Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
verbergen, welcher in seinen Zügen zu sehen war. In den Augen des Mannes lagen Schmerz und Verzweiflung. Und dennoch… Alkeer war sich sicher den Mann schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Als der Fremde zu sprechen begann, bemerkte man sofort, dass er die Zunge eines edlen Mannes besaß. Seine Stimme war voller Würde und Erhabenheit.
„Medehan. Lasst den Jungen und geht hinaus! Ihr werdet in der großen Halle gebraucht!“
Auf Medehans Gesicht stand der nackte Zorn. Anscheinend stand dieser Fremde über ihm. Und es war offensichtlich, dass ihm das gar nicht gefiel. Wie ein Hund, den man mit der Peitsche gefügig gemacht hatte, ließ auch der Lord seinen Kopf in Unterwürfigkeit hängen und schien nur darauf zu warten sich für die Demütigung zu rächen. Kurz bevor er den Raum verließ, drehte er sich nochmals zu Alkeer um und blickte ihn finster an.
„Schließe Friede mit deinen Göttern, mein Junge. Es ist deine letzte Gelegenheit.“
Die sich entfernenden Schritte Medehans hallten noch lange durch die Dunkelheit. Der Fremde war nicht zusammen mit Medehan verschwunden. Er stand neben Alkeer in der Dunkelheit und schwieg. Vielleicht würde er ja von ihm erfahren was hier vor sich ging.
„Wer seid ihr? Warum tut ihr mir das an?“
Mit schwacher Stimme kämpfte Alkeer gegen seine Tränen. Die Angst, welche er verspürte schien beinahe greifbar zu sein. Im Gegensatz zu Medehan entsprang der Kehle dieses Mannes kein höhnendes Gelächter. Im Gegenteil. Auf Alkeer machte es den Eindruck, als wäre der Mann von Grund auf unglücklich.
„Wer ich bin tut nichts zur Sache! Und ich tue dies, weil ich von den Göttern einfordere was mir zusteht!“
„Also gehört ihr auch zu denen, die anderen Menschen Leid zufügen, weil ihr Machthunger sie antreibt?!“
„LEID?! Du ahnungsloser Narr! Du glaubst du weißt was Leid bedeutet? Oh nein! Du hast ja keine Vorstellung davon was echter Schmerz ist. Schmerz, der sich durch deine Seele frisst, weil du mit ansehen musst wie…!“ Plötzlich schwieg der Mann. Geradezu so als wolle er sich selber maßregeln für seinen Gefühlsausbruch. „Ich erspare dir einen qualvollen Tod, mein Junge. Aber sterben wirst du. So sicher wie der Wolf das Schaf frisst, wirst du bei Sonnenuntergang deinen letzten Atemzug tun!“
Alkeer bemerkte, dass der Fremde ihm nicht in die Augen sah. Für einen Moment glaubte der Junge, dass es Schuldgefühle waren, die ihn davon abhielten. Könnten die Zweifel dieses Mannes die letzte Rettung für ihn sein?
„Ihr seid nicht wie Medehan. Ihr quält Menschen nicht zu eurem Vergnügen. Doch frage ich mich warum ihr mich dies erdulden lasst, wenn ihr doch wisst, dass es Unrecht ist das mir hier widerfährt!“
Jetzt sah der Fremde ihm in die Augen. Das Weiß darin war mit kleinen roten Äderchen durchzogen. Ein feuchter Schleier lag über dem Blick des alten Mannes.
„Ich war einst ein Mann, der immer im Dienste der Götter gestanden hat. Mein ganzes Leben widmete ich der Gerechtigkeit und dem Frieden. Ich habe die Lehren des Göttervaters stets befolgt und mich nie von ihm abgewendet. Doch der Allmächtige dankte mir diese Treue mit Schmerz. Er offenbarte mir seine wahre Grausamkeit! Und dafür verfluche ich ihn! Ich verfluche ihn und alle seine Kinder!“
Von einem Moment zum anderen verschwand der Zorn des Mannes und wich der Stille und Ruhe der kalten Höhle. Zögerlich wandte er sich von Alkeer ab.
„Die ruhmreichen Taten der alten Tage werden vergessen werden. Niemand wird sich mehr an mich erinnern als derjenige, der ich einst war. Doch das ist der Preis, den man zahlen muss, um in der Welt des Göttervaters zu lieben.“ Der Mann wandte sich ab und flüsterte mit erstickter Stimme in die Dunkelheit. „Verzeih mir.“
Ohne auf eine Erwiderung von Alkeer zu warten, zog sich der Fremde seinen Umhang fester um die Schulter und ging eiligen Schrittes davon.
Alleingelassen in völliger Dunkelheit gab Alkeer sich seinen Tränen hin.
Vater. Mutter. Es tut mir leid. Ich hätte nicht weggehen dürfen. Durch meine selbstsüchtige Entscheidung habe ich nichts als Kummer über euch gebracht.
Er weinte sich in die Besinnungslosigkeit. Der Schmerz und die Angst wichen der Dunkelheit seiner Träume.
„Ich erwarte, dass ihr euren Teil der Abmachung einhaltet, Medehan! Zu groß waren die Opfer, die ich bringen musste, als dass ich auf den Lohn dieser Bemühungen verzichten würde! Also hört auf eure Zeit mit dem Jungen zu verschwenden und
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