Blutland - Von der Leidenschaft gerufen
später hielt Criminy mich fest in seinen Armen. Master Haggard, in einem langen grauen Nachthemd, lehnte sich aus dem Fenster und versuchte, mit seinen Hundeaugen die Dunkelheit zu durchdringen.
»Sie ist weg.« Criminys Tonfall klang endgültig, und er hielt mich noch fester.
»Es tut mir leid, Liebes«, sagte er. »Es tut mir so leid.«
Ich lag noch eine Stunde lang zitternd in seinen Armen, bis ich endlich an seiner Brust einschlief, und dann hatte ich unruhige Träume, bis die roten Strahlen der Morgendämmerung durch das offene Fenster hereinfielen.
27.
C riminy war außer sich vor Wut auf sich selbst; ich konnte ihn gar nicht beruhigen.
»Wie konnte ich das nicht wissen?«, schäumte er. »Warum habe ich es nicht gesehen?«
»Ich denke, du warst ein wenig fixiert auf mich und das Medaillon«, meinte ich geduldig. »Und auf den Geist und Brighton und Erris und den Wanderzirkus. Und den Völkermord.«
»Das ist eine Sache«, antwortete er. »Aber diese verdammte Hexe hat mich mit einem Liebeszauber belegt, und ich habe es noch nicht einmal gemerkt. Hat ihn direkt in meine Tasche geschmuggelt, wahrscheinlich bei unserer Mahlzeit auf der Insel.«
Er zeigte mir ein kleines Beutelchen aus pflaumenblauem Taft, von ihrem Rock abgerissen und mit langen blonden Haaren zusammengebunden. Es wog leicht in meiner Hand, und ich fühlte winzige Knochen und etwas Weiches darin.
»Vogelknochen, Moorgras, Rosendornen und Haare von mir«, erklärte er bitter. »Wahrscheinlich hat sie heimlich in meinem eigenen Zauberbuch gestöbert, als ich gerade nicht hingesehen habe. Ein Liebeszauber.« Er schnaubte. »Drei Zimmer. Spätestens da hätte ich Bescheid wissen müssen.«
»Wenn du nach zwei Zimmern gefragt und sie dann mit in deines genommen hättest, wäre ich absolut ausgerastet«, antwortete ich. »Aber ich dachte … na ja, es spielt keine Rolle, was ich gedacht habe. Es ist vorbei. Lass uns einfach so schnell wie möglich nach Manchester kommen. Bevor sie Goodwill erreicht.«
Er wirkte mehr als glücklich, das Thema fallen zu lassen. Die Reise war schon schwierig genug.
Natürlich war Erris längst weg. Zum Glück erklärte uns Master Haggard, dass das Dorf ein uraltes aber fahrtüchtiges Transportmittel habe, und dass wir es gerne leihen könnten, für zehn Phiolen meines Blutes. Da Brighton in Flammen stand, drohten auch Feverish magere Zeiten. Ich sagte mir ständig, dass zehn Phiolen weniger waren, als es sich anhörte, und dass ich meinen gebrechlichen Patienten schon genauso viel abgenommen hatte. Trotzdem fühlte ich mich danach ein wenig schwindelig. Ich hoffte, das Gefährt war es wert.
Als Master Haggard die knarrenden Türen zu einem alten Stall aufschwang, um uns das Gefährt zu zeigen, musste ich einfach lachen. Ich hatte mir Panzer vorgestellt, Mopeds, Minizüge, sogar ein elektrisches Pferd. Aber wie als Erinnerung an meine alte Welt stand da eine altmodische Märchenkutsche in Silber und rostfleckigem Hellblau. Sie sah ein wenig wie ein vierarmiger Oktopus aus. Es fehlte nur noch ein Gespann aus weißen Pferden und ein Lakai, und ich wäre mir vorgekommen wie Cinderella. Aber da, wo die Pferde hätten sein sollen, war nur Luft, und am hinteren Ende befand sich ein großer Messingkasten mit einem großen Schlüssel daran.
Criminy und Master Haggard rollten es in das schwache Sonnenlicht und stellten sich auf den Kasten, um den Schlüssel zu drehen, wieder und wieder und wieder, wie eine Spieluhr. Je weiter sie drehten, umso schwerer ging der Schlüssel. Beide Männer keuchten und schwitzten, während sie die Feder spannten. Endlich waren sie fertig, und Criminy half mir durch die herzförmige blaue Tür auf eine staubige Bank mit Samtbezug. Er stieg neben mir ein und nahm das Steuerrad aus Messing in beide Hände.
»Danke, Master Haggard«, rief er.
Mit einem langsamen, traurigen Winken trat der alte Mann zurück und rief: »Viel Glück, Junge. Pass auf sie auf. Und vergiss nicht, dass Zauber immer in zwei Richtungen wirken, auch der Ruf. Wenn die Zeit kommt, wird sie ihren eigenen Preis bezahlen.«
Seine letzten Worte verstand ich nicht, aber es hatte geklungen, als stünde ich unter einem Fluch statt unter einem Zauber. Dann hob er eine Phiole mit meinem Blut an die Lippen und trank mit genüsslich geschlossenen Augen. Gruselig. Ich war alles andere als unglücklich darüber, den kleinen Ort Feverish hinter mir zu lassen.
Criminy zog an einem Hebel, und die Kutsche erwachte summend zum
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