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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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schweigend einen Schritt zurück, um mich ans Periskop zu lassen.
    Mein Sichtfeld wurde scharf, und mir klappte der Unterkiefer nach unten. »Das ist ja schrecklich«, brachte ich nur heraus.
    Genau das war es. Schwerer Rauch quoll aus mehreren großen Gebäuden, die in Flammen standen, und aus einer breiten Schneise der Verwüstung im Westen der Stadt. Es war ein strategisch gelegter Brand. Schwarze Holztürme hoben sich gegen den grauen Himmel ab wie schartige, kaputte Zähne. Sie standen in scharfem Kontrast zum Rest der Stadt, der unbeschädigt schien.
    »Die Fabriken«, sagte Criminy leise. »Und Darkside.«
    »Wie viele Leute haben hier gelebt?«, fragte ich.
    »Vielleicht fünfzigtausend«, sagte er. »Ein Viertel Pinkies und drei Viertel Bludleute, von denen fast alle Fabrikarbeiter oder Schuldknechte waren. Es war eine Sklavenstadt.«
    »Aber ich verstehe das nicht«, meinte ich. »Ich dachte, ihr könnt nicht verletzt werden. So leicht wie Menschen, meine ich.«
    Er lachte bitter. »Oh, nein. Wir können verletzt werden, und wir können sterben. Wir brennen genauso leicht wie deinesgleichen. Unser Blut ist vielleicht anders, aber wir bestehen immer noch aus Fleisch und Knochen. Die meisten Bludleute in dieser Stadt sind tot.«
    Wir hörten die Tür zum Schlafraum aufgleiten, und Tabitha spazierte über den Flur und schnappte mir das Periskop aus den Händen.
    »Du wirst mich da nicht rauswerfen«, sagte sie und warf Criminy ein boshaftes Lächeln zu. »Das wäre gleichbedeutend mit Mord.«
    »Dann lassen wir dich in Feverish, das ist nur ein paar Meilen die Straße entlang«, antwortete er. »Ich will dich nicht dem Untergang weihen, aber genauso wenig will ich weit mit dir reisen. Und übrigens: Du bist gefeuert.«
    »Ha!«, lachte sie gackernd los. »Du kannst mich nicht feuern. Ich kündige.«
    Criminy tippte auf der Instrumententafel herum, drehte an Wählscheiben und legte Schalter um. Ich spürte einen leichten Zug, als das Boot seinen Kurs änderte.
    »Wir fahren um die Stadt herum. Wir werden über das Moor nach Feverish laufen und dann einen Weg zurück nach Manchester finden.«
    »Aber was ist, wenn Goodwill immer noch in Brighton ist?«, fragte ich.
    »Dann kommen wir vor ihm in seinem Zuhause an und warten dort auf ihn«, sagte Criminy entschlossen. »Irgendwas sagt mir, dass der alte Kauz Wert auf Bequemlichkeit und Sicherheit legt. Er wird nur lange genug in Brighton bleiben, um jemand anderem das Aufräumen aufzuhalsen.«
    Das erwies sich als gute Entscheidung. Selbst als unser Floß sich einem einsamen Strand weiter die Küste hinunter näherte, konnte ich immer noch den Rauch der schwelenden Stadt riechen. Es roch nach Barbecue und Winterfeuer, und eine Sekunde lang lief mir das Wasser im Mund zusammen – bis ich mich an die Quelle des verlockenden Duftes erinnerte. Ich beugte mich über die Seite des Floßes und übergab mich.
    Tabitha kicherte. »Sie ist ja sooo hart im Nehmen, eh?«
    »Behalte es für dich, Mädel, wenn du nicht einen liebevollen Schubs haben willst«, gab er zurück, aber er grinste dabei.
    »Ich denke, ein liebevoller Schubs von dir würde mir gar nichts ausmachen«, schnurrte sie.
    »Ich stelle mir dabei keine liebevollen Dinge vor, Tab.«
    Sie schenkte ihm ein blendendes Lächeln und leckte sich über die Reißzähne. Er lachte leise.
    Ich war mehr als nur ein wenig erstaunt. War er tatsächlich dabei, mit dieser mörderischen Harpyie zu flirten?
    Ich wischte mir über den Mund und kauerte mich auf den Boden des Rettungsfloßes; ich fühlte mich elend.
    Verärgert wie ich war, bot ich nicht an, das Floß durch das tödliche Salzwasser zu ziehen, aber die Wellen, die sich am Ufer brachen, erledigten das für mich. Krachend wurden wir an den Strand geworfen, und Criminy sprang heraus, um uns auf den Sand zu ziehen. Tabitha sprang behände zu Boden und spazierte auf das Moor zu. Seine Augen folgten ihrem Hintern, während ich zu seinen Füßen keuchte und hustete.
    Offensichtlich hatte ich eine Rivalin, und Criminy schien es nicht mehr so sehr zu stören wie vorher.
    Das machte mir mehr zu schaffen als mir lieb war.
***
    Nach Feverish war es ein halber Tagesmarsch. Dort war alles unverändert. Keine Feuer, kein Zustrom von neuen Bürgern oder Besuchern der Herberge. Das alles gab Criminy recht: die Bludleute von Brighton gab es nicht mehr. Wir waren verbittert und durchnässt, als derselbe Junge wie beim letzten Mal angerannt kam, um uns zu begrüßen. Ich hatte den

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