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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Jedenfalls versuchte er sich das einzureden. Der Schock und ein primitives Verständnis, dass damit nichts gewonnen werden konnte, wenn er sich wieder aufrichtete. Die Welt schwankte, wie er so dalag. Sein Haar klebte irgendwie. Als er seine Kopfhaut berührte, hatte er Blut an den Fingern.
    Dann sah er, dass der Junge einen Stein in der Hand hatte. Einen Stein, der mit blauen Ringen verziert war. Und jetzt auch mit ein paar Tropfen von Tempels rotem Blut.
    »Noy!«, rief der Junge und winkte ihn wieder heran.
    Tempel hatte es mit dem Aufstehen nicht mehr eilig. »Pass mal auf«, sagte er und versuchte es zunächst mit der Gemeinen Sprache. Der Junge schlug ihn mit der leeren Hand. »Pass mal auf!« Jetzt noch einmal auf Styrisch. Der Junge schlug ihn wieder. Er probierte es mit Kantesisch. »Ich habe keine …« Jetzt versetzte ihm der Junge wieder einen Hieb mit dem Stein, erwischte ihn an der Wange und warf ihn auf die Seite.
    Tempel schüttelte den Kopf. Er war benommen. Hörte auch nicht mehr so gut.
    Er packte das, was ihm am nächsten war. Vielleicht war es das Bein des Jungen.
    Bis zu den Knien rappelte er sich auf. Bis zu seinen oder denen des Jungen. Irgendwelchen Knien.
    In seinem Mund schmeckte er Blut. Sein Gesicht pochte. Weh tat es eigentlich nicht. War eher taub.
    Der Junge sagte etwas zu den anderen und hob die Arme, als ob er um ihr Einverständnis fragte.
    Der mit dem Stachelhaar nickte ernst, öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch dann wurde sein Kopf weggerissen.
    Der daneben wandte sich um, wurde jedoch durch den Stockhelm behindert. Espes Schwert hieb ihm den Arm über dem Ellenbogen ab und drang tief in seine Brust. Blut strömte aus der Wunde. Er stolperte wortlos zurück, die Klinge klemmte noch zwischen seinen Rippen.
    Der mit dem vernarbten Gesicht stürzte sich auf Espe, stach nach ihm, schlug nach seinem Schild, und die zwei taumelten über die Lichtung und wirbelten mit den Füßen Funken aus der fast verloschenen Glut des Feuers auf.
    All das geschah während zweier ungläubiger, wackliger Atemzüge, und dann schlug der Junge Tempel noch mal auf den Kopf. Das erschien lächerlich unfair. Als ob Tempel die größte Bedrohung sei. Angetrieben von einem plötzlich aufwallenden Gefühl verletzter Unschuld setzte er zumindest ein Bein wieder auf. Espe hatte den vernarbten Geist in die Knie gezwungen und dellte ihm den Kopf mit dem Schildrand ein. Der Junge schlug wieder nach Tempel, aber der hielt sich fest, bekam ein Stück knochenbesticktes Hemd zu fassen, als seine Knie nachgaben.
    Sie fielen hin, kratzten, schlugen, rissen. Tempel lag unten, die Zähne gebleckt, und er drückte den Daumen in die Nase des Geists, konnte ihn schließlich auf den Rücken werfen, während er die ganze Zeit unwillkürlich darüber nachdachte, was das alles für eine großartige, blödsinnige Verschwendung war, und dass Krieger mit mehr Schlagkraft sich diese philosophischen Überlegungen vermutlich bis nach dem Kampf aufgehoben hätten.
    Der Geist rammte ihm das Knie in den Unterleib, brüllte etwas in seiner Sprache, und sie kugelten zwischen den Bäumen herum und den Hang hinab. Tempel hieb mit seinen blutigen Knöcheln auf das blutige Gesicht des Geists ein und kreischte, als der Geist seinen Unterarm zu fassen bekam und zubiss, und dann waren da plötzlich keine Bäume mehr, nur noch lose Erde unter ihnen, das Rauschen des Flusses wurde plötzlich sehr laut, und es war gar keine Erde mehr da. Sie fielen.
    Vage erinnerte er sich daran, dass Espe etwas von einer Schlucht gesagt hatte.
    Der Wind rauschte, er drehte sich schwerelos. Felsen und Blätter und weißes Wasser. Tempel ließ den Geist los, und sie beide stürzten geräuschlos in die Tiefe. Es fühlte sich so unwirklich an. Wie in einem Traum. Würde er bald mit einem Ruck erwachen und sich bei der Kompanie wiederfinden …
    Der Ruck kam, als er im Wasser aufschlug.
    Es war reines Glück, dass er mit den Füßen voran aufkam. Er tauchte unter, wurde von der Kälte erfasst, von dem überwältigenden Gewicht fast zermalmt und dann in fünf verschiedene Richtungen gleichzeitig geschleudert von einer Strömung, die sich anfühlte, als wolle sie ihm die Arme aus den Gelenken reißen. Weiter und weiter, ein Blatt im Strom, hilflos.
    Sein Kopf entkam der Flut, und er holte erschauernd Luft, Gischt sprühte ihm ins Gesicht, und das wilde Wasser brüllte. Dann wurde er wieder hinuntergezogen, und etwas krachte hart gegen seine Schulter und es riss ihn

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