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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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haltgemacht, und ich lief davon, um Trost in der Wildnis zu finden.«
    Sein Blick war weit weg, und ich streckte eine Hand nach ihm aus. Er nahm sie geistesabwesend und hielt sie in seiner Hand, ohne überhaupt zu bemerken, dass meine Haut unbedeckt war.
    »Eines Morgens wurde ich von Schreien geweckt, und ich traf auf einen nackten Mann, der von einem Bludhirsch angegriffen wurde. Natürlich verjagte ich das Tier, und beinahe hätte ich den Mann selbst zu meiner Mahlzeit gemacht, aber ich war zu neugierig. Er hatte einen äußerst eigentümlichen Haarschnitt. Wir kamen ins Gespräch, und er erzählte mir, dass er in seiner Welt von einer Art Chirurgiker behandelt werde, und dass man ihn betäubt habe, und dann hätte er sich plötzlich hier in Sang wiedergefunden. Ich war fasziniert. Ich hatte schon von Fremdlingen gehört, aber immer gedacht, das sei nur ein Trick der Copper, eine Ausrede, um jeden, der ihnen verdächtig vorkam, zu verschleppen.«
    »Wann war das?«
    »Oh, vielleicht vor fünfzig Jahren. Damals waren Fremdlinge seltener. Er fing an, mir von seiner Welt zu erzählen, doch dann verschwand er plötzlich mitten im Satz. Ich habe immer vermutet, dass man ihn in dem Moment dort aufgeweckt hatte. Ist das normal?«
    »Ja, Chirurgen betäuben die Menschen und wecken sie nach der Operation wieder auf, das passiert täglich im Krankenhaus. Ich frage mich, wie viele dieser Patienten dann für eine Weile hier landen. Und ob sie sich danach an gar nichts mehr erinnern oder einfach glauben, es sei ein Traum gewesen?«
    Und dann musste ich an all die Menschen denken, die während einer Operation unerklärlicherweise starben, deren Puls ohne ersichtlichen Grund auf Nulllinie ging. Hatten diese Menschen ihren persönlichen Bludhirsch in den einsamen Mooren von Sang getroffen?
    »So oder so, ich hatte keine Ahnung, was passiert war. Aber ich war sehr neugierig, also fing ich an, nachzuforschen und Fragen zu stellen. Schließlich traf ich eine Hexe, die zur Bludfrau werden wollte, und wir einigten uns auf einen Handel. Ich gab ihr, was sie wollte, und sie gab mir dafür einen Zauber, genannt ›der Ruf‹. Ich will dich nicht mit sämtlichen Details langweilen, aber ich habe das Medaillon verzaubert und ausgesandt, um dich zu finden, in welcher Welt auch immer du auf mich wartest.«
    »Mich?«
    »Ein Teil des Zaubers ist eine genaue Beschreibung dessen, was ich wollte, aber ein gewisses Geheimnis ist auch dabei. Der Ruf soll die andere Hälfte deiner Seele zu dir führen, wo auch immer sie ist. Aber es ist kompliziert. Du hättest jederzeit irgendwo auftauchen können. Ich suche schon sehr lange nach dir, verstehst du?«
    »Woher weißt du, dass ich es bin? Dass es nicht irgendeine andere Fremde da draußen gibt, die versucht, dich zu erreichen?«, fragte ich. »Was, wenn meine Bestimmung hier … jemand anders ist?«
    »Das kann nicht sein«, antwortete er düster, und ich wusste, dass er wusste, was ich dachte. Er grinste spöttisch in Richtung Tür und zeigte dabei seine Reißzähne. Von draußen drangen die zarten Töne eines Cembalos herein. Nur ich wusste, dass es aus den Nocturnes von Debussy war. Die Noten waren voller Sehnsucht, ein Wiegenlied nur für mich.
    »Aber was, wenn –«
    »Sei nicht albern«, sagte er. »Schau mir noch mal in die Augen.«
    Ich wollte nicht, weil ich wusste, was dann passieren würde. Aber ich tat es trotzdem.
    Beim Blick in seine Augen hatte ich dasselbe Gefühl wie auf einer Achterbahn, wenn es zum ersten Mal runtergeht. So als würde sich mir der Magen umdrehen, aber auf angenehme Art. Ich wusste, dass er einer anderen Spezies angehörte, unverfroren niederträchtig und offenbar viel älter war als er aussah – und doch konnte ich die Anziehungskraft zwischen uns nicht leugnen.
    »Wie ein Magnet«, stellte er fest.
    »Etwas in der Art«, musste ich zugeben. »Aber willst du damit sagen, du hast mich mittels Magie hierhergebracht, weil du betrogen wurdest?«
    »Nicht ganz. Durch sie habe ich einfach erkannt, dass das, was ich glaubte zu wollen, nicht unbedingt das war, was ich brauchte. Ich wollte nicht den Rest meines Lebens damit verbringen, einem Schatten nachzujagen und auf jemanden zu warten, den ich lieben kann.«
    »He, Criminy Stain«, neckte ich ihn. »Du bist ja ein Romantiker.«
    »Oh, nein«, gab er mit einem Grinsen zurück. »Ich bin teuflisch und skrupellos, ein bösartiger Killer, ein Dieb und ein blutrünstiges Monster. Und vielleicht auch ein Romantiker. Aber

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