Blutland - Von der Leidenschaft gerufen
meine Seite, die Harpune bereit.
Dieses letzte Gebäude sah aus wie ein Lagerschuppen, eine einfache, fensterlose Hütte mit denselben glatten weißen Mauern und demselben Dach aus orangefarbenen Ziegeln. In meiner Welt würden sich darin ein paar rostige, kaputte Rasenmäher und der längst vergessene Unkrautjäter des Nachbarn finden.
Als wir näher kamen, fühlte ich, wie Criminy sich anspannte, und er richtete seine Harpune auf die Tür.
»Was ist?«, flüsterte ich und brachte schleunigst meine eigene Harpune an meiner Schulter in Stellung, nur weniger anmutig, sodass sie mir dabei beinahe auf die Nase knallte.
»Da drin ist jemand«, sagte er. »Eine Bludfrau. Ich kann sie riechen.«
Stille lag über der Insel, während wir auf die Hütte zuschlichen. Gut, abgesehen von gelegentlichem Muhen und Blöken und dem Klang von Tierhörnern, die gegeneinanderprallten. Aber diese Geräusche waren normal und tröstlich. Aus dem Nebengebäude vor uns hingegen kam kein Laut.
Als wir direkt vor der Tür waren, bellte Criminy: »Wer ist da drin?« in seiner furchterregendsten Stimme.
Drinnen erklang ein leises Geräusch, ein Scharren. Dann ein Husten. Dann ein Wort, ein kaum hörbares, heiseres Flüstern.
»Hilfe.«
»Wir kommen rein!«, rief Criminy und trat die Tür ein.
Drinnen war es stockdunkel, abgesehen von dem perfekten Rechteck aus Sonnenschein, der durch den Türrahmen hereindrang. Winzige Staub- und Sandpartikel tanzten in der Luft, und wir warteten.
Das Husten erklang wieder, dann ein Scharren und ein Rasseln. Ketten.
»Criminy?«, flüsterte sie in der Dunkelheit.
»Tab?«, fragte er und stürmte hinein. »Was haben sie dir angetan, Mädchen?«
Ich stand direkt vor der Tür und wünschte, ich könnte sehen, was drinnen vor sich ging, aber ich hatte Angst, näher hinzugehen. Ich hörte Geklirr und ein lautes Keuchen, und ich beugte mich durch den Türrahmen etwas nach innen.
Aus der Dunkelheit heraus warf sich etwas auf mich, so schnell, dass ich es nicht sehen konnte. Ich versuchte zu schreien, aber mein Schrei wurde abgewürgt, als ich von einem Körper zu Boden geworfen wurde und auf den Sandboden krachte. Klauen legten sich um meine Kehle und drückten mir die Luftröhre zu.
Also tat ich das, was jeder vernünftige Mensch tun würde.
Ich wurde ohnmächtig.
26.
L etitia, Liebes, komm zurück zu mir.«
Criminys verzweifelte Stimme summte von weit weg um mich herum, wie ein lästiges Insekt.
Dann hörte ich eine unbekannte Stimme flüstern: »Was siehst du nur in diesem Ding? Das ist unnatürlich.«
Ich hörte ein Schlucken und ein sehnsüchtiges Seufzen.
Die Stimme war mir fremd, aber der Tonfall war mir nur zu vertraut und holte mich aus der Ohnmacht zurück. Da war etwas, das ich fürchten musste. Ich atmete regelmäßig und hielt die Augen geschlossen.
»Es ist nichts Unnatürliches dabei, jemanden zu lieben«, gab Criminy zurück. »Du hältst es nur für unnatürlich, dass ich nicht dich liebe.«
»Aber ich hätte deine Wahl sein müssen«, sagte sie. »Vor dreißig Jahren, als Merissa dich verlassen hat, war ich da. Und du hast mir Salontricks beigebracht, mich am Kinn getätschelt. Ich war die ganze Zeit da und habe gewartet. Und dann taucht sie plötzlich auf und hängt über dieser blöden Glaskugel rum, und du musst dich unbedingt wie ein liebeskrankes Kind aufführen. Das ist ekelhaft.«
»Du bist ein süßes Mädel, Tab, aber es sollte einfach nicht sein«, erklärte Criminy, dann machte er ein schlürfendes Geräusch und räusperte sich. Seine Ergebenheit rührte mich, doch dann ging mir auf, dass es nur ein Nahrungsmittel für ihn gab, und seine Blutphiolen waren in dem verlorenen Tornister gewesen. Was in aller Welt schlürften die beiden da?
»Es ist noch nicht zu spät, weißt du«, sagte die Frau in lebhaftem aber verführerischem Tonfall.
Oh bitte, dachte ich und verdrehte innerlich die Augen.
»Es war zu spät an dem Tag, als sie auftauchte«, widersprach Criminy. »Sieh mal, Tab, du bist schön und liebenswert und klug und alles, aber es hat einfach nie gefunkt. Du wirst eines Tages einen Bludmann sehr glücklich machen, aber das werde niemals ich sein. Du musst darüber hinwegkommen, Mädchen. Du musst nach vorn schauen.«
»Ach, so wie du damals?«, schnurrte sie. »Ich erinnere mich an dich, in den Tagen, nachdem Merissa dich verlassen hatte. An die Nächte im Moor. Nur du und ich, auf dem Bludaltar im Mondenschein. Das waren gute Zeiten, Crim.«
»Yeah,
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