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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Plünderung, die achtlose Zerstörungswut, die lässige Gewalt, suchte nach etwas, woran er seine schweißnassen Hände abwischen konnte, und tat das schließlich an seinem Hemd. Seine bisherigen Standards weichten in jeder Hinsicht in besorgniserregendem Tempo auf, wie es schien.
    »Ich hätte erwartet, dass das alles etwas …«
    »Ruhmreicher sein würde?«, fragte Tempel. Das Gesicht des Rechtskundigen war von ausgesprochenem Ekel erfüllt, als er grimmig zum Laden hinübersah.
    »Ruhm ist im Krieg so selten wie Gold im Boden, mein Freund!«, sagte Cosca. »Oder Verlässlichkeit beim Weibsvolk! Das können Sie gern so schreiben.«
    Sworbreck drehte den Bleistift zwischen den Fingern. »Äh …«
    »Aber Sie hätten bei der Belagerung von Dagoska bei mir sein sollen! Da gab es Ruhm genug für tausend Geschichten!« Cosca legte ihm eine Hand auf die Schulter und holte mit dem anderen Arm weit aus, als ob sie sich inmitten einer goldverbrämten Legion befänden und nicht von Rüpeln umgeben wären, die Möbel aus einem Haus schleppten. »Die unzähligen Gurkhisen, die gegen unsere Festung marschierten! Wir waren wenige Furchtlose, die auf den Zinnen der hoch aufragenden Landwälle standen und ihnen die Stirn boten! Und dann, auf Befehl des …«
    »General Cosca!« Bermi kam über die Straße gelaufen, sprang zurück, als ein paar Pferde an ihm vorüberdonnerten, die eine ausgerissene Tür hinter sich herzogen, und setzte dann seinen Weg fort, während er mit seinem Hut den Staub der Tiere wegzuwedeln versuchte. »Wir haben ein Problem. So ein nordländischer Dreckskerl hat Dimbik erwischt, ihm ein …«
    »Warten Sie.« Cosca runzelte die Stirn. »Ein nordländischer Dreckskerl?«
    »Genau.«
    »Ein einzelner Dreckskerl?«
    Der Styrer fuhr sich durch die zerzausten goldenen Locken und schob sich den Hut wieder auf den Kopf. »Ein ziemlich großer.«
    »Wie viele Männer hat Dimbik?«
    Freundlich antwortete, während Bermi noch darüber nachdachte. »Einhundertachtzehn Mann sind in Dimbiks Kontingent.«
    Bermi breitete die Hände aus, als wollte er sich damit von aller Verantwortung freisprechen. »Wenn wir irgendwas unternehmen, bringt er den Hauptmann um. Er sagte, wir sollten denjenigen zu ihm bringen, der das Kommando hat.«
    Cosca massierte sich den runzligen Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger. »Wo ist denn dieser riesenhafte Entführer? Hoffen wir mal, dass wir ihn zur Räson bringen können, bevor er die ganze Kompanie auseinandernimmt.«
    »Da drin.«
    Der Alte betrachtete das verwitterte Schild über dem Eingang. »Stupfers Fleischladen. Was für ein unappetitlicher Name für ein Freudenhaus.«
    Bermi sah hoch. »Ich glaube, es ist ein Gasthaus.«
    »Das ist ja noch unappetitlicher.« Der Alte zog scharf die Luft ein und trat mit klirrenden Sporen über die Schwelle.
    Es dauerte einen Augenblick, bis sich Sworbrecks Augen den Lichtverhältnissen angepasst hatten. Durch die Spalten in den Bretterwänden drang helles Gleißen. Zwei Stühle und ein Tisch waren umgestoßen worden. Einige Söldner standen da und hatten zahlreiche Waffen – darunter zwei Speere, zwei Säbel, eine Axt und zwei Flachbögen – gegen den Geiselnehmer gerichtet, der an einem Tisch in der Mitte des Raumes saß.
    Er war der Einzige, der keinerlei Anzeichen von Nervosität erkennen ließ. Ein großer Nordmann, das stimmte, dem das Haar wild ums Gesicht hing und sich mit dem geflickten Pelz verwob, den er um die Schultern trug. Er schniefte und kaute gelassen. Vor ihm stand ein Teller mit Fleisch und Eiern, und er hielt die Gabel ungeschickt auf seltsam kindliche Art in der linken Faust. Seine Rechte hielt ein Messer auf wesentlich erfahrenere Weise. Es war fest gegen die Kehle von Hauptmann Dimbik gedrückt, dessen glotzäugiges Gesicht hilflos gegen die Tischplatte gepresst dalag.
    Sworbreck hielt kurz die Luft an. Das hier war vielleicht kein Heldenmut, aber doch mindestens Furchtlosigkeit. Er hatte zwar gelegentlich kontroverse Schriften veröffentlicht, und dazu gehörte schon eine bewundernswerte Willenskraft, aber er konnte nicht begreifen, wie ein Mann sich angesichts einer so aussichtslosen Lage so völlig ungerührt geben konnte. Sich unter Freunden als mutig zu erweisen, das war gar nichts. Aber wenn man die ganze Welt gegen sich hatte und dennoch unbeeindruckt weiter seinen Weg ging, das war mutig. Er leckte seinen Bleistift und kritzelte eine entsprechende Notiz aufs Papier. Der Nordmann sah zu ihm herüber, und

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