Blutland - Von der Leidenschaft gerufen
wir hatten Spaß«, antwortete Criminy, und ich hörte, wie sich Verärgerung in seine Stimme schlich. »Aber es war nicht mehr als das.«
»Aber es könnte mehr sein. Ich könnte dem hier und jetzt ein Ende machen. Wir könnten sie uns beide nehmen.«
Schnell wie eine Schlange, war das eigentümliche Klatschen einer schuppenbedeckten Hand gegen ein Gesicht zu hören.
»Sag so etwas nie wieder«, knurrte er. »Oder ich mache dir ein Ende.«
»Hmph!«
»Wenn wir schon dabei sind, Tab, ich bin neugierig. Wie bist du hierhergekommen?«
»Du wusstest nicht mal, dass ich verschwunden war, stimmt’s?«, rief sie aus. »Du egozentrischer Bastard! Du bist mir vielleicht ein König der Fahrenden, weißt nicht einmal, wenn einer deiner Leute fehlt!«
»Emerlie hat gesagt, du hättest einen schwierigen Fall von weiblichen Problemen«, antwortete er; er klang eigenartig verschämt dabei.
»Und du wusstest nicht, dass sie lügt? Sie lügt doch ständig!«
»Was zwischen deinen Beinen vorgeht, ist verdammt noch mal nicht meine Sache«, schnappte er. »Ich hatte andere Sorgen.«
»Ich bin fortgelaufen, wenn du es unbedingt wissen musst.« Sie schniefte. »Gleich als ich gehört habe, dass sie ihre seherischen Fähigkeiten an den Schaustellern ausprobieren soll. Ich wollte nicht, dass sie mich anfasst, das abscheuliche Ding.«
Criminy lachte leise. »Wolltest nicht, dass sie deine wahren Gefühle für mich sieht, eh? Das ist verständlich. Aber ich bin sicher, du bist nicht ganz allein auf dieses bezaubernde Eiland geflüchtet.«
»Ich habe meine Reisetasche gepackt und bin den Spuren zurück nach Wolvenhampton gefolgt. Ich dachte mir, ich könnte mich da ein paar Jahrzehnte lang herumtreiben und warten, bis deine Mätresse wegstirbt oder alt und hässlich wird. Aber die Copper haben mich gefunden, nicht weit vom Wanderzirkus. Zwei von ihnen und der alte Mann.«
Sie verstummte. Criminy wartete. Ich hätte beinahe die Augen aufgemacht und ihr gesagt, sie solle weiter erzählen.
»Er ist ein böser Mensch, dieser Jonah Goodwill. Er hat mich beinahe ausgeblutet, wie du siehst. Schien furchtbar interessiert an dir und deiner Dame.« Sie hielt inne, und ich hörte etwas knacken. Es klang wie ein Knochen. »Ich hatte nicht vor, ihnen alles zu erzählen, aber ich habe es getan.«
»Folter und Ausbluten ist nicht so dein Ding, Kätzchen?«, fragte Criminy, und ich konnte mir das Zucken seiner Mundwinkel und die Belustigung in seinen Augen lebhaft vorstellen.
»Nicht, solange ich nicht am anderen Ende der Peitsche bin«, flüsterte sie mit einem verführerischen Schnurren in der Stimme. Ich hatte schon jetzt genug von dem Biest, und dabei hatte ich sie noch nicht mal zu Gesicht bekommen.
Ich setzte mich auf. Aber als ich die Augen öffnete, erkannte ich, dass ich sie doch schon mal gesehen hatte, auch wenn sie da ziemlich anders ausgesehen hatte. Es war Sirena, die Meerjungfrau aus dem Wanderzirkus, aber sie hatte Beine. Ziemlich lange Beine, die aus ihrem Kleid herausragten, in zerrissenen Netzstrümpfen und hochhackigen Schuhen. Und natürlich lag sie ausgestreckt im Sand und bot Criminy einen ziemlichen Anblick.
Noch verstörender allerdings war der Anblick toter Dinge, die vor dem Schuppen verstreut lagen: Kühe, Ziegen, Schafe, eine Giraffe mit merkwürdig verdrehtem Hals. Nicht ein Tropfen Blut war zu sehen, und die entleerten Körper lagen alle reglos Seite an Seite. Das Ganze wirkte wie eine gruselige Pyjamaparty im Zoo von San Diego. Ich schauderte.
»Letitia, Liebes, wie geht es dir?«, fragte Criminy und streichelte mir übers Gesicht.
Die erst kürzlich gefolterte, aber dennoch großartig aussehende blonde Bludfrau lächelte mir von Criminys Seite aus geziert zu. Als sie mir ins Gesicht sah, grinste sie und zeigte all ihre scharfen kleinen weißen Zähne, gefärbt von Tierblut. Sie erinnerte mich an einen Hermelin, etwas Kleines, Geschmeidiges, das sich dir jahrelang still um den Hals ringelt, und dann plötzlich, ohne besonderen Grund, kratzt es dir die Augen aus.
»Nicht so gut, ehrlich gesagt«, meinte ich, zog mich in die Höhe und wich ein wenig von den beiden in den Schatten der Hütte zurück. Ich befühlte meinen Hals, um den einer von Criminys Schals geschlungen war. »Hat sie mich gebissen?«
»Nein, Mäuschen, sonst wäre sie tot. Sie hat dich nur gestreift, und ich habe dir das Tuch umgebunden, damit sie es nicht noch einmal versucht.« Er sah sie finster an, und sie kicherte.
»Zu allererst,
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