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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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dass Scheu befürchtete, er würde dem Tier das Rückgrat brechen, aber schließlich bekamen sie das Gespann frei, und Lamm planschte erschöpft zu seinem Pferd zurück. Überall wurde schwer geschuftet, es sei denn, man hieß Dab Süß.
    Aber Scheu hatte sich nie vor Arbeit gefürchtet. Sie hatte schon früh gelernt, dass man sich einer Aufgabe am besten mit ganzem Herzen widmete. Dann gingen die Stunden schneller vorüber, und es war weniger wahrscheinlich, dass man eins mit dem Gürtel übergezogen bekam. Kaum dass sie laufen konnte, hatte sie schon kleine Botengänge übernommen, und kaum dass sie zur Frau herangewachsen war, führte sie den Hof. Zwischendurch hatte sie noch Leute ausgeraubt und war darin ziemlich gut gewesen, aber es war vermutlich besser, darauf nicht lange herumzureiten. Jetzt war es ihre Aufgabe, ihre Geschwister zu finden, aber da das Schicksal nun gerade wollte, dass sie vorher noch ein paar Ochsen durch einen Fluss trieb, hatte sie sich überlegt, sich so richtig ins Zeug zu legen, trotz des Geruchs und des Schmerzes in ihren müden Armen und des eiskalten Wassers, das ihr in die Arschritze lief.
    Endlich kamen sie auf die Sandbank, die Tiere waren triefnass und brüllten, die Wagenräder fassten knirschend in die Kiesel, und Scheus Pferd zitterte unter dem Sattel; dabei war es schon das zweite, das sie heute erledigt hatte.
    »Das nennst du eine verdammte Furt?«, brüllte sie Süß über das Rauschen des Wassers hinweg an.
    Er antwortete mit einem Grinsen, das ledrige Gesicht in amüsierte Falten gelegt. »Wie würdest du es denn nennen?«
    »Ein Flussabschnitt wie jeder andere, der bestens geeignet ist, in ihm zu ersaufen.«
    »Du hättest es mir sagen sollen, falls du nicht schwimmen kannst.«
    »Kann ich sehr wohl, aber dieser verdammte Wagen ist kein Lachs, das kann ich dir sagen.«
    Süß wandte sein Pferd mit einem nur ganz leichten Tritt seiner Hacken. »Du enttäuschst mich, Mädchen. Ich dachte, du bist eine Abenteurerin!«
    »Nicht, wenn ich es vermeiden kann. Bist du so weit?«, rief sie zu Lief hinüber. Der Junge nickte. »Was ist mit dir?«
    Majud winkte schwach. »Ich fürchte, ich bin nie so weit. Machen Sie schon. Los.«
    Und so zog Scheu das Seil noch einmal straff, holte tief Luft, dachte kurz an das Gesicht von Ro und Pit, und schickte sich an, Süß zu folgen. Es wurde kalt um ihre Waden, dann um ihre Schenkel, die Ochsen spähten nervös zum gegenüberliegenden Ufer hinüber, ihr Pferd schnaubte und warf den Kopf hin und her, und keiner von ihnen hatte Lust auf ein weiteres Bad. Lief arbeitete mit seinem Treiberstock und rief: »Schön ruhig, schön ruhig!«
    Das letzte Stück war das tiefste. Wasser strömte um die Ochsen und brach sich mit weißen Schaumkronen an der stromaufwärts gelegenen Seite ihrer Flanken. Scheu zog an ihrem Seil, trieb sie diagonal gegen die Strömung, damit sie letztlich einen geraden Kurs hielten, während der Wagen über das unebene Flussbett ruckelte, die Räder halb unter Wasser. Dann umspülte das Wasser auch die quietschenden Achsen, und der ganze Karren bekam ein wenig Auftrieb, hatte dabei aber leider eine ziemlich blöde Form für ein Schiff.
    Sie sah, dass einer der Ochsen ins Schwimmen kam, den Hals reckte, um die geblähten Nüstern über Wasser zu halten, dann guckte ein zweiter mit angsterfüllten Augen zu ihr rüber, dann ein dritter, und Scheu fühlte den harten Zug des Seils, das sie sich fester um den Unterarm wickelte, um sich mit ganzem Gewicht dagegenzustemmen, während die Hanffasern an ihrem Lederhandschuh zerrten und in die Haut darüber bissen.
    »Lief!«, stieß sie mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Hol sie rüber zu …«
    Eines der Leittiere rutschte aus, die kantigen Schulterblätter traten deutlich unter dem Fell hervor, als es wieder Fuß zu fassen versuchte, und dann glitschte es nach rechts, trat seinem Nachbarn die Beine weg, und schon trieb die Strömung beide zur Seite. Das Seil riss Scheus rechten Arm in die Gerade, als wollte es sämtliche Muskeln und Gelenke zerfetzen, und zerrte sie schon halb aus dem Sattel, bevor sie wusste, wie ihr geschah.
    Nun schlugen die beiden vordersten Ochsen aus, wühlten Gischt auf, brachten das nächste Joch aus dem Kurs, während Lief kreischte und auf sie einschlug. Genauso gut hätte er auf den Fluss einprügeln können, und das tat er auch die meiste Zeit. Scheu zog mit aller Kraft. Genauso gut hätte sie an einem toten Ochsen ziehen können. Was sie wohl auch

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