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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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die ausdrücklich dafür geschaffen war, um solches Überklettern zu verhindern. Ich wusste, er wollte das Medaillon, um einen Völkermord zu verhindern, aber das Feuer in seinen Augen sagte mir, das er einen Teil seines Kampfes nur für mich führte, und dafür mochte ich ihn umso mehr.
    Der geschmeidige Galopp ging erst in Trab und dann in federnden Schritt über, und dann stand Erris auch schon mit der Nase an der Mauer. Ich schaute hoch. Ziemlich weit hoch. Die Mauer war zwei Stockwerke hoch und glatt, ohne dass ich irgendetwas zum Festhalten entdecken konnte.
    Criminy glitt von der Bludstute und half mir herunter. Meine Beine knickten beinahe ein, aber er fing mich auf und zog mich an sich. Gleich darauf stupste Erris mich derbe am Hintern.
    »Na schön, Mädchen«, sagte Criminy, zog mich hinter sich und tätschelte dem Pferd den Hals. »Du hast dir deine Freiheit verdient.«
    In einer fließenden Bewegung zog er Haube und Halfter vom Kopf des Wildpferdes und schlug ihr mit den Zügeln leicht aufs Hinterteil. Sie warf den Kopf hoch und rannte los. Offenbar hatte sie beschlossen, dass Freiheit besser war als ein kräftiger Bissen von meiner Wenigkeit.
    Mit einem schiefen Lächeln schaute Criminy ihr nach. Mir schlug das Herz bis zum Hals, und mein Mund war vor Angst völlig trocken. Er streckte die Hand aus, um mein Gesicht zu streicheln und schob mir eine verirrte Locke hinters Ohr. Ich sah ihm in die Augen und sah darin das Meer hinter mir reflektiert, schaumgekrönte Wellen, die unaufhörlich an den Strand wogten. Ruhe überkam mich. Das Geräusch der Wellen wurde einschläfernd. Ich wusste, dass er gerade irgendeine Magie auf mich anwandte, aber das kümmerte mich nicht. Ich konnte alles gebrauchen, was er geben konnte.
    »Schau mal, Liebes«, sagte er. »Du kannst das. Auf dem Weg nach draußen musst du kämpfen, du wirst all deine Energie brauchen, um um die Mauer herum zu kommen. Sobald du auf der anderen Seite bist, lass dich einfach an Land treiben. Dort werde ich auf dich warten.«
    »Bei dir klingt das so einfach«, sagte ich.
    »Es ist einfach«, antwortete er. »Leichte Sache. Und dann sind wir schon fast fertig.«
    »Ich kann das«, stieß ich hervor.
    »Ja, du kannst das«, bestätigte er.
    Und dann küsste er mich sanft, und seine Lippen fühlten sich feucht an meinen an. Ich hätte widerstehen sollen, aber ich konnte nicht, dafür wollte ich es zu sehr. Ich wollte die Gewissheit, dass ich diese letzte Erinnerung mit mir nehmen würde, sollte ich im Meer umkommen. Egal, was ich mir einredete, ich fühlte mich zu ihm hingezogen, mehr als ich für möglich gehalten hätte. Und er war ein wirklich guter Küsser.
    Mein Mund kribbelte, und mein ganzer Körper war erfüllt von Hitze und Hunger. Nach ihm. Ich erwiderte seinen Kuss und drang mit meiner Zunge zwischen seine Lippen, zu unser beider Überraschung. Er veränderte die Position und bewegte sich mit mir, sicher und kraftvoll, und doch sanft zugleich. Der Kuss wurde inniger, und ich merkte, wie ich mich an ihn drückte, hungrig und schwer atmend. Blitze zuckten übers Moor, und ihr Licht warf einen violetten Schimmer auf sein dunkles Haar. Während der Donner grollte, entzog ich mich Criminy, und mein Blick war wieder klar. Ich fühlte mich innerlich stark und zuversichtlich, wie ein Tier.
    Und ich wusste – endlich –, dass ich es konnte.
    Nur eine Sekunde lang legte er seine Stirn an meine und murmelte etwas, das klang wie: »Denke daran, dass ich das für dich getan habe«, und dann war er auch schon auf dem Weg die Mauer hinauf, wie eine Spinne, und seine schwarzen Hände hoben sich deutlich vom Stein ab.
    Ich drehte mich um und schaute aufs Meer.
    Ich war fast soweit. Ich öffnete meinen kleinen Beutel und fand darin das zusammengeklappte Messer. Criminy hatte mir den Umgang damit noch nicht gezeigt. Aber für das, was ich vorhatte, brauchte ich keine Anweisungen.
    Das Kleid hatte einen voluminösen Überrock mit Tournüre, und das Erste was ich tat, war, die schwere Tournüre an der Taille abzuschneiden, sodass der leichtere gerade Rock darunter zum Vorschein kam. Ich packte eine Hand voll Stoff davon und schnitt auch den auf Kniehöhe ab, direkt über meinen Stiefeln. Dann schlüpfte ich aus den Unterröcken und warf auch meinen Hut auf den Boden. Und dann wurde mir klar, dass ich schleunigst ins Wasser musste, bevor mich irgendwas Hungriges riechen konnte.
    Ich steckte das Messer in den Beutel zurück und band ihn um meine Taille fest.

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