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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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an.
    »Bin ich«, schoss er zurück.
    »Gut«, sagte sie.
    »Gut.«
    Eine Pause. »Gut.«

GRÜNDE
    D as ist ein Land, was?«
    »Sieht mir nach verdammt viel Land aus«, meinte Lief.
    Süß breitete die Arme aus und holte so tief Luft, dass es schien, als wolle er die ganze Welt durch die Nase einsaugen. »Es ist wirklich das Fernland, keine Frage! Weil es so verdammt fern von allem ist, wohin sich ein zivilisierter Mensch normalerweise verirren würde. Und weil man hier so verdammt fern von allem ist, wo man sonst hingehen wollen würde.«
    »Weil es so verdammt fern von überhaupt allem ist«, brummte Scheu und blickte über die leere Weite und das Gras, das sich sanft im Wind wiegte. Weit, weit entfernt, so blass, dass sie beinahe nur Einbildung hätten sein können, zeigten sich am Horizont die grauen Umrisse einer Bergkette.
    »Aber scheiß auf die zivilisierten Menschen, was, Lamm?«
    Lamm hob sanft eine Augenbraue. »Können wir sie auch einfach nur in Ruhe lassen?«
    »Vielleicht kann man sich bei ihnen gelegentlich auch mal ein bisschen heißes Wasser holen«, brummte Scheu und kratzte sich unter der Achsel. Sie hatte auf dieser Fahrt inzwischen selbst einige Passagiere eingesammelt, gar nicht davon zu reden, dass alles an ihr mit Staub überzogen war und ihre Zähne nach salzigem Dreck und trockenem Tod schmeckten.
    »Scheiß auf sie, sag ich, und scheiß auf heißes Wasser! Du kannst ja nach Süden abbiegen ins Kaiserreich und den alten Legaten Sarmis um ein Bad bitten, wenn das dein Ding ist. Oder wieder nach Osten fahren, zur Union, und die Inquisition fragen.«
    »Deren Wasser ist wahrscheinlich einen Tick zu heiß«, brummte sie.
    »Aber sagt mir doch mal, wo kann man sich freier fühlen als hier?!«
    »Da fällt mir kein Ort ein«, gab sie zu, obwohl sie fand, dass diese endlose Leere etwas Wildes an sich hatte. Man konnte sich von so viel Platz beinahe erdrückt fühlen.
    Dab Süß ging das offenbar nicht so. Wieder füllte er seine Lungen bis zum Platzen mit Luft. »Man kann sich leicht in dieses Fernland verlieben, aber es ist auch eine grausame Geliebte. Es macht einem immer falsche Hoffnungen. So ist es mir ergangen, seit ich sogar noch jünger war als Lief. Das beste Gras wächst immer hinter dem Horizont. Das beste Wasser gibt es im nächsten Fluss. Der Himmel ist noch blauer hinter dem nächsten Berg.« Er seufzte tief. »Und bevor du dichs versiehst, knirschen morgens deine Gelenke, du kannst keine zwei Stunden am Stück mehr pennen, weil du dauernd pissen musst, und ganz plötzlich merkst du, dass dein bestes Land schon hinter dir liegt, dass du es gar nicht richtig zu schätzen gewusst hast, als du mitten drin warst, weil du immer nur nach vorn geguckt hast.«
    »Vergangene Sommer sind nicht gern allein«, grübelte Lamm und kratzte sich die sternförmige Narbe an seiner stoppligen Wange. »Jedes Mal, wenn ich zurückgucke, kommt’s mir so vor, als ob sich immer mehr von diesen Drecksäcken hinter mir versammeln.«
    »Irgendwann erinnert einen alles an etwas aus der Vergangenheit. An einen Ort. An einen Menschen. Vielleicht an dich selbst, wie du früher warst. Das Jetzt wird immer blasser und die Vergangenheit immer realer. Die Zukunft schrumpft zu einem Stummel zusammen.«
    Lamm hatte ein kleines Lächeln in den Mundwinkeln, als er in die Ferne blickte. »Die glücklichen Täler der Vergangenheit«, murmelte er.
    »Ich höre alten Säcken zu gern zu, du nicht auch?« Scheu sah mit hochgezogenen Brauen zu Lief hinüber. »Da fühle ich mich immer so gesund.«
    »Ihr jungen Krabben glaubt, das Morgen ließe sich ewig aufschieben«, knurrte Süß. »Mehr Zeit kriegt man genauso wenig wie Geld von einer Bank. Das werdet ihr auch noch merken.«
    »Wenn die Geister uns nicht alle vorher umbringen«, sagte Lief.
    »Schön, dass du uns noch einmal alle auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht hast«, säuselte Süß. »Wenn du keine Lust zum Philosophieren hast, dann hätte ich eine andere Beschäftigung für dich.«
    »Was denn?«
    Der alte Pfadfinder deutete mit einem Nicken auf den Boden. Überall im Gras, flach und weiß und trocken, lag ein ganzer Reichtum an Kuhfladen, nette Erinnerungen an eine wilde Herde, die vor einiger Zeit über das Grasland gezogen war. »Scheiße einsammeln.«
    Scheu schnaubte. »Als ob man nicht schon genug Scheiße sammelt, wenn man dir und Lamm dabei zuhört, wie ihr das Hohelied auf die gute alte Zeit singt!«
    »Mit schönen Erinnerungen kann man leider kein

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