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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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in dem großen Zimmer.« Dann zappte er sich durch die Kanäle.
    Ich ging die gewundene Treppe hinauf und tappte über den tiefen Teppich zur einzigen Tür, hinter der Licht war. Auf dem Weg dahin kam ich an keinem einzigen Familienfoto oder Erbstück vorbei. Das Haus erinnerte an ein Arrangement für eine Zeitschrift. Wahrscheinlich gab es irgendeine Tante mit Ordnungswahn, die so alle fünf Jahre einen Dekorateur anheuerte, um das ganze Haus komplett neu zu gestalten – um den flach atmenden Mann herum, der nie auch nur wusste, wie die Wände gerade aussahen.
    Die Tür war angelehnt, und ich schlüpfte hinein. Da war er. Er lag in dem Bett, das ich in meiner Vision gesehen hatte, hochgelagert mit Kissen, Schnurrbart und Haare sorgfältig geschnitten. Sogar sein Pyjama war frisch, und es erschien mir wie Ironie, dass der oberste Knopf offen war – in Sang wäre das unmöglich. Im Zimmer war es warm und muffig, und es gab keinerlei persönliche Gegenstände darin, nicht ein einziges Erinnerungsstück. Im Hintergrund spielte das Radio altmodische Kirchenlieder.
    Kein Wunder, dass der alte Mann in Sang verrückt war.
    Ich ging zum Fenster, vor das dicke, blickdichte Vorhänge gezogen waren. Als ich durch die Vorhänge nach draußen spähte, erlebte ich ein Déjà-vu, und das, obwohl es Nacht war: Ein prächtiger Magnolienbaum beherrschte den ummauerten Garten, der wie ein Zwilling zu der Grünfläche hinter Haus Eden aussah. Der Mann konnte schlichtweg sein altes Leben nicht loslassen. Ich zog die Vorhänge ganz auf. Die wachsweißen Blüten schimmerten im Mondlicht, und ich fragte mich, ob Mr Goodwill in Sang wohl gerade schauderte, während seiner Wache über meinen schlafenden Leib und Criminys Wut.
    Zurück zu meinem Patienten. In seiner Brust war ein Portkatheter für den Infusionsbeutel; um ranzukommen, musste ich seinen Pyjama aufknöpfen. Zum Glück war der Beutel noch schön voll. Also hatte ich jede Menge Zeit, denn seine echte Pflegeschwester musste erst vor Kurzem gegangen sein. Ich lehnte mich zur Tür hinaus und hörte, wie Toby eine Dose öffnete und sich auf die Couch lümmelte. Dann hörte ich leise Stöhnlaute. Ausgezeichnet – ein gleichgültiger, hormongesteuerter Enkel, der Pornos guckt. Sachte machte ich die Tür zu und schloss ab, dann schaltete ich das Deckenlicht an.
    Mit liebevoller Präzision breitete ich mein Werkzeug auf dem Bett aus.

36.
    D er Zeitablauf musste genau stimmen.
    Schritt eins: Spritze vorbereiten, 250 Einheiten von Mrs Hendersons stibitztem Insulin aufziehen und in Mr Groves Infusionsschlauch spritzen.
    Schritt zwei: Mir selbst mithilfe der Baby-Butterflynadel ein Röhrchen Blut abnehmen.
    Mr Goodwill wusste nicht, das nichts außer meinem Körper und dem Medaillon zwischen den Welten wechselte. Ich konnte gar nicht einfach eine Spritze, einen Becher oder einen Finger in einer Tüte mitbringen, so wie er es verlangt hatte.
    Schritt drei: Alles in den Beutel zurückstopfen, mich mit dem Rücken auf den Boden legen und mir per Spritze mein eigenes Blut in den Mund schütten.
    Schritt drei gefiel mir gar nicht.
    Schritt vier: Mich von meiner völligen Erschöpfung überwältigen lassen und einschlafen.
    Ich hatte in Betracht gezogen, mich per Medikament zum Schlafen zu bringen, aber ich wollte nicht mit Drogen vollgepumpt neben seinem Bett auf dem Boden herumliegen, wenn ich wieder zurückkam. Die Aufgabe, aus diesem Haus wieder herauszukommen, ohne irgendwelche Konsequenzen in der echten Welt fürchten zu müssen, würde mir noch nie dagewesene schauspielerische Leistungen abverlangen.
    Obwohl ich aufgeregt war, wusste ich doch, dass der Schlaf so schnell wie immer kommen würde.
    Schritt fünf: Hoffen, dass mein Mund geschlossen blieb, wenn ich einschlief.
    Schritt sechs: Beten, dass mein absurder Plan funktionierte.

37.
    F latternd gingen meine Augen auf, und ich kämpfte gegen den Drang, das Blut durch die Gegend zu spucken. Aber irgendwie schaffte ich es, den Mund geschlossen und meine Backen aufgeblasen zu halten. Ich setzte mich auf und sah Criminy auf der anderen Seite des Zimmers. Die Vorhänge waren zugezogen, und helles Sonnenlicht drang um die Ränder herum herein. Jonah Goodwill war neben meinem Bett zusammengesackt und schnarchte durch seinen Walrossbart.
    Criminys Augen waren weit aufgerissen und voller Panik. Der Taschentuchknebel steckte noch immer in seinem Mund. Als er sah, dass ich wieder wach war, zwinkerte ich ihm übertrieben zu und versuchte,

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