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Blutlinie

Blutlinie

Titel: Blutlinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Jones
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eigentlich gemerkt, dass sie im Motel nach uns gesucht haben?“
    Es war mittlerweile hell, die Sonne schien warm vom Himmel und der Nebel, der sich über die Landschaft gelegt hatte, lichtete sich. Er gab der Natur, durch die wir fuhren, ein märchenhaftes Aussehen.
    „Ich konnte sie riechen“, sagte er da zu mir.
    Perplex warf ich ihm einen Blick von der Seite zu.
    „Du konntest sie riechen? So wie erschnüffeln ?“
    „Ja.“
    Unverhofft kicherte ich los.
    „Was ist denn nun schon wieder?“
    War der gnädige Herr etwa genervt? Schließlich wollte man mich sechs Fuß tief unter der Erde sehen, nicht ihn.
    „Du könntest mit der Gabe als Trüffelschwein arbeiten.“
    Ich hielt mir den Bauch vor lachen, krümmte mich so, dass ich mich kaum auf dem Sitz halten konnte.
    Wie albern war ich eigentlich? Egal, es machte mir einfach schiere Freude, ihn aus der Reserve zu locken.
    „Du hast wirklich nicht alle beisammen“, sagte er kopfschüttelnd, doch ich sah seine Mundwinkel zucken. „Ein schier unermesslicher Fantasiereichtum, Prinzessin, den Sie da haben.“
    „Nenn mich nicht immer Prinzessin.“
    „Dann nenn du mich nicht Trüffelschwein.“
    Wir sahen uns an und lachten beide los, so unbefangen und herzlich, dass mir schlagartig warm wurde. Blood fiepste auf seiner Decke hinter uns auf, als wollte er mit einbezogen werden und hatte Angst, etwas verpasst zu haben. Ich beugte mich nach hinten und streichelte seinen Kopf.
    So wie das Lachen gekommen war, war es auch schon wieder Vergangenheit. Ich wurde ernst.
    „Danke, dass du das alles für mich getan hast“, sagte ich in die Stille, die entstanden war.
    „Ist mein Job.“
    Brandon hatte sich inzwischen ein anderes Hemd angezogen, von einem seidigen Silbergrau, es passte zu seiner Augenfarbe. Ich trug auch wieder meine normalen Klamotten, das Nachthemd lag hinten in der Reisetasche verstaut.
    „In ungefähr vier Stunden sind wir am Ziel, und ich hoffe, keine bösen Überraschungen mehr zu erleben.“
    Er stieß vernehmlich den Atem aus.
    Ja, das hoffte ich auch.
     
    Die restliche Fahrt über driftete ich in Überlegungen ab, die ich schon hundert Mal durchgekaut hatte. Zwischendurch nickte ich immer wieder ein, hörte Brandon einmal aussteigen, als er Blood sein Geschäft verrichten ließ. Meine Furcht vor dem, was auf mich zukam, verstärkte sich mit jedem Meter, den wir näher an unser Ziel kamen. Ich machte es allen zum Vorwurf, Brandon, meinen Eltern, dass ich so eine übermächtige Beklemmung in meiner Brust fühlte, die sich eiskalt mein Herz gekrallt hatte, sodass ich nur noch unregelmäßig atmen konnte. Das bildete ich mir sicher nur ein, denn rot angelaufen war ich noch nicht und bewusstlos lag ich auch noch nicht auf dem Sitz. Wenn sie alle mehr erzählt hätten, wäre ich vermutlich innerlich viel ruhiger. Aber stimmte das wirklich? Es könnte eine so schwerwiegende Geschichte sein, dass ich eventuell gar nicht mitgekommen wäre, und Brandon mich hätte fesseln müssen, damit ich es tat. Vielleicht war es besser gewesen, dass ich so gut wie nichts ahnte.
    Nach ein paar Meilen erblickte ich die ersten Hochhäuser, die majestätisch und kerzengerade in den blauen Himmel ragten. Graue Stahlkonstruktionen, verteilt über mindestens dreißig Etagen. Hinter diesen Klötzern ragten noch höhere Wolkenkratzer auf, die Symbole für Macht und Geld – kalte Gebilde, Statussymbole für Einfluss und Kontrolle. Dazwischen kleinere Bauwerke, Cafès, Geschäfte, Parks und Kirchen. Wir waren da, am Ziel, gar keine Frage. Brandon reihte sich in den Verkehr ein.
    „Wir sind da“, sagte er leise. „Ist alles okay bei dir?“
    Ich fühlte, wie mein Magen rebellierte, meine Brust fühlte sich beengt an. Ich atmete tief durch. Mein Unbehagen war nicht nur der Tatsache geschuldet, dass ich nun endlich Gewissheit haben würde, was hier gespielt wurde. Nein, ganz im Gegenteil: Das war der Ort, an dem ich etwas Eingreifendes, etwas Qualvolles erlebt hatte, was ich jeden Tag und jede beschissene Nacht wiederholt verdrängte.
    „Was machen wir hier? Wieso hier?“, fragte ich mit hämmerndem Herzen, schloss die Augen und legte den Kopf zurück.
    Ich spürte seinen besorgten Blick auf mir.
    „Tief durchatmen, Virginia. Du kannst dich gleich ausruhen.“
    Ich öffnete die Augen, schlang die Arme um mich und versuchte, das Gefühl der Kraftlosigkeit zu besiegen. Mein Leben war mir aus der Hand genommen worden, jemand anders zog die Strippen. Ich war eine

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