Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
zusammenlebte. Dass man den Fluss eines Tages nur noch zu militärischen Zwecken nutzte, zerstörte diesen Hoffnungsfunken jedoch wieder. Elynos war so sehr in den Gedanken der Vergangenheit gefangen, dass er zuerst gar nicht bemerkte wie er einen Schritt aus dem Wald hinaus tat. Insani kniete neben ihm und deutete auf die dunkle Straße.
„Siehst du die Wagenspuren? Keine von ihnen ist älter als einen Tag. Zwischen der Küste und
Kamari
ist dies der einzig passierbare Weg. Entweder das oder ein langer Weg über offenes Gelände. Ohne Schutz und ohne eine Möglichkeit zum Verstecken. Unmöglich hier unentdeckt reisen zu können.“
Elynos fand leider kein Argument welches Insanis Bedenken zerstreuen könnte. Er kniete sich nieder und tastete über die tiefen Wagenspuren.
„Was ist wenn wir in Richtung Westen weiterziehen? Soweit ich weiß ist dieser Teil von
Obaru
schon lange nicht mehr besiedelt.“
„Das könnte gehen.“
Die Elfe nutzte ihre Weitsicht und spähte angestrengt in die vom Mond beschienene Wildnis.
„Allerdings könnte es sein, dass wir unseren Karren unterwegs stehen lassen müssen. Das Gelände wird in der Ferne immer steiniger und unwirtlicher. Da werden wir mit dem Gespann nicht weiterkommen.“
„Na wenn es weiter nichts ist. Damit werden wir schon fertig.“
Elynos fühlte nun endlich ein Stück Erleichterung. Seit sie von dem Anwesen der Menschen aufgebrochen waren, machte er sich die größten Vorwürfe. Er hatte es nicht geschafft den Tod der Menschenfrau zu verhindern und nun musste er seine Gefolgschaft einem hohen Risiko aussetzen, indem er ihre Abreise hinauszögerte damit die Kinder sich ein wenig erholen konnten. Insani schien seine Sorgen zu bemerken.
„Es ist nicht deine Schuld.“
„Was?“
„Der Tod der Menschenfrau. Du trägst keine Schuld daran. Genauso wenig wie der Rest von uns. Was hätten wir denn schon tun können?“
Wieder fand Elynos keine passende Antwort auf die Argumente der Fährtensucherin. Müde und erschöpft lehnte sich der Elfenfürst an einen Baum.
„Es scheint wohl der Wille der Götter gewesen zu sein. Welche Erklärung könnte es sonst schon dafür geben, dass wir nur ein paar Augenblicke früher hätten da sein müssen, um ein solches Unrecht zu verhindern?“
„Der Wille der Götter?“, entgegnete Insani in einem überraschten Tonfall. „Meinst du nicht auch, dass du dir da etwas einzureden versuchst?“
„Was willst du damit sagen?“
„Ich will sagen, dass es vielleicht gar keinen Grund dafür gibt, dass wir zu spät gekommen sind. Warum muss denn immer alles nach göttlichen Plänen geschehen? Könnte es nicht sein, dass auch Dinge auf dieser Welt passieren, die einfach nur zufällig geschehen?“
Elynos blickte seiner Kameradin tief in die Augen.
„Du warst schon öfter anderer Ansicht als ich was solche Dinge betrifft. Ich frage mich wann ich den Tag erlebe, an dem du einmal eingestehen wirst, dass es so etwas wie göttliches Schicksal gibt.“
Insani hob einen kleinen Stein auf und ließ ihn auf ihren Fingerknöcheln tanzen.
„Eher solltest du auf den Tag warten, an dem ein Gnom goldene Eier legt. Ich werde mich nicht hinter dem göttlichen Schicksal verstecken wenn es darum geht meine Taten in diesem Leben zu rechtfertigen. Ich habe stets getan was ich tun musste. Und nicht das was mir ein unsichtbarer Gott im Schlaf eingeflüstert hat.“
Achtlos ließ sie den Stein auf den Boden fallen und wandte sich zornig von Elynos ab.
„Woher kommt nur deine Abneigung gegen die Götter? Dein Bruder scheint diese Eigenschaft nicht mit dir zu teilen. Also nehme ich an, dass es nichts mit eurem Elternhaus zu tun hat.“
„Wie lange kennen wir uns nun schon, Elynos? Zweitausend Jahre?“
„Ein paar mehr oder weniger“, gab der Elf ungewollt neckisch zur Antwort.
„Ich dachte mir, dass du nach all diesen Jahren wüsstest, dass mir der Gedanke an ein vorbestimmtes Schicksal missfällt. Wie sollte ich denn freien Herzens zu den Sternen aufblicken wenn ich annehmen müsste, dass jemand anders meine Schritte lenkt?“
Für einen kurzen Moment herrschte eine bedrückende Stille zwischen den beiden Elfen. Schließlich war es Elynos, der zuerst wieder sprach.
„Es geht nicht darum, dass wir ein vorherbestimmtes Schicksal akzeptieren und dem Willen einer unbekannten Macht folgen. Aber manchmal hilft es einem bestimmte Ereignisse besser zu verstehen wenn wir solch schlimme Dinge erleben wie heute Nacht.“
„Ach so…“,
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