sie.
    Sieben Reiter, wie Tempel gesagt hatte, und sie holten auf. Sie würden nichts weiter tun müssen, als den Wagen zu überholen, ein oder zwei der Pferde aus dem Gespann zu Fall zu bringen, und schon hatte sich die Sache erledigt. Noch waren sie außer Reichweite, vor allem angesichts der Tatsache, dass sie einen ungefähr so sicheren Stand zum Zielen hatte wie auf einem Floß im Wildwasser. Sie konnte ganz ordentlich mit dem Bogen umgehen, aber Wunder vollbringen konnte sie auch nicht. Ihre Augen blieben an der Klappe im Dach hängen, und sie warf den Bogen hin, rutschte auf allen vieren hinüber, zog ihr Schwert und stieß es unter die Verriegelung, an der das Vorhängeschloss saß. Viel zu stark und schwer. Aber rund um die Angeln war der Teer nur schlampig aufgebracht worden, und das Holz war schon überall vergammelt. Sie bohrte die Schwertspitze dort hinein, drehte sie herum, hebelte Späne heraus, dann die Befestigungen, und machte sich dann an der anderen Angel zu schaffen.
    »Sind sie uns noch auf den Fersen?«, hörte sie Tempel kreischen.
    »Nein!«, stieß sie durch die zusammengebissenen Zähne hervor, während sie ihre Klinge unter die Klappe schob und sie aufzuhebeln versuchte. »Ich hab sie alle umgebracht!«
    »Ehrlich?«
    »Nein, verfluchte Scheiße, natürlich nicht!« Und sie fiel mit Schwung auf den Hintern, als die Klappe aus den Angeln brach und freikam. Sie warf das Schwert beiseite, das inzwischen gründlich verbogen war, zog die Klappe mit den Fingerspitzen auf und kletterte in die Dunkelheit hinunter. Der Wagen stieß gegen irgendetwas und machte einen krachenden Satz, riss ihr die Leiter aus den Händen und schleuderte sie zu Boden.
    Licht drang von oben hinein und auch durch die Spalten rund um die Läden. Auf beiden Seiten befanden sich schwere Gitter, mit Vorhängeschlössern gesichert und voller Kisten und Kästen und Satteltaschen, die hin und her schaukelten, klingelten und rasselten. Schätze rollten heraus, Gold schimmerte, Edelsteine funkelten, Münzen kullerten über die Bodenbretter, das Lösegeld für mindestens fünf Könige und dann noch genug für ein oder zwei Paläste. Unter ihr lagen ein paar Säcke, in denen Münzen knirschten. Sie stand auf, rutschte von einem Gitter zum anderen, als sich der Wagen auf seinen quietschenden Federn von einer zur anderen Seite neigte, und sie zerrte den nächstgelegenen Sack bis zu der hellen Linie, die sich zwischen den rückwärtigen Türen abzeichnete. Höllisch schwer, aber sie hatte in ihrem Leben schon jede Menge Säcke geschleppt, und sie war nicht gewillt, sich von diesem kleinkriegen zu lassen. Scheu hatte schon oft genug klein beigeben müssen, aber das hatte sie niemals gern getan.
    Mit fiebrigen Händen zog sie die Riegel zurück, fluchte, Schweiß trat ihr auf die Stirn, und dann hielt sie sich an einem der Gitter fest und trat die Türen auf. Der Wind pfiff herein, sie sah die helle weiße Leere der Hochebene, die ratternden, sich verschwommen schnell drehenden Räder und den Schnee, den sie aufwirbelten, die schwarzen Gestalten der Reiter, die ihnen folgten und jetzt noch näher gekommen waren. Viel näher.
    Sie riss ihr Messer aus dem Gürtel und schlug einen langen Riss in den Sack, grub ihre Faust hinein und warf dann eine Handvoll Münzen aus dem Wagen, dann noch eine, grub die zweite Faust hinein, dann alle beide, verteilte das Gold, als ob sie Saatgut auf den Feldern ihres Hofes ausbrachte. Unwillkürlich fiel ihr ein, wie hart sie als Geächtete gekämpft und als Bäuerin geackert und als Händlerin gefeilscht hatte, um nur einen Bruchteil dessen

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