Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
seiner Besatzung einen großen Lohn auszahlen konnte. Tagelang verbrachten sie ihre Stunden damit das Silber in den umliegenden Schankstuben zu versaufen. Der Einzige, der wusste, dass Brook nichts von dem Erlös, den der Wal gebracht hatte, für sich behalten hatte, war Warek. Er wusste, dass Brook Schuldgefühle wegen Kobahl hatte. Dem Kapitän ging es außerdem nie darum viel Geld anzuhäufen. Seinem Vertrauten erschien es eher als prüfe sich der alte Seebär jeden Tag aufs Neue. Vielleicht suchte er auch den Tod.
„Wo bist du mit deinen Gedanken, mein alter Freund?“
Brook stellte einen Becher mit heißem Grog vor Warek ab und setzte sich dann zu ihm an den kleinen runden Tisch, der in der Mitte des Zimmers stand. Immer wenn sie an diesem handgeschnitzten Kunstwerk zusammen saßen, sprachen sie über die alten Zeiten. Wie sie sich kennen lernten und Brook seinen neu gewonnenen Freund als ersten Offizier anheuerte. Oft redeten sie nächtelang über ihre alten Abenteuer und dass sie langsam zu alt für solche Späße wurden. Jede Unterhaltung endete dann damit, dass Brook behauptete, die
Wellenschneider
würde in Zukunft nur noch ehrlichen Geschäften nachgehen. Er wollte Handel betreiben mit Gewürzen und Schwarzwasser. Letzteres war seit einigen Jahren zu einem der gefragtesten Handelsgüter überhaupt geworden.
„Tut mir leid, Brook. Ich war mit meinen Gedanken woanders. Du weißt schon. Erinnerungen an die alten Tage.“
Obwohl er sich bemühte zu lächeln, konnte Warek seine mitklingende Traurigkeit nicht verbergen. Sein Freund schien dies allerdings nicht zu bemerken. Oder er ignorierte es, weil er seinem Kameraden etwas Wichtiges erzählen wollte.
„Jaja. Die alten Zeiten. Doch nun heißt es nach vorne blicken, mein Lieber. Vor uns liegt eine wichtige Aufgabe. Man bezahlt uns für die Überfahrt nach
Komara
eine Menge Geld. Es wird reichen, um dem Leben als Tagelöhner und Strauchdieben abzuschwören. Ich weiß, dass ich dies schon öfters gesagt habe. Aber diesmal ist es war. Wir werden ein Handelsschiff werden, mein alter Warek. So wahr ich hier stehe! Rykanos sei mein Zeuge. Vorbei ist unser Leben als Piratenabschaum.“ Warek erwiderte nichts. Nicht einmal ein müdes Lächeln konnte er auf seine Lippen zaubern. Zu oft hatte er schon den Versprechungen seines Kapitäns gelauscht.
Er weiß genau, dass Iva mich von diesem Schiff haben will. Er hat Angst mich als Saufkumpanen und seelische Stütze zu verlieren. Deswegen erzählt er mir schon seit Jahren von seinen Plänen aus der Wellenschneider ein Handelsschiff zu machen. Gib es doch auf, alter Freund. In dir leben die Seele und der Geist eines Halunken und Seeräubers. Je eher du das einsiehst umso besser. Aber für mich wird es Zeit dieses Schiff zu verlassen. Sobald diese Mission vorüber ist, werde ich zu meiner Familie zurückkehren.
„Warek. Warum sagst du nichts? Ich nahm an, dass es auch in deinem Interesse ist wenn wir endlich ein geordnetes Leben beginnen. Einige werden vielleicht das Leben als Piraten vermissen, aber ich bin mir sicher wenn wir erst ein Handelsschiff sind, werden wir einigen unserer ehemaligen Leidensgenossen begegnen. Das bringt uns dann schon die Abwechslung die wir brauchen.“
Gerade als Brook wieder in eine seiner ausschweifenden Reden verfallen wollte, unterbrach ihn Warek mit lauter Stimme.
„Hör endlich auf damit, verdammt!“
Krachend fuhr seine Faust auf den Eichentisch nieder. Sichtlich erzürnt sprang er auf und suchte die Konfrontation mit Brook.
„Seit Jahren höre ich nur von dir, dass wir und unsere Kameraden ein geordnetes Leben vor uns haben. Auch Kobahl hatte ein Weib zu Hause, die diesen Worten vertraut hat. Und nun hat sie niemanden! Und was ist mit all unseren anderen Freunden, die wir schon verloren haben? Sie kamen ums Leben, weil du diesem Dasein nicht abschwören kannst! Sieh es ein, Brook. Du warst und wirst immer ein Pirat sein! Ein freier, unbezähmbarer Steinlöwe, der jedem seine Krallen zeigt!“
Brook ließ sich nichts anmerken. Aber sein Schweigen zeigte, dass er auf die Worte seines Freundes nicht vorbereitet war. Warek beruhigte sich allmählich und setzte sich wieder auf den harten Stuhl.
„Ich habe Familie, Brook. Was wird aus Iva und den Kindern wenn mir etwas zustößt? Wer würde sich ihrer annehmen? Würdest du dich vor sie hinstellen, so wie du es bei Kobahls Witwe getan hast und ihnen erzählen was ich für ein tapferer Mann war? Dass ich stets meine Pflicht
Weitere Kostenlose Bücher