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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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nicht?« Lorsens Beruf brachte offenbar ebenfalls ein gutes Gespür für Täuschungsmanöver mit sich. »Rollen Sie einmal die Ärmel hoch!«
    »Was?« Der Kaufmann versuchte zu lächeln, hoffte, die Situation vielleicht mit sanften Bewegungen seiner fleischigen Hände zu entschärfen, aber Lorsen ließ sich nicht von der Spur abbringen. Er streckte einen Finger gerade aus, und zwei seiner Praktikale traten vor: bullige Männer mit Masken und Kapuzen.
    »Ausziehen.«
    Clay versuchte, sich dem Griff zu entwinden. »Warten Sie doch …«
    Sworbreck zuckte zusammen, als einer der Praktikale den Kaufmann geräuschlos in den Bauch boxte und dieser zusammenknickte. Der andere riss ihm den Ärmel vom Hemd und drehte ihm den nackten Arm herum. Große Buchstaben waren vom Handgelenk bis zum Ellenbogen auf seine Haut tätowiert, in der alten Sprache. Zwar über die Jahre schon etwas ausgeblichen, aber noch gut lesbar.
    Lorsen neigte den Kopf ein wenig zur Seite, um den Spruch zu entziffern. » Freiheit und Gerechtigkeit . Noble Ideale, auf die wir uns alle verständigen könnten. Wie gefallen sie wohl den unschuldigen Bürgern der Union, die von den Rebellen in Rostod abgeschlachtet wurden, was meinen Sie?«
    Der Kaufmann kam gerade erst wieder zu Atem. »Ich habe in meinem ganzen Leben noch niemanden umgebracht, das schwöre ich!« Sein Gesicht war voller Schweißtropfen. »Diese Tätowierung ist eine Jugendsünde! Die hab ich mir machen lassen, um eine Frau zu beeindrucken! Seit zwanzig Jahren habe ich mit keinem Rebellen mehr gesprochen!«
    »Und Sie haben geglaubt, dass Sie Ihrer Strafe hier, jenseits der Grenzen der Union, entgehen könnten?« Sworbreck hatte Lorsen noch nie zuvor lächeln sehen, und er hoffte sehr, dass er dieses Vergnügen nie wieder haben würde. »Die Inquisition Seiner Majestät hat einen längeren Arm, als Sie sich vorstellen können. Und ein ebenso langes Gedächtnis. Wer in dieser elenden Ansammlung von Hütten sympathisiert noch mit den Rebellen?«
    »Wenn sie das noch nicht taten, als wir kamen«, hörte Sworbreck Tempel raunen, »dann vermute ich mal, spätestens, wenn wir wieder gehen, tun sie das alle …«
    »Niemand.« Clay schüttelte den Kopf. »Hier will niemand etwas Böses, und ich schon gar nicht …«
    »Wo in Naheland sind die Rebellen zu finden?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich würde es Ihnen sagen, wenn ich es wüsste!«
    »Wo steckt der Anführer Conthus?«
    »Wer?« Der Kaufmann starrte blind vor sich hin. »Ich weiß es nicht.«
    »Wir werden sehen, was Sie wissen. Bringen Sie ihn ins Haus. Holen Sie meine Instrumente. Die Freiheit kann ich Ihnen nicht versprechen, aber für ein wenig Gerechtigkeit werden wir heute schon sorgen.«
    Die beiden Praktikale schleppten den unglücklichen Kaufmann in seinen eigenen Laden, in dem sich inzwischen nichts mehr befand, was noch einigermaßen von Wert gewesen wäre. Lorsen stakste hinter ihnen her und schien ebenso begierig, mit seiner Arbeit zu beginnen, wie kurz zuvor die Söldner. Der letzte der Praktikale stellte die Nachhut; in einer Hand trug er die polierte Holzkiste, in der sich die Instrumente befanden. Mit der anderen zog er die Tür geräuschlos zu. Sworbreck schluckte und überlegte, sein Notizbuch beiseitezulegen. Er war sich nicht sicher, ob er heute noch etwas würde schreiben wollen.
    »Wieso tätowieren sich diese Rebellen?«, fragte er leise. »Damit sind sie doch verdammt leicht zu identifizieren.«
    Cosca sah mit zusammengekniffenen Augen in den Himmel, und der Luftzug, den er sich mit dem Hut zufächelte, ließ seine verbliebenen Härchen flattern. »Es stärkt aber auch ihre Ergebenheit. Stellt klar, dass es kein Zurück gibt. Sie sind stolz auf die Schrift. Je mehr sie kämpfen, desto mehr Tätowierungen lassen sie machen. Ich habe einmal einen Mann bei Rostod hängen sehen, dessen ganzer Arm damit bedeckt war.« Der Alte seufzte. »Aber schließlich tun Männer in der Hitze des Gefechts eine Menge Dinge, die sich bei nüchterner Betrachtung als nicht besonders schlau herausstellen.«
    Sworbreck hob die Augenbrauen, leckte an seinem Bleistift und schrieb diesen Satz in sein Notizbuch. Ein leiser Schrei drang durch die geschlossene Tür, dann noch einer. Das erschwerte die Konzentration. Zweifelsohne war der Mann schuldig, aber Sworbreck konnte nicht anders, als sich in die Lage des Kaufmanns hineinzuversetzen, und er fühlte sich so gar nicht wohl an dessen Stelle. Er sah sich um, betrachtete die unaufgeregte

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