Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
erfüllt habe und meinen Kameraden immer zur Seite stand?!? Würdest du Iva erzählen wie Leid dir ihr Verlust tut? Und wie sehr du und die Besatzung der
Wellenschneider
um mich trauern?“
Vom Reden wurde Wareks Mund ganz trocken. Er nahm seinen Becher mit dem heißen Grog und leerte ihn in einem Zuge. Weder die Hitze in seinem Mund, noch der Alkohol, der seine Kehle runter lief, konnten ihn dazu bringen an etwas anderes als das eben Gesagte zu denken. Es war schon längst überfällig, dass er Brook die Meinung sagte. Hätte er nicht so lange damit gewartet, wären seine Worte vielleicht nicht ganz so grob gewesen. Aber trotzdem bereute er nichts von dem, was er seinem Kapitän und Freund an den Kopf geworfen hatte.
Nun nahm auch Brook einen tiefen Zug aus seinem Becher. Sollten ihn die Worte seines Kameraden getroffen haben, so ließ er es sich nicht anmerken. Langsam drehte er Warek den Rücken zu und schaute zum Kabinenfenster hinaus. Der Anblick der abendlichen Sonne am Horizont war von jeher etwas gewesen, das ihm ein Gefühl von Harmonie und Ruhe gegeben hatte. Doch nun vermochte sie dieses Wunder nicht zu vollbringen. Denn Blick immer noch auf das Meer gerichtet überlegte er sich seine nächsten Worte wohl.
„Als ich Kobahls Witwe mein Mitleid aussprach, empfand ich was ich sagte. Ich kannte ihn schon vor dir, mein lieber Warek. Dass ich jünger war als er störte ihn nicht. Er verrichtete stets seine Pflicht und war mir treu. Er liebte die See und kannte das Risiko, welches unser Leben mit sich bringt. Nie habe ich ihm, dir oder den anderen etwas vorgespielt. Nie habe ich euer Leben leichtfertig aufs Spiel gesetzt.“
Brook drehte sich um und sah Warek direkt ins Gesicht.
„Es mag sein, dass ich dieses Leben liebe so wie es ist. Vielleicht stimmt es, dass mein Innerstes sich dagegen wehrt ein Dasein als Gewürzhändler zu führen. Aber eines lass dir gesagt sein. In jedem einzelnen Mitglied dieser Mannschaft, ruht derselbe Wunsch nach Freiheit und dem Leben auf dem offenen Meer. Auch du wusstest was dich erwartet, als du bei mir angeheuert hast. Du hättest jederzeit gehen können, Warek. Du hättest das Schiff verlassen und auf einem valantarischen Fischfänger deiner Arbeit nachgehen können. Bei Sonnenaufgang Fische mit dem Netz fangen und sie später ausnehmen. Danach würdest du dann mit deinen nach alten Fischeingeweiden stinkenden Händen zu deiner geliebten Frau heimkehren und ihr erzählen wie aufregend es war die Scheiße aus den Fängen zu kratzen und wie sehr du darauf brennst wieder im stinkenden Boot zu sitzen!“ Brooks Augen leuchteten vor Wut.
„Ist dies das Leben wie du es gerne hättest? Du weißt genau, dass du so nicht leben könntest! Du bist wie ich! Wir suchen das Abenteuer und die Herausforderung! Wir sind keine Bauern oder Fischer. Wir sind Freibeuter! Du kannst genauso gut nach Hause gehen und dich vor dieser Wahrheit verstecken. Versteck dich vor der Welt und all ihren Wundern. Lebe ein Leben in trister Eintönigkeit. Fange Fische und bringe sie deiner Frau. Küsse sie vor dem zu Bett gehen und hoffe, dass dich im Traum die aufregenden Abenteuer besuchen, auf die du freiwillig verzichtet hast. Oder erhebe deinen Arsch aus der Fischscheiße und lebe endlich wieder anstatt nur zu Träumen. Jetzt haben wir noch die Wahl, mein Freund. Noch können wir uns aussuchen wohin uns das Steuer lenken soll. Niemand auf der ganzen weiten Welt kann uns befehlen unseren Kurs zu bestimmen. Doch was passiert wenn der Tag kommt, an dem du keine Wahl mehr hast? Wenn du zu alt oder zu krank bist, um dir selbst den Arsch abzuwischen? Wenn deine Frau von dir geht und du als verwitweter Großvater vor dem Haus deiner Kinder sitzt, deinen Enkeln beim spielen zusiehst und dein Leben betrachtest? Wirst du dich dann lieber daran erinnern wie du Fische ausgenommen hast und in einem Ruderboot Netze flicken musstest? Oder wirst du dich daran erinnern wie du zusammen mit deinen Kameraden über das Meer gesegelt bist und dem Sturm ins Gesicht gelacht hast? Wirst du dich daran erinnern wie wir Wale erlegt und Schiffe aus
Talamarima
geplündert haben? Wir sind Piraten verdammt noch eins! Der Tag, an dem ich mir von einer Frau Haferbrei in meinen zahnlosen Mund schieben lasse, wird der Tag sein, an dem ich mich mit einem Säbel in der Hand in die Fluten werfe und einen letzten Tanz mit einem Knochenwal tanzen werde! So habe ich gelebt und so will ich verdammt noch mal sterben!“
Mit Stolz in der Stimme
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