Blutkult (German Edition)
etwas entgegenzusetzen. Immer weiter trieben sie ihn durch den Knochengang zurück in den Saal.
Strygar grinste breit, und nun war es Gier, die sein knochiges Antlitz beherrschte, Gier nach machtverleihendem Blut.
Das breite Eichentor zum Thronsaal öffnete sich, und Dutzende fahlhäutiger Gestalten strömten knurrend wie ein Rudel wilder Tiere herein. Sie waren nur in Fetzen aus Leder und Fell gehüllt. Ihre Gesichter waren verunziert von Bemalungen aus Dreck und Blut, die Eckzähne in ihren Mäulern waren spitz. Nur entfernt erinnerten sie noch an die Menschen, deren Völkern sie einst angehört hatten, bevor sie dem Fürst von Nemar dienten.
„ Kommt herein, meine Strygarer.“ Der Fürst lachte. „Larkyen! Jetzt bist du Futter für die Bestien. Leben bedeutet Blut, Blut bedeutet Leben.“
Strygars Volk hatte Larkyen umzingelt. Sie rissen an seiner Kleidung, verbissen sich in seinem Fleisch. Mit großer Anstrengung musste sich Larkyen eine Gasse durch die Horden der Strygarer kämpfen. Zu dem großen Eichentor gelangte er jedoch nicht, stattdessen fand er zu seiner Erleichterung in einen Seitengang, durch den er rannte, so schnell er konnte.
Nach wenigen Schritten wehte ihm der Geruch von Moder entgegen. Und nach einer Biegung fand er sich im Freien wieder. Nebelschwaden hüllten ihn und seine Umgebung ein, trotzdem konnten sie nicht alles vor seinen Augen verbergen. Er stand am Rande einer in den Stein eingelassenen Grube, die mit unzähligen Leichen gefüllt war. Die Einwohnerschaften ganzer Dörfer und sogar Städte schienen hier zu liegen. Sie befanden sich in allen möglichen Stadien der Verwesung, so das Larkyen nur erahnen konnte, wie lange die Strygarer bereits ihr grausiges Werk verrichteten.
Das offenbar jüngste Opfer ihrer Untaten lag ganz oben. Der nackte männliche Körper war furchtbar verstümmelt. Noch deutlich erkennbar war auf seinem linken Handrücken das Mal einer schwarzen lodernden Sonne. Ganz so, wie es auch Larkyens Handrücken zierte. Nur die Kinder der dritten schwarzen Sonne waren nach der Geburt mit jenem Mal versehen worden.
Die einst so schimmernden Raubtieraugen des Toten blickten stumpf in den Nebelschleier hinaus.
Fassungslos fragte sich Larkyen, wie viele weitere seiner Art in dieser Grube liegen mussten.
Hinter sich hörte er bereits die Horde der Strygarer.
Er flüchtete weiter durch den Gang. Der Weg verlief jetzt wieder abwärts, und nachdem er ein weiteres Tor passiert hatte, fand er sich im warmen Dunst rußgeschwängerter Luft wieder. Die Laute eines Hammers, der auf Eisen schlug, erklangen in gleichmäßigem Takt. Inmitten der Rauchschwaden sah Larkyen einen Schmied, der am Feuer einen Amboss bearbeitete. Der freie Oberkörper des Mannes, glänzte feucht vom Schweiß. Sein Hals wies die Bissspuren zweier spitzer Eckzähne auf.
Der Sterbliche kühlte eine frisch geschmiedete Schwertklinge in einem Wasserbecken ab, dann hielt er sie triumphierend empor und rief „Verkara, Indynor, Rowan, Swantaka, Sigarya. Gepriesen sei die Kraft der Runen!“
Die Namen der fünf altnordischen Runen waren seit jeher ein streng gehütetes Geheimnis der Kinder der schwarzen Sonne gewesen. Umso ungläubiger betrachtete Larkyen den Schmied und seine Arbeit.
Mit der verrußten und noch immer dampfenden Klinge zeichnete der Schmied die fünf Runen in die Luft. Die erste glich einer Sichel, die Nächste war pfeilförmig, die dritte erinnerte an ein Geweih; ein Kreuz und eine Blitzrune folgten.
Schon bald würde der Schmied jene fünf Runen in die Klinge des Schwertes meißeln, woraufhin sich der Stahl schwarz verfärbte. Und auch ein Name würde dem Schwert zuteil werden, denn jede magische Waffe hatte ihren eigenen Namen.
Wie vielen Söhnen und Töchtern der schwarzen Sonne sollte jener Stahl zum Verhängnis werden?
Larkyen stürmte auf den Schmied zu, um ihm einen schnellen, schmerzlosen Tod zu bescheren.
Er folgte einer langen Treppe und trat durch ein Tor, dann fand sich Larkyen in einem riesigen Pferdestall wieder. Aus den Hunderten von Reittieren sah er sein riesenhaftes kedanisches Pferd schon vom weitem herausragen.
Er schwang sich auf den Rücken seines Hengstes Alvan und ritt los. Die zwei Wächter in schweren Silberrüstungen, die es wagten, seinen Weg zu versperren, hatten der größten aller Pferderassen nichts entgegenzusetzen und wurden unter vier mächtigen Hufen zermalmt.
Selbst die massiven Eichentore, die Larkyen auf seinen Weg in das Schloss passiert
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