Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
Vom Netzwerk:
zärtlich.
    Als Tempel die Augen öffnete, war da zunächst nichts als blendende Helligkeit.
    Der Himmel!
    Aber konnte es im Himmel denn so wehtun?
    Also die Hölle.
    Aber in der Hölle war es doch bestimmt heiß?
    Und ihm war verdammt kalt.
    Er versuchte, den Kopf zu heben, beschloss dann aber, dass das viel zu viel Mühe machte. Versuchte, die Zunge zu bewegen, aber das war genauso anstrengend. Eine geisterhafte Gestalt schwebte in sein Sichtfeld, von einem Kranz funkelnden Lichts umgeben, das in seinen Augen schmerzte.
    »Gott?«, krächzte Tempel.
    Die Ohrfeige verursachte ein hohles Dröhnen in seinem Kopf, setzte sein Gesicht auf einer Seite in Brand und sorgte für einen klaren Blick.
    Nein, das war nicht Gott.
    Zumindest nicht so, wie er normalerweise dargestellt wurde.
    Das war eine Frau, und zwar eine blasshäutige. Von den Jahren her nicht alt, aber Tempel hatte den Eindruck, dass diese Jahre recht zehrend gewesen waren. Ein langes, spitzes Gesicht, das noch länger wirkte durch das rotbraune Haar drum herum, das nass an den blassen Wangen klebte und von einem ausgefransten Hut bedeckt wurde, der rund um das Band einige Salzflecken aufwies. Ihr Mund trug einen misstrauischen Zug, und die kleinen Fältchen an den Mundwinkeln ließen darauf schließen, dass das keine Seltenheit war. Sie sah aus, als sei sie an harte Arbeit und harte Entscheidungen gewöhnt, aber rund um ihre schmale Nasenwurzel war die Haut mit hellen Sommersprossen übersät.
    Das Gesicht einer anderen Frau kam dahinter ins Bild. Älter und eckiger, mit kurzem, vom Wind zerzaustem Haar und blauen Augen, die im Gegensatz dazu so aussahen, als ob rein gar nichts sie durcheinanderbringen konnte.
    Beide Frauen waren nass. Genau wie Tempel. Genau wie die Kiesel unter ihm. Er konnte das Plätschern eines Flusses hören und in etwas größerer Entfernung die Rufe und Schreie von Männern und Tieren. Es gab nur eine Erklärung, wie er ganz allmählich und nach Ausschluss aller anderen Möglichkeiten erkannte.
    Er lebte noch.
    Die beiden Frauen hatten sicherlich noch nie zuvor ein so schwaches, wässriges und weniger überzeugendes Lächeln gesehen wie das, das er nun zustande brachte. »Hallo«, krächzte er.
    »Ich bin Scheu«, sagte die Jüngere.
    »Das musst du nicht sein«, erwiderte Tempel. »Ich habe das Gefühl, als würden wir uns schon ganz gut kennen.«
    Angesichts der Umstände hielt er das für einen recht lockeren Spruch, aber sie lächelte nicht. Die wenigsten Leute können über Witze lachen, die mit ihrem Namen zu tun haben, weil sie die in den meisten Fällen nicht zum ersten Mal hören.
    »Ich heiße Tempel.« Er versuchte sich wieder zu erheben und schaffte es dieses Mal zumindest, sich auf den Ellenbogen aufzustützen, bevor er wieder aufgab.
    »Also nicht der Imperator von Gurkhul«, brummte die Ältere aus irgendeinem Grund.
    »Ich bin …« Tempel versuchte zu überlegen, was genau er denn jetzt wohl war. »Ein Rechtskundiger.«
    »So viel zu ehrlich.«
    »Ich glaub nicht, dass ich einem Rechtskundigen schon jemals so nahe gekommen bin«, sagte Scheu.
    »Und, entspricht er deinen Erwartungen?«
    »So mittel, würde ich sagen.«
    »Ihr lernt mich nicht gerade in bester Verfassung kennen.« Mit ein wenig Hilfe der beiden Frauen brachte Tempel sich in eine halbwegs sitzende Haltung und stellte mit gewisser Unruhe fest, dass Scheus Hand am Griff eines Messers lag. Und das war kein scheues, zurückhaltendes Messer, jedenfalls nicht, wenn man nach der Scheide urteilte, und dieser harte Zug um den Mund brachte ihn zu der Vermutung, dass sie auch wenig Zurückhaltung kannte, wenn es darum ging, die Waffe zu benutzen.
    Er achtete vorsichtig darauf, keine ruckartigen Bewegungen zu machen. Das war allerdings auch nicht besonders schwierig, denn selbst kleinste Anstrengungen waren eine echte Herausforderung.
    »Wie kommt man denn als Rechtskundiger in einen Fluss?«, fragte die ältere Frau. »Wenn man jemandem einen schlechten Rat gibt?«
    »Gute Ratschläge sind es meist, die einem den Ärger einbringen.« Er versuchte es mit einem neuerlichen Lächeln, das jetzt seinem sonst so gewinnenden Gesichtsausdruck etwas näher kam. »Du hast mir deinen Namen noch nicht gesagt.«
    Damit erreichte er gar nichts bei ihr. »Nein. Du bist also nicht gestoßen worden?«
    »Ich und ein anderer haben uns gewissermaßen … gegenseitig gestoßen.«
    »Was ist mit ihm passiert?«
    Tempel zuckte hilflos die Achseln. »Keine Ahnung, vielleicht schwimmt

Weitere Kostenlose Bücher