Blutlinie der Götter: Die Berrá Chroniken Band 1 (German Edition)
rissigen Lippen und nahm den letzten Schluck aus seinem Wasserschlauch. Jedes Mal wenn er seinen Kopf bewegte fühlte sich sein langer Zopf wie eine Peitsche auf seinem Rücken an. Die Haut war ihm am ganzen Oberkörper wund, seine Muskeln standen kurz davor ihm den Dienst zu verweigern und sogar das Atmen fiel im langsam schwer. Der Schweiß, welcher ihn bereits vor Stunden dazu zwang sein Hemd auszuziehen, perlte nun in feinen Linien über seine Brust. Alkeer dachte an den großen Ofen, welchen er einmal beim Dorfschmied gesehen hatte. Er erinnerte sich noch gut an das glühende Eisen, welches zwischen den feurigen Kohlen lag und wie es in wunderschönen gelben und roten Farben aufleuchtete. Im Moment fühlte auch er sich wie eines dieser Eisenstücke. Als würde er sich zwischen glühenden Kohlen hin und her wälzen und die Hitze die Luft in seinen Lungen verbrennen, schien er regelrecht in der Sonne zu schmelzen. Doch die Erlösung, welche der Schmied seinem Eisen schenkte indem er es in ein kühles Wasserbad tauchte, blieb leider aus. Alkeer würde weiterhin im Schmiedeofen liegen und sich unter der heißen Asche sein Bett machen. Mifar hingegen sah einigermaßen entspannt aus. Und das obwohl er eigentlich noch mehr gerudert war als es Alkeer versucht hatte. Mit einem kleinen Schmunzeln versuchte er den jungen Burschen aufzuheitern.
„Ich habe dir gleich gesagt du sollst dein Hemd nicht ausziehen. Egal wie sehr dich die Hitze auch quält, schweißnasse Haut unter dieser Sonne ist schlimmer als dicker Stoff auf dem Leib. Mit dem Hemd bist du vielleicht am schwitzen, aber ohne wirst du verbrennen.“
Seufzend legte Alkeer die Hände vor das Gesicht und musste einen Aufschrei der Verzweiflung unterdrücken. Er hatte gedacht schlimmer, als die demütigenden Arbeiten an Bord der
Klippenbrecher
auszuführen, könnte es nicht kommen. Wie sehr er sich doch geirrt hatte. Seine schwieligen Hände fühlten sich unangenehm rau an auf seinem Gesicht. Beinahe hatte er das Gefühl er würde seine Haut wie altes Pergament zwischen den Fingern zerreiben. Ein Moment der Ohnmacht ergriff von ihm Besitz. Er war mit seinen Kräften am Ende. Mifar hatte ihm das Meiste an Ruderarbeit abgenommen, dessen war er sich bewusst. Aber das wochenlange Arbeiten an Deck und in der Schiffsküche hatte ihn ohnehin schon stark ausgelaugt. Nicht, dass er körperliche Arbeit nicht gewohnt war, aber dies war einfach zu viel für ihn.
Sie ruderten in Richtung der untergehenden Sonne und Alkeer flehte leise um ein schnelles Verschwinden der heißen Lichtscheibe. Diese stand jedoch noch sehr hoch am Himmel. Es würde bestimmt einige Stunden dauern bis sie vollends untergegangen war. Die Tage waren auf dem Meer einfach länger. Es gab keine Berge oder Täler. Nur eine einzige ebene Wassermasse, welche es der Sonne nicht nur ermöglichte Alkeers Haut für viele Stunden zu gerben, die Sonnenstrahlen wurden außerdem auch noch von der spiegelnden See verstärkt. Sogar der alte Ruderer Mifar fing langsam an zu stöhnen.
„Wir werden direkten Kurs auf die
Wasserklopfer
nehmen. Ich kenne den Geschützmeister sehr gut. Er wird dafür sorgen, dass wir uns ausruhen können und etwas Verpflegung erhalten.“
Mifar besah sich den Schiffsjungen etwas genauer.
„Nun reiß dich gefälligst zusammen! Willst du dem fetten Küchenmeister etwa die Genugtuung geben dich so zu sehen? Oder vielleicht sogar Dukarus? Die Mistsau beobachtet uns bestimmt mit dem Fernblick. Wenn er dich so sieht versüßt du ihm glatt den Tag.“
Alkeer wusste nicht was er noch erwidern sollte. Seine Gedanken waren ohnehin nicht mehr bei der Sache. Er musste an seine Familie denken. So sehr wie jetzt hatte sie ihm noch nie gefehlt. Was wohl sein Vater sagen würde wenn er ihn so sehen könnte? Bestimmt nichts Gutes. Er würde ihm die größten Vorwürfe machen und sagen, dass er seine Familie im Stich gelassen hätte. Seine Mutter Ibana war da ganz anders. Gewiss hatte sie sich stets Sorgen um das Wohlergehen ihrer Söhne gemacht. Besonders Alkeer machte ihr einigen Kummer, indem er immer wieder versucht hatte sich bei der Armee einzuschreiben. Doch anstatt ihn für seinen Ungehorsam zu strafen, versuchte sie immer ihm mit ruhigen Worten gut zu zureden.
„
Halte durch, mein Sohn. Deine Schmerzen werden nicht mehr lange andauern.“
„Mutter?“ Alkeer konnte es nicht fassen. Direkt vor sich, sah er das Gesicht seiner Mutter schweben. Sie hob langsam die Hand und strich ihm damit
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