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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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und von einem seltsamen, zerbrechlichen Gefühl der Endgültigkeit. Wir nahmen uns Zeit.
    Es machte Spaß unsichtbar zu sein.

31.
    D anach machten wir Licht, und ich sah ihm zu, wie er sich streckte, fasziniert von seiner dunkleren, verwelkten Haut.
    »Wirst du eines Tages so aussehen?«, fragte ich. »Oder wirst du überhaupt je alt?«
    »Es wird noch viel Zeit vergehen, bis ich nach deinen Maßstäben alt bin. Du hattest recht – so sah Antonins Großvater aus. Es ist nur ein simpler Illusionszauber«, antwortete er und fuhr sich mit der Hand durch das lockige weiße Haar. »Wirkt nur auf die Augen. Ich werde noch etwas Duftwasser auftragen müssen, bevor wir nach unten gehen, für den Fall, dass ich jemanden sehe, den ich kenne. Die anderen Bludleute werden mich einfach für ein Landei mit schlechtem Geschmack halten.«
    Ich streckte mich und genoss das Gefühl, vollständig nackt und dabei völlig unbeschämt zu sein, genau so wie in meinen Träumen. Kein Baucheinziehen, keine Sorgen wegen nicht ganz rasierter Körperstellen. Es war so befreiend.
    »Könnten wir nicht eine Zeitlang einfach so bleiben?«, fragte ich. »Es ist nett hier.«
    »Du hast die Wahl, Mäuschen, aber du willst ja dein Medaillon. Deshalb sind wir doch überhaupt hier.«
    »Sei nicht sauer«, bat ich. »Du weißt, dass ich das tun muss. Ich habe eine Verantwortung meiner Großmutter gegenüber. Sie braucht mich. Und es ist auch wegen der Bludleute. Was in Brighton passiert ist, darf nicht auch hier passieren.«
    »Ich weiß, ich weiß«, grollte er. »Mistkerle, allesamt.«
    Er rollte sich aus dem Bett und ließ Wasser ins Becken laufen, dann begann er, sich blindwütig mit einem nassen Handtuch abzuschrubben.
    »Das sieht aus, als wolltest du mich von dir abschrubben«, neckte ich ihn.
    »Natürlich will ich das«, antwortete er heftig. »Verdammt, Frau! Dein Duft, dein dummer, verdammt köstlicher Duft, der sich an meinem ganzen Körper und in jedem Kleidungsstück von mir festgesetzt hat und mich fast in den Wahnsinn treibt. Weißt du, wie sich das anfühlt, wenn man etwas so sehr begehrt, wenn man es so nahe vor sich hat und doch spürt, dass es außer Reichweite ist? Außerhalb jeder Kontrolle?«
    Autsch . Obwohl ich unsichtbar war, überkam mich das dringende Bedürfnis, meine Blöße zu bedecken. Schutz zu suchen. Er war wie ein sich zusammenbrauender Sturm; noch nie zuvor hatte ich ihn so wütend gesehen. Jedenfalls nicht auf mich. Draußen erklang Donnergrollen, und ich spürte es in meinem Brustkorb vibrieren.
    »Warum bist du plötzlich so wütend, Criminy? Was habe ich falsch gemacht?«
    Er zog sich an und starrte dabei mit gerunzelter Stirn ins Leere.
    »Die Kräfte, die ich eingesetzt habe, um dich hierher zu bringen – sie waren nicht leicht erkauft. Du hast die Hexe kennengelernt. Ich habe meinen Handel mit dem Teufel geschlossen; ich habe meinen Preis bezahlt. Und hier bist du, perfekt in jeder Hinsicht. Bis auf die Tatsache, dass dein Herz in einer anderen Welt gefangen ist, in einem anderen Leben, bei diesen anderen Leuten. Und ich kann sie nicht einmal zu einem Duell um dich herausfordern, ich kann sie nicht austricksen oder bezaubern. Sie sind wie Rauch und Spiegel, als würde ich Geister bekämpfen.«
    Er warf seine zerknitterte Krawatte zu Boden und drehte sich zu mir um. Sein Hemd hing offen über der honigfarbenen Haut eines alten Mannes mit kleinen weißen Härchen auf der Brust. Rafaels Gesicht war vor Zorn und Schmerz verzogen, aber es waren Criminys Augen, die mein Herz durchbohrten.
    »Natürlich bin ich wütend. Ich werde mein Leben aufs Spiel setzen – wieder einmal –, um mein eigenes Medaillon zurückzubekommen, damit du mich mit seiner Hilfe verlassen kannst. Und für den Fall, dass wir es nicht schaffen, das Medaillon zurückzuholen, hast du es so eingerichtet, dass du mich dennoch verlassen kannst.«
    »Es tut mir leid«, sagte ich kleinlaut.
    Er versetzte dem Hirschkopf einen Fußtritt, der daraufhin umkippte.
    »Natürlich tut es dir leid. Es ist ein Spiel ohne Gewinner, Liebes. Was hast du diesem Pinkiemädchen im Zirkus gesagt? ›Sagt Eurem Vater, er soll nicht auf das schwarze Pferd wetten?‹ Ich wette auf gar nichts mehr.«
    »Ich habe mich noch nicht entschieden«, erinnerte ich ihn; meine Stimme war leise und verriet mehr von meinen Schuldgefühlen als mir lieb war.
    »Nein, das hast du nicht«, antwortete er. »Weil du nicht weißt, was du vorfinden wirst, wenn du dorthin zurückkommst, in

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