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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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hätte.
    »Kommen wir jetzt zu Fatma.«
    »Und Julia?«
    Barbara ging nicht darauf ein. »Warum plötzlich ein Kind, Herr Hirschfeld?«
    »Warum nicht?« Seine Stimme klang widerwillig, dann unterschwellig aggressiv. »Es war an der Zeit, oder? Ich hatte Frauen und einen Mann getötet, und nun war eben ein Kind dran.«
    »Aber Sie sagten bei Julia, dass Sie erwischt werden wollten. Warum wieder ein ganz anderes Opfer?«
    »Warum, warum?« Hirschfeld wurde ungeduldig. »Das gibt doch immer die größte Aufmerksamkeit, oder? Ich dachte, wenn ich eine taube Sechzehnjährige umbringe, dann genügt das. Und es hat ja auch mächtig Wirbel gegeben in den Zeitungen und im Fernsehen.«
    »Sie haben es also getan, um noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen?« hakte Barbara nach. »Wenn Sie so gemordet hätten, dass eine Serie erkennbar gewesen wäre, hätten Sie weit mehr Aufmerksamkeit erregt, das wissen Sie doch, oder?«
    Er schwieg einen Moment und dachte nach. »Dann wäre ich nur einer von vielen Serienmördern gewesen. Das bin ich aber nicht.« Er lächelte, und die Zahnlücke wurde sichtbar. »Ich bin etwas Besonderes. Ich bin der, den Sie nie gekriegt hätten, wenn ich mich nicht gestellt hätte.«
    War das von Anfang an sein Plan gewesen? Möglich war es. Barbara versuchte, zum einem diesem Gedanken nachzugehen, zum anderen, das Gespräch in Gang zu halten. »Wie haben Sie Fatma ausgesucht?«
    »Ich dachte, es wäre Zeit für einen anderen Ort. Und da begann ich, mich in Dortmund auf den Bahnsteigen umzusehen. Und ich kriegte mit, dass sie mehrmals die Woche um fünf dieselbe Strecke Richtung Essen fuhr. Zu einer Musikschule.«
    »Aber gepackt haben Sie sie auf dem Rückweg?«
    Er nickte. »Ich hatte schon überlegt, ob ich es lassen soll. Es war ja noch hell, wenn sie um sieben nach Hause fuhr. Aber dann hatte ich Glück. Der kleine Bahnhof ist relativ einsam, sie wohnt ganz in der Nähe, aber es führt ein Weg zwischen Hecken hindurch. Da war niemand, und da habe ich sie gewürgt, bis sie bewusstlos war. Sie war ganz leicht, ich habe auf dem Bahngelände eine geeignete Stelle gesucht und ihr dann die Kehle durchgeschnitten.« Gegen Ende war seine Stimme leiser geworden.
    »Wie war das, diesmal ein Kind zu töten?«
    »Sie blutete wie die anderen.«
    Barbara lehnte sich zurück, um seine Reaktion beobachten zu können. »Wir haben nur sehr wenig Sperma an ihr gefunden.«
    »Was wollen Sie hören? Das es mir Leid tut, ein Kind getötet zu haben?« Er stieß die Worte wütend hervor.
    Das ist es, dachte Barbara, es tat ihm wirklich Leid um das Kind. Es war nicht dasselbe wie vorher.
    Der Rest des Gesprächs ging weitaus zäher vor sich als bei den anderen Opfern. Hirschfeld schien längst nicht so erpicht auf die Schilderungen der grausamen Details wie sonst. Schließlich meinte er: »So wie es aussieht, werde ich morgen verlegt. Wollen wir nicht noch über Julia sprechen? Wir haben doch gestern so viel Zeit vertan.«
    Barbara sah auf die Uhr. Es war kurz vor eins. »Ich fürchte, dazu ist keine Zeit mehr. Gleich bekommen Sie Ihr Essen.«
    »Es scheint Sie so gar nicht zu interessieren, was ich zu erzählen habe. Wie wollen Sie denn dann ein Buch über mich schreiben?« Hirschfeld klang enttäuscht und lauernd.
    Barbara schaltete das Diktiergerät ab, bevor sie antwortete. »Eigentlich, Herr Hirschfeld, haben Sie ja immer dasselbe erzählt. Ich würgte hier, ich schnitt da. Auf Dauer ist das sehr ermüdend. Wenn Sie jemanden wie mich beeindrucken wollen, dann muss das schon ein bisschen mehr sein. Motive sind interessant. Auslöser. Die Planung und das Vorher und Nachher. Dazu haben Sie wenig geliefert. In die Zeitung haben Sie es geschafft, aber ein Buch werde ich kaum über Sie schreiben.«
    »Sie arrogante Ziege«, zischte er.
    »Nun, Sie haben ja in Bedburg eine neue Chance, jemanden zu beeindrucken. Dort gibt es auch Leute, die gern Bücher veröffentlichen.« Barbara klopfte an die Tür, damit er abgeholt wurde, und packte dann langsam ihre Sachen. Sie hatte genug. Genug von Blut und Mord. Genug von diesem Mann, der sich daran ergötzte. Wie so häufig in ihrer Karriere hatte sie eigentlich für den Rest ihres Lebens genug von all dem. Bis zum nächsten Fall. Sie atmete tief durch und verließ den Raum.
    Sie fuhr ins Präsidium, um die Kassetten abzugeben und sich die abgetippten Protokolle der letzten Tage zu holen. Am Nachmittag wollte sie es sich in Heinz’ Küche gemütlich machen und anfangen, ihr

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