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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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noch ein Mensch, wenn Sie von den Bludleuten trinken? Gegen die habe ich nichts, offensichtlich, aber wann werden Sie anfangen, nach Blut zu dürsten? Wann werden Sie sich komplett verändern? Sie haben vielleicht die Freiheit, sich anders zu kleiden, aber Sie werden trotzdem irgendwann zu einem Sklaven Ihrer Entscheidungen.«
    »Da möchte ich widersprechen«, antwortete er ruhig. »Aber, andererseits, sind Sie auch nie gestorben. Ich schon. Das will ich nicht noch mal. Und ich will auch nicht, dass Sie sterben.«
    Einen Moment lang schwiegen wir beide und betrachteten die Pinkies, wie sie ausstiegen und in einer eng zusammengedrängten Gruppe herumliefen. Ich musterte ihn verstohlen: Er sah einfach gut aus, wenn er aufgebracht war. Criminy nannte ihn zu Recht mürrisch, aber das stand ihm. Es war schon komisch, sich gleichzeitig nach zwei so unterschiedlichen Männern zu sehnen, wenn ich doch nicht einmal sicher war, wie ich in ihre Welt passen sollte. Es wäre leicht, jeden von beiden zu lieben, wenn ich es nur zuließe. Zwischen ihnen zu wählen – das wäre der schwierige Teil. Ich müsste meine Vision ignorieren und auf meinen Bauch hören. Und ich traute Nanas Weisheit mehr als der Magie.
    Er sah mich an, und für einen Augenblick verlor ich mich in seinen unglaublich blauen Augen. Trotz seiner draufgängerischen Haltung war da auch Angst, und ich wünschte, ich könnte ihm irgendwelchen Trost bieten. Doch das konnte ich nicht.
    »Dann haben Sie das in meiner Zukunft gesehen? Dass ich ein Bludmann werde?«, fragte er, fast schon flehend. »Ist das der große Verlust – meine Menschlichkeit?«
    »Das kann ich nicht sagen.«
    Oder besser: Ich wollte es nicht.
    Er senkte den Kopf und ließ ein trauriges Auflachen hören. »Sie können es sehen, aber Sie wollen es mir nicht sagen.«
    »Ich rede nicht vom Anfang oder vom Ende«, rezitierte ich mit einem traurigen Lächeln.
    »Sie können aufhören aus Whitmans ›Gesang von mir selbst‹ zu zitieren«, sagte er bitter. »Das hier ist Sang. Hier sind diese Worte nie geschrieben worden.«
    Damit stand er auf und ging.
    Als er außer Hörweite war, murmelte ich vor mich hin: »Das heißt nicht, dass sie es nie werden.«
***
    Die Pinkies kamen über die Wiese auf uns zu, ein aufgeregter und gleichzeitig scheuer Haufen. Eine Welle von Magie rieselte über mich hinweg und ließ meine Haut prickeln. Ich schaute auf und lächelte: Alles wirkte heller, schärfer umrissen, bezaubernder. Glitzer tanzte in der Luft, und irgendwo begann eine Dampforgel zu spielen. Ich fragte mich, ob auch das Criminys Magie war, oder ob Caspers Finger die Magie hinter den munteren Orgelklängen waren. Emerlies Lächeln wurde plötzlich ungekünstelt, Tornos Muskeln schienen sich noch ein wenig mehr unter seinem Lederdress zu wölben, und der tanzende Leoparther ließ ein sehr echt klingendes Brüllen hören. Ich suchte Criminy in der Menge und sah ihn vor seinem Wagen stehend, grinsend, während seine Hände durch die Luft wirbelten. Noch eines seiner Talente, dieser Zauber.
    In kleinen Grüppchen kamen die Leute heran, und ich konnte ihre Furcht und ihre Aufregung spüren. Eine schnatternde Horde Pinkies kam auf mich zu, lauter raschelnde Röcke und Gewisper. Meine ersten Kunden heute Abend.
    Oh, großartig. Teenager .
    Abgesehen von ihren schweren, erstickenden Kleidern, sahen sie wie Teens aus meiner eigenen Zeit aus: aufgestylt, albern, stutenbissig, ständig am Flüstern und ängstlich, das aber gut kaschiert mit Angeberei. Die Mutigste von ihnen löste sich aus der Gruppe und stolzierte mit einem spöttischen Grinsen auf mich zu, während ihre Freundinnen hinter ihr kicherten.
    »Können Sie wirklich wahrsagen?«, fragte sie. »Mein Pa sagt, das ist nur ein Trick.«
    Ich senkte den Kopf und sah durch meine getuschten Wimpern zu ihr empor, bemüht, geheimnisvoll zu wirken. »Es ist kein Trick, Miss«, sagte ich mit rauchiger Stimme. »Nehmt meine Hand und seht.«
    »Was soll es denn kosten?«, fragte sie und versuchte gelangweilt zu erscheinen, aber ich wusste, dass sie angebissen hatte.
    »Was immer Ihr es für wert haltet«, sagte ich, »eure Zukunft zu erfahren.«
    Ich streckte die Hand aus, den Handschuh bereits ausgezogen. Mrs Cleavers hatte meine Nägel zu Krallen gefeilt und in leuchtendem Kirschrot lackiert. Bei ihrem Anblick schnappte das Mädchen nach Luft.
    »Entfernt Euren Handschuh«, bat ich mit einem wissenden Lächeln.
    Sie schaute sich nach ihren Freundinnen um: Die

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