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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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ich habe eure ganze Unterhaltung gehört. Zweitens, wie kommt es, dass die Meerjungfrau laufen kann?« Das klang nach einer lächerlichen Frage, aber die würde mich so lange plagen, bis ich die Antwort wusste.
    »Sie ist keine echte Meerjungfrau«, antwortete Criminy, und vermied es, einer von uns beiden in die Augen zu sehen. »Aber die kleine Tabitha Scowl hier hatte keine Begabung für etwas anderes im Wanderzirkus. Sie konnte nirgendwo sonst hin, also hab ich ihr einen falschen Fischschwanz und einen Atemzauber besorgt und sie in einen Tank mit Teichwasser gesteckt, um die Pinkies an der Nase herumzuführen.«
    »Ich hatte wohl eine Begabung, nur wolltest du mich nicht als Lehrling nehmen«, entgegnete sie heftig und ballte ihre Hände in lavendelblauen Handschuhen zu Klauen.
    »Ja«, meinte Criminy grinsend. »Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich dir nicht trauen kann.«
    »Na so was«, meinte ich und wich noch weiter zurück. Dabei stolperte ich über das Bein einer toten Gazelle. Criminy fing mich auf, zog mich zu sich herab in den Sand an seine Seite und legte den Arm um mich.
    Gegenüber von uns stand Tabitha auf und schüttelte den Sand aus dem pflaumenblauen Taft ihres zerfetzten Kleides. Es war am Oberschenkel zerrissen und an einigen Stellen verbrannt, und der Effekt war ziemlich verführerisch. Ich fühlte mich reizlos und albern in meinen Männerklamotten, und mein burgunderrotes Kleid fehlte mir mehr denn je.
    Sie stapfte zu der Hütte und wirbelte dabei Sand auf. Im Türrahmen wirkte sie sehr klein, winzig geradezu, wahrscheinlich nicht einmal einen Meter fünfzig groß.
    »Criminy, ist sie –«
    »Ein Kind?« ergänzte er meine Frage. »Sie ist über hundert Jahre alt. Aber sie war erst vierzehn, als sie verwandelt wurde. Offensichtlich hatte sie keine Sehende, die ihr sagen konnte, dass sie sich des Nachts von dunklen Gassen fernhalten solle.«
    Sie kam direkt wieder zurückgestapft, mit einem kleinen perlenbesetzten Täschchen und einem dramatisch wirkenden, federgeschmückten Schlapphut. Sie ließ sich zu Boden fallen, holte eine Puderdose aus dem Täschchen und fing an, sich zu schminken.
    »Goodwill und seine Leute sind verschwunden, um sich um das Feuer in Brighton zu kümmern«, meinte sie, ohne aufzublicken. »Also, wann verschwinden wir von hier?«
***
    Auf der Rückfahrt zum U-Boot kam mir das Floß schrecklich überfüllt vor. Für ein so kleines Geschöpf nahm Tabitha Scowl eine Menge Platz in Anspruch.
    Bevor wir aufbrachen, plünderten wir das Haus und fanden ein paar teure Silbergegenstände und Schmuckstücke, die sich zu stehlen lohnten, aber leider kein geheimes Tagebuch, das die bösen Pläne von Jonah Goodwill skizziert hätte. Wir fanden nicht einmal eine Geheimtür, und auf einer flachen Insel wie dieser gab es natürlich keinen Keller. Der Schauplatz meiner Vision von der Intrige im Keller war definitiv eine Stadt.
    Criminy öffnete die Luke des Bootes, und Tabitha war die Erste auf der Leiter. Ich persönlich hatte nicht übel Lust, sie einzusperren und für den Rückweg in die Zivilisation das Floß zu nehmen.
    »Wenn wir in Brighton ankommen«, sagte Criminy zu ihr, »bist du auf dich allein gestellt.«
    »Fein«, sagte sie. »Ich hatte ohnehin genug davon, einen sprechenden Fisch zu spielen.« Dann lächelte sie verschlagen und meinte: »Und wer weiß? Vielleicht änderst du ja deine Meinung. Ich könnte nützlich sein.«
    Damit stolzierte sie nach hinten in den Schlafraum und knallte die Tür so laut wie möglich zu, was nun überhaupt nicht laut war. Criminy und ich seufzten beide erleichtert auf und ließen uns zu Boden gleiten. Der Flur war so eng, dass wir uns gegenübersaßen und unsere Knie sich in der Mitte trafen. Ich starrte ihn finster an, und er verdrehte dramatisch die Augen.
    »Was kann ich dafür, wenn sich all die jungen Dinger in mich vergaffen?«, fragte er. »Wahrscheinlich liegt es am Akzent.«
    »Den Akzent hat hier jeder«, grollte ich. »Wahrscheinlich ist es dein Haar.«
    Er wechselte zu meiner Wand und legte mir den Arm um die Schultern. »Ehrlich, Liebes, ich habe dieses kleine Luder jahrelang zurückgewiesen. Ich hatte keine Ahnung, dass sie so diabolisch ist. Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich sie mehr gemocht. Oder ihr das Genick gebrochen. Hätte so oder so ausgehen können.«
    »Versuch es gar nicht erst«, gab ich zurück und knuffte ihn. »Sie hat Goodwill alles erzählt. Sie hat uns verraten.«
    »Eigentlich hat sie dich

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